Heute ging mein dritter und vorerst letzter Tag in Goslar zu Ende; übernachten werde ich dieses Mal allerdings nicht mehr auf dem Campingplatz außerhalb der Stadt, sondern auf einem auch für Wohnmobile vorgesehenen und kostenlosen Parkplatz in der Nähe des Bahnhofs.

Gegen 08:30 Uhr kam ich hier am Morgen an, suchte mir einen geeigneten Platz, ging dann zu Fuß in die Altstadt und dort zunächst zur Touristeninformation. Für den Vormittag stand nämlich ein geführter Stadtrundgang an, für den ich mich bereits gestern Abend angemeldet hatte. Ich zahlte dafür 7 Euro. Kurz nach 10:00 Uhr versammelten sich vor dem Büro ca. 35 Personen für die Stadtführung mit dem Titel „1000 Schritte“, und es wurden zwei Gruppen gebildet, denen je ein Guide zugeteilt wurde.

Zu „meiner“ Gruppe gehörte eine sehr kompetente und äußerst sympathische Lady (Bildmitte), die uns in etwa zwei Stunden durch die gesamte Altstadt führte: Insgesamt eine interessante und hochspannende Veranstaltung, fand ich, für die nur 7 Euro mehr als gerechtfertigt waren! Mich faszinierten ganz besonders die vielen kleinen Details, die sie uns zeigte, zu denen man stets spannende Hintergrundgeschichten hörte, und die man bei einem Spaziergang ohne Guide sicher wohl übersehen hätte!

Vom Goslarer Dom, einer ehemalige Stiftskirche, die zwischen 1040 und 1050 errichtet und bis 1824 wieder abgerissen wurde, ist heute nur noch die nördliche Domvorhalle (Foto) erhalten; in ihr waren die wertvollsten Teile der Kirchenausstattung aufbewahrt. 

Durch massive Glasscheiben an der Front schaut man auf die Kopie des mit bronzenen Lehnen versehenen Throns der ersten deutschen Kaiser. Das Original, das ich im gestrigen Bericht ja bereits gezeigt hatte, befindet sich gleich gegenüber in der Kaiserpfalz. Der letzte Kaiser, der diesen Thron benutzte, war übrigens Wilhelm I..

An vielen Beispielen wurde demonstriert, um wieviel kleiner die Menschen im Mittelalter offensichtlich gewesen sind; die geringe Höhe der einzelnen Geschosse sowie die der Eingangstüren zeigen das überdeutlich, wie man auf den folgenden Fotos sehen kann.

An der Ecke Schreiberstraße/Bergstraße trafen wir auf das stadtgeschichtlich bedeutende Siemenshaus, 1692/1693 vom Kaufmann und Stadthauptmann Hans Siemens errichtet. Die schon 1384 erstmals urkundlich erwähnte Familie Siemens war Anfang des 17. Jahrhunderts zu Kaufleuten, Gutspächtern und Bildungsbürgern aufgestiegen und stellte damals in der Freien Reichsstadt gleich vier Bürgermeister. Ein Zweig der Familie gründete 1847 das bekannte Weltunternehmen Siemens.

Gleich nebenan, in der Bergstraße, befindet sich das 1573 im Renaissancestil erbaute Hotel Zur Börse.

Dieses imposante dreigeschossige Eckhaus, ebenfalls in der Bergstraße gelegen, wurde uns ausführlich vorgestellt. Am Stützbalken der ehemaligen Ladeluke im Obergeschoss ist die Inschrift „Anno 1523“ deutlich zu erkennen.

Das Gebäude Großes Heiliges Kreuz wurde 1254 als Hospiz erbaut und bot Bedürftigen, Gebrechlichen und Waisen, aber auch Pilgern und anderen Durchreisenden ein Nachtlager und Versorgung mit Nahrung. Hier durfte man sich auch im Inneren umschauen, denn unsere Stadtführerin hatte… einen Schlüssel! 😉 Das Foto zeigt die Hauptdiele des Bauwerks.

Am Beginn der Bergstraße befindet sich das 1501 erbaute Bäckergildehaus, das ich vorgestern ja bereits vorgestellt habe.

Der Rundgang endete nach zwei spannenden Stunden genau dort, wo er begann, nämlich auf dem Marktplatz, der mir inzwischen schon irgendwie sehr vertraut war. Auch hier gab es noch viele Details zu sehen und zu erläutern…

…vor allem an der Kaiserworth, dem ehemaligen Gildehaus der Tuchmacher, an dessen Fassade besonders viele, teils sehr skurrile Konsolfiguren angebracht sind.

Die bekannteste unter ihnen ist sicherlich das berühmte Dukatenmännchen, von den Goslarern liebevoll „Dukatenscheißer“ genannt.

Nach der Führung besuchte ich endlich auch die Marktkirche, genauer gesagt, deren Nordturm, den man ja bestiegen konnte. Für 2,50 EUR durfte man die 231 Stufen nach oben klettern, also grob gesagt, pro Stufe ein Cent… 😉

Das hat sich aber richtig gelohnt, denn von oben hatte ich tatsächlich eine wunderschöne Sicht in alle Himmelsrichtungen über die Stadt, deshalb hielt ich mich dort recht lange (und übrigens auch völlig allein) auf.

Die Kaiserpfalz in ihrer ganzen Pracht!

Ein Blick auf den Marktplatz.

Rechts auf dem Foto ist der Schuhhof zu sehen.

