Heute hab’ ich mir Ancona angeschaut. Die 100.000 Einwohner zählende Hafenstadt ist nur etwas mehr als 100 km von Rimini, meinem gestrigen Übernachtungsort, entfernt. Kurz nach Beginn meiner Fahrt, die wie gestern auch wieder über mautfreie Landstraßen führte, musste ich zunächst ’mal in Riccione tanken, zum ersten Mal auf dieser Reise in Italien; die Prozedur am Automaten einer Tamoil-Tankstelle ging allerdings völlig problemlos über die Bühne, und ich konnte schnell weiterfahren.

Das „Unheil“ wartete dann allerdings in Pesaro auf mich. Mein Navi führte mich zuerst einmal durch die gesamte Stadt, dann aber traf ich plötzlich auf eine riesige Baustelle; der einzige Ortsausgang in Richtung Ancona war wegen einer Brückenrestaurierung komplett gesperrt! Ich musste notgedrungen links abbiegen und suchte nun nach einer Alternative. Allerdings ohne Hilfe meines Navis, das daraufhin natürlich permanent und (gefühlt) immer energischer versuchte, mich endlich wieder auf den „richtigen“ Weg zurückzubringen. Aus irgendeinem Grund bildete ich mir ein, es auch allein zu schaffen, was schließlich dazu führte, dass ich eine ziemlich aufreibende, etwa einstündige „Stadtrundfahrt“ zu meinen bisherigen Reiseerlebnissen hinzufügen konnte! An einzelne Passagen mit dermaßen engen Straßen, dass selbst die Italiener mit ihren PKWs sehr langsam und vorsichtig fahren mussten, mag ich gar nicht mehr denken…

Irgendwann gab ich schließlich schweißgebadet auf, hielt einfach irgendwo am Straßenrand und kümmerte mich nun endlich um mein inzwischen schwer beleidigtes Navigationsgerät! Ich erinnerte mich, dass für ein derartiges Probleme ja durchaus Lösungen bereitstanden: Man kann nämlich für die programmierte Route einen oder mehrere Teilabschnitte als zu vermeiden markieren; das Programm sucht dann sofort nach der besten Alternative. Weil man diese Möglichkeit sehr selten benutzt, erfordert sie natürlich, dass man tatsächlich auch anhält; sowas kann man eben nicht ’mal schnell während der Fahrt machen! Das war wohl der eigentliche Grund, dass ich es zunächst mit der trial-and-error-Methode versuchte, aber das heutige Erlebnis wird mir für die Zukunft mit Sicherheit eine Lehre sein… 😉

Der Rest der Fahrt verlief ohne weitere „Katastrophen“, allerdings ging es heute insgesamt doch sehr schleppend voran! Für den größten Teil der Route waren 50 km/h vorgeschrieben, es gab, grob geschätzt, eine Milliarde Kreisverkehre, und es herrschte zudem auch noch sehr viel Verkehr! Wieder ’mal war etwas Geduld erforderlich…

Ich hatte mir vorher einen Wohnmobilstellplatz am Rand der Stadt ausgewählt, für 12 Euro pro 24 Stunden; den wollte ich als erstes anfahren. Direkt davor, an der Straße, sollte sich zusätzlich noch ein großer Parkplatz befinden, auf dem man auch übernachten können sollte. Am Ziel eingetroffen, fand ich ein etwas eigenartig anmutendes Areal vor. Es war von einem hohen Zaun umgeben und mit einem Schiebetor „verrammelt“. Es gab weder Schilder, die auf einen Wohnmobilstellplatz hinwiesen, noch eine Telefonnummer, die man hätte anrufen können. Das gefiel mir schon ’mal gleich gar nicht, und so sah ich mich nun auf dem oben erwähnten Parkplatz um, den ich kurz vorher passiert hatte! Hier wären zwar zwei oder drei Parklücken vorhanden gewesen, aber auch hier wollte ich auf keinen Fall bleiben: Der ganze Platz war voller abgestellter italienischer Wohnmobile, manche davon dermaßen altersschwach, dass sie wahrscheinlich schon unzählige Jahre hier standen! Das war sicher keine adäquate Umgebung für meine vornehme „Hannelore“, deshalb hielt ich einmal mehr Rücksprache mit meinen diversen Stellplatz-Apps. Bei park4night wurde ein nur 650 m entfernter Parkplatz ausgewiesen, der sogar kostenlos sein und einen schönen Blick auf die Stadt bieten sollte. Wo bitte war da der Haken…?

Es gab keinen, zu meinem Glück! Ich fand einen tollen Platz zum Übernachten vor, zwar „ohne alles“, aber tatsächlich mit supertoller Aussicht auf das Meer, die Stadt und den großen Hafen! Der rechte Bereich war für PKW vorgesehen, der linke für Wohnmobile. Allerdings hielt sich niemand daran; im Lauf der nächsten Stunden und am Abend kamen und gingen jede Menge Leute mit ihrem PKW, die kurzerhand im WoMo-Bereich parkten, mit ihrem Hund durch das Tor (siehe Bildmitte auf dem folgenden Foto) zu einem vorgelagerten, hübschen Park verschwanden und nach Beendigung der „geschäftlichen Angelegenheiten“ wieder von dannen zogen! Sei’s drum, störte mich nicht weiter; meine „Hannelore“ sollte bis zum nächsten Morgen sowieso das einzige Wohnmobil hier bleiben…

Nach einer kleinen Mittagspause ging’s dann wieder mit dem Rad in die Stadt! Ich hatte es aufgrund der Lage „meines“ Platzes hoch über der Stadt ja schon vermutet: Meine Tour bot zu Beginn zwar tolle Aussichten, führte aber eben auch streckenweise extrem steil hinunter in die Stadt! Das war ja grundsätzlich nichts Schlechtes, im Gegenteil! Meine Bremsen sind tip-top in Ordnung, und ich war natürlich sehr schnell dort, wo ich hin wollte. Allerdings „freute“ ich mich ab diesem Zeitpunkt schon „irrsinnig“ auf den in ein paar Stunden unumgänglichen Rückweg… 😉

Mein erstes Ziel war, wie so oft, der Hafen der Stadt, wo ich mich gründlich umschaute. Ich fuhr, wie man an der ganz unten eingebetteten Komoot-Route ablesen kann, einige der befahrbaren und erlaubten Wege ab. Wegen der Corona-Krise herrschte hier vermutlich nicht mehr so viel Verkehr wie zu anderen Zeiten, viele Reedereien nutzten die „kreuzfahrt-freie“ Zeit daher, um ihre Schiffe überholen zu lassen. Oder sogar, um neue zu bauen, wie hier zum Beispiel die Viking Venus der Reederei Viking Ocean Cruises. Dieses knapp 130 m lange Schiff hatte, wie ich am Abend gelesen hatte, erst vor 11 Tagen seinen Stapellauf und soll im April des nächsten Jahres in Dienst gestellt werden.

Der Hafen von Ancona besitzt übrigens neben Venedig, Bari und Brindisi einen der wichtigsten Fährhäfen über die Adria mit stark frequentierten Verbindungen zu den griechischen Städten Igoumenitsa und Patras. Den verschiedenen Wohnmobil-Foren und entsprechenden Facebook-Gruppen entnehme ich, dass die meisten Wohnmobilfahrer auf dem Weg nach Griechenland tatsächlich diesen Hafen bevorzugen. Die Alternative von Venedig aus dauert deutlich länger und ist vor allem viel teurer, während sich bei der langen Anreise nach Bari oder gar Brindisi der über den Balkan führende komplette Landweg fast schon eher lohnt.

An der Spitze einer Mole angelangt, erwartete mich ein schöner Blick auf die Stadt. Wie man sieht, spielte das Wetter auch heute wieder gut mit, auch wenn die Wolken teilweise etwas dichter waren als in den vergangenen Tagen.

Hoch auf dem Gipfel des Monte Guasco, dort, wo sich in römischer Zeit ein Venus-Tempel befand, thront der imposante Dom von Ancona (die italienische Bezeichnung ist Duomo San Ciriaco), die dem Hl. Judas Cyriacus geweihte Kathedrale des Erzbistums Ancona-Osimo.

Die Chiesa di Santa Maria della Piazza, ein schönes Beispiel romanischer Architektur in der Stadt, wurde zwischen dem 11. und 12. Jahrhundert errichtet. Mir gefiel vor allem ihre außergewöhnliche Fassade.

Mein weiterer Weg führte mich nun durch die überraschend sehenswerte Altstadt von Ancona; es ging von West nach Ost bis auf die andere Seite der Stadt, ebenfalls an der Küste gelegen. Die Chiesa del Santissimo Sacramento mit ihrem spiralförmigen Turm erinnerte mich ganz stark an die Vor Frelsers Kirke (Erlöserkirche) in Kopenhagen.

Auf der Piazza Cavour steht das Denkmal von Camillo Benso di Cavour, einem Staatsmann und Unternehmer, der die italienische Einheit voran trieb und 1861 erster Ministerpräsident des Königreichs Italien wurde.

Bei meiner obligatorischen Suche nach einem Kühlschrankmagneten wurde ich bei einem winzigen Kiosk am Rand des Platzes fündig. Inzwischen hatte ich gelernt, dass man in Italien nach Calamite fragen muss, also nach Magneten. Der Begriff „Kühlschrankmagnet“ trifft bei mir allerdings schon langem nicht mehr zu; inzwischen hab’ ich eine komplette Wohnzimmerwand mit diesen Dingern „tapeziert“ und dafür schon „ein kleines Vermögen“ berappen müssen… ;-). In einem Straßencafé, ebenfalls an dieser Piazza gelegen, legte ich unter einem riesigen Sonnenschein eine wohltuende Kaffeepause ein; ich orderte neben einem Donut mit Joghurt-Füllung und Früchten, der zu meiner Überraschung heiß serviert wurde!

Nach dieser kleinen Stärkung setzte ich meine Radtour fort. Der von dicht beieinander stehenden Bäumen gesäumte Fuß- und Radweg befindet sich zwischen den beiden Fahrspuren der Viala della Vittoria, bietet willkommenen Schatten und führt auf etwa 1.200 Metern…

…zu einem gewaltigen, turmähnlichen Denkmal aus Naturstein zu Ehren der im 1. Weltkrieg gefallenen Soldaten, dem Monumento ai Caduti.

Ich fand hier, direkt am Meer, eine sehr attraktive Anlage vor. Mehrere Treppen führten nach unten, wo es sich einige badende Gäste gemütlich gemacht hatten.

Das nächste Foto, das bereits auf dem doch gar nicht so anstrengenden Rückweg zum Wohnmobil entstand, zeigt das Lazzaretto, das vom Architekten Luigi Vanvitelli um 1732 erbaut wurde. Das fünfeckiges Gebäude mit einer Fläche von mehr als 20.000 qm wurde gebaut, um die stationierten Truppen und die Offiziere vor Seuchen zu schützen, die von fremden Schiffen eingeschleppt wurden. Später wurde es als Militärkrankenhaus (daher Lazarett) und als Kaserne verwendet.

Den Einlauf einer aus Griechenland kommenden Fähre der Reederei Anek Lines konnte ich von hier aus ebenfalls in aller Ruhe betrachten.

Nach einem gemütlichen Abendessen durfte ich noch um kurz vor 21 Uhr einen wunderschönen Sonnenuntergang erleben! Vorher hatte ich wegen einiger Wolken, die die direkte Sicht auf die Sonne etwas verschleierten, noch gedacht, sie würde direkt über dem Meer untergehen, was mich natürlich komplett verwirrte! Ich befand mich ja auf der westlichen Seite der Adria, und bisher hatte mich niemand darüber informiert, dass die Sonne neuerdings im Osten unterzugehen hatte! Ein paar Minuten später war der Himmel wieder klar, und ich sah erleichtert, dass die „alte Ordnung“ wiederhergestellt war!

Meine Verwunderung kam übrigens auch durch die besondere Lage der Stadt zustande. Ihren Namen erhielt sie nämlich auf Grund einer Landzunge, die in Form eines Ellbogens (griechisch Ancona) um die Stadt greift. Ich blickte daher von meinem Parkplatz aus in Richtung Nordwest und nicht, wie ich zunächst vermutet hatte, nach Nordost…

Gegen 22 Uhr ging ich schließlich zu Bett, nach einem sehr schönen Tag! An Schlaf war bis etwa Mitternacht allerdings nicht zu denken: Nachdem die „Gassi-gehen-Phase“ endlich irgendwann verebbte, fanden sich stattdessen einige Jugendliche mit ihren getunten Schlitten ein, und zwar zum offensichtlich hier und heute stattfindenden Jugend-Forscht-Wettbewerb „Wessen Auspuff röhrt eigentlich am lautesten?“. Grmpfff…

6 thoughts on “Ancona – Tor zu Griechenland”

  1. Das war ja wieder ein erlebnisreicher Tag. Das wäre für mich eine absolute Horrorvorstellung, mich mit dem Wohnmobil in engen Straßen Italiens zu verfahren, Das hat mir schon mal mit unserem großen Opel Omega gereicht…
    Aber Arcona gefällt mir von Deinen Bildern her sehr gut. Ich war jetzt auch gerade verwirrt bzgl. des Sonnenuntergangs über dem Meer. Gut, dass Du eine Erklärung dazu hattest. Mit dem Parkplatz das war natürlich ärgerlich – gut, dass Du am nächsten tag (hoffentlich) trotzdem fit für die Weiterfahrt warst.

    1. Nach mittlerweile 6 Jahren mit dem Wohnmobil in ganz Europa hab‘ ich mich eigentlich schon ganz gut an brenzlige Verkehrssituationen gewöhnt; sie sind zwar sehr selten, kommen aber doch noch vor! Allererstes Gebot ist es, Ruhe zu bewahren, selbst wenn’s wieder ’mal weder vor noch zurück zu gehen scheint… 😉 Danke für deine Gedanken, Anja!

  2. Hallo Wolfgang,
    ich bin ja seit 2018 Kanada nur noch mit dem Smartphone und Google Maps unterwegs, was wirklich erstaunlich perfekt funktioniert und immer besser wird. Ich kann mich aber auch erinnern, das es uns z.B. in Mallorca wirklich in Bedrängnis brachte. Ich bin ja einiges an Straßen gewöhnt (Cornwall, Irland, Amalfiküste) aber da hat es uns auf „anscheinend“ kürzester Route navigiert und immer mehr wurde es zu einer auswegslosen Situation inmitten immer enger werdenden Steinmauern. Schatzi hatte schon Schweißperlen auf der Stirn. Auch ich schnaufte erst mal kurz heftig durch als wir wieder eine „normale“ Straße erreichten. Puh !!
    Ich frage mich, beim lesen deiner Parkplatzsuche, ob es nicht einen Führer gibt bei dem die Park- oder Campingplätze aufgeführt und bewertet sind ? Deine Wand mit den Kühlschrankmagneten würde ich gerne mal sehen. Tolle Fotos vom Sunset und Ancona sollte sich mal um einen adäquaten Wohnmobilstellplatz kümmern.
    Viele Grüße, Roland

    1. Hi Roland! Doch, Stellplatz- und Campingführer (als Apps) gibt’s natürlich jede Menge, auch mit entsprechenden Bewertungen für jeden Platz von den Campern. Und die benutze ich natürlich auch, aber dort geht es natürlich in der Hauptsache um Wohnmobilstellplätze und Campingplätze. Manchmal ist man aber in Regionen, wie z.B. hier in Ancona, da ist die Auswahl sehr beschränkt. In diesem Fall kommt dann meist die App PARK4NIGHT ins Spiel, bei der im Wesentlichen Parkplätze aller Art aufgeführt sind, auf denen man (manchmal legal, manchmal aber auch nicht) übernachten kann. Der Wohnmobilstellplatz, den ich zuerst aufgesucht hatte, ist nach wie vor in den Apps gelistet, aber die Bewertungen sind tatsächlich ähnlich wie das, was ich oben beschrieben hatte. Danke für deinen Kommentar!

      1. Ah ja, ich kann mir denken das man manchmal keine entsprechenden Alternativen hat und ich dachte mir natürlich das du dich immer gewissenhaft vorbereiten tust. Immer kann bei so einer langen Tour nicht alles klappen, das habe ich ja auch schon in der Vergangenheit bei deinen Blogs mitbekommen. Mein Nachbar, jetzt auch Rentner und Erbe, hat sich vor Monaten ein WoMo gekauft. Ein schickes Ding für 60. 000 € gebraucht 9 Jahre alt. Erst jetzt vor kurzem waren sie dann mal am Bodensee für ein paar Tage. In der Vergangenheit immer nur Flugreisen Türkei oder Ägypten. Die kommen nie im Leben auch nur annähernd in deinen Bereich. Die waren nie Camper und werden aus auch nicht … WoMo-Corona-Fieber ;-))

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