Eigentlich wollte ich Saint-Malo ja schon gestern besuchen, aber das Wetter hat mir leider einen dicken, oder besser gesagt, einen nassen Strich durch die Rechnung gemacht! Es war relativ kalt und es hat geschüttet, nicht immer sehr heftig, dafür aber volle 24 Stunden lang! Gibt‘s denn sowas…?

Nun wollte ich natürlich nicht den gesamten Tag im Wohnmobil vertrödeln, also versuchte ich, vielleicht doch noch einen „strategisch“ günstigeren Stellplatz in oder wenigstens in der Nähe der Stadt zu finden. Es sollte laut Reiseführer z.B. einen Parkplatz direkt neben der Altstadt geben, der allerdings nur von 19:00 Uhr bis 09:00 Uhr für Wohnmobile zugelassen ist; den wollte ich mir aber auf jeden Fall ‘mal ansehen. Ein weiterer Parkplatz liegt etwa 3,5 km östlich der Altstadt (mit dem Fahrrad kein Problem) und ein dritter, etwas kleinerer, sollte ebenfalls noch in Frage kommen. Außerdem gibt es angeblich noch zwei Campingplätze in der Nähe, einer in der Stadt und einer gegenüber, auf der anderen Seite der Flussmündung, im Badeort Dinard.

Langer Rede, kurzer Sinn: das hat alles nicht geklappt! Der erste Parkplatz war mit den bei WoMo-Fahren so beliebten „Teppichstangen“ verhängt und der zweite ist ab Ende August geschlossen; den dritten hab’ ich zwar gefunden, der kam mir aber nicht sicher genug vor! Der Campingplatz in der Stadt war ebenfalls bereits geschlossen und der außerhalb war mir dann doch wieder etwas zu weit entfernt.

Nach dieser Odyssey landete ich schließlich wieder auf demselben Platz, von dem ich losgefahren bin; an dem gibt‘s eigentlich auch gar nichts auszusetzen. Da ich hier bereits vorgestern ankam und nun auch die heutige Nacht hier verbringen werde, ist dies der erste Platz auf meiner Frankreichreise, auf dem ich dreimal übernachte!

Heute morgen, kurz nach dem Aufwachen, galt mein erster Blick natürlich sofort dem