Auch im Inneren der Kirche sah ich mich natürlich um…

Nun, an meinem letzten Tag in der Stadt, wurde es höchste Zeit, auch einmal ein Geschäft zu besuchen, in dem es Harzer Spezialitäten gab; an einem war ich in den letzten Tagen bereits einige Male vorbeigelaufen, deshalb wusste ich, wohin ich mich wenden musste. Dort gab’s tatsächlich so ziemlich alles, was man sich vorstellen konnte, und so verließ ich den Laden etwas später mit ein paar typischen ess- und trinkbaren „Souvenirs“ und um fast 40 Euro „erleichtert“ wieder und ging dann schließlich zum Wohnmobil zurück. Dort verbrachte ich den Nachmittag und genoss das immer noch perfekte Wetter!

Am Abend wollte ich noch einmal, gewissermaßen als „krönenden“ Abschluss meines Besuchs, essen gehen. Dafür hatte ich mir das bekannte Brauhaus Goslar ausgesucht, in direkter Nähe des Markplatzes gelegen. Natürlich wollte ich dort auch endlich ’mal das Gose, das bekannte Goslarer Bier, probieren.

Wie befürchtet, war der Außenbereich um diese Zeit natürlich wieder voll besetzt, aber dieses Mal ließ ich mich davon nicht abschrecken. Ich stellte mich „artig“ in die glücklicherweise noch recht überschaubare Warteschlange direkt vor dem Lokal und wartete dort etwa 20 Minuten.

Als nur noch ein Paar vor mir stand, beobachtete ich zufällig, dass ein relativ junger Mann, der allein an einem Tisch saß und seine Mahlzeit offenbar gerade beendet hatte, eine Kellnerin zu sich bat. Er sprach kurz mit ihr und schaute dabei mehrfach in meine Richtung. Daraufhin kam sie zu mir und eröffnete mir, dass er mich einlud, an seinem Tisch Platz zu nehmen, falls ich wollte.

Was für eine nette Geste! Ich nahm natürlich gerne an, setzte mich zu ihm und bedankte mich! Eigentlich wollte er nur noch sein Bier austrinken und dann gehen, daraus wurde aber nichts: Wir saßen stattdessen etwas mehr als zwei Stunden zusammen und unterhielten uns angeregt. Er war 40 Jahre alt und super sympathisch! Er stammte aus Dortmund, hatte noch eine Woche Resturlaub zu nehmen und war jetzt mit seinem Motorrad unterwegs. Heute hatte er Goslar besucht, morgen sollte es dann in die Nähe von Leipzig gehen. Dort fand ein spezieller Motorrad-Lehrgang, den ihm seine Frau zum Geburtstag geschenkt hatte.

Ich muss feststellen, dass mir so etwas auf meinen vielen Reisen noch niemals passiert ist, und, um ganz ehrlich zu sein, dass ich selbst aber auch noch nie daran gedacht habe, jemanden an meinen Tisch zu bitten! Möglicherweise gab’s bisher auch noch keine Gelegenheit dazu, aber ich sollte mich bemühen, in Zukunft vielleicht ’mal öfter daran zu denken!

Ich bestellte mir ein sehr leckeres Gulasch vom Harzer Roten Höhenvieh mit Spätzle und Salat und trank dazu ein großes sowie ein kleines Glas Gose-Bier, das mir wirklich ausgesprochen gut schmeckte! Nachdem wir beide bezahlt und uns voneinander verabschiedet hatten, durfte ich während des obligatorischen Toilettenbesuchs noch erfreut feststellen, dass bei der Gestaltung des Herrenklos offenbar jemanden mit sehr großem Humor mitgewirkt hatte… 😉

Auf dem Weg zurück zum Wohnmobil wollte ich eigentlich noch etliche Nachtaufnahmen machen, musste aber leider feststellen, dass ich mir die Beleuchtung auf dem tagsüber so „bunten“ Marktplatz doch etwas umfangreicher vorgestellt hatte.

Ich ging relativ früh schlafen und freute mich abschließend über drei sehr abwechslungsreiche und spannende Tage in der schönen Stadt Goslar!

4 Kommentare zu “Auch in Goslar wird getrennt”

  1. Ach, welch ein schöner Abschluss in der Stadt. Auf unseren Schiffstouren sitzen wir meist an großen 8-er Tischen, so dass sich immer Leute dazu setzen. Das ist wirklich immer sehr schön. Auf diese Weise lernt man so viele unterschiedliche Menschen kennen und bekommt auch immer mit, was sie so auf der Reise oder auf vergangenen Reisen schon erlebt haben.
    Goslar hat wirklich viel zu bieten. Toll, dass Du Dir 3 Tage dafür Zeit nehmen konntest.

  2. Hallo Wolfgang,
    zum Thema Stadtführung. An unserem 40jährigen Klassentreffen kam eine Idee auf „unser“ Heidelberg bei einer Stadtführung zu erleben. Ich persönlich war da gar nicht so begeistert. Heidelberg ist ja praktisch meine Heimatstadt und ich glaubte alles zu kennen. Aber die Stadt zu kennen und „alles“ über sie zu wissen ist ein großer Unterschied stellte ich dann begeisternd fest. Gerade bei solch einer schönen und gut erhaltenden Altstadt wie in Goslar gibt es vieles interessantes zu berichten. Die 231 Stufen haben sich für dich vor Ort und für uns mit den tollen Fotos voll gelohnt. Wenn man alleine unterwegs ist, ist solch eine nette Begegnung bzw. Einladung wie du sie erlebt hast, besonders schön !
    LG Roland

    1. Ich hab‘ mir vorgenommen, die Teilnahme an einer Stadtführung in Zukunft etwas häufiger in Erwägung zu ziehen; sie stellen doch eine erhebliche Bereicherung des Besuchs einer neuen Stadt dar! Danke für deinen Kommentar, Roland!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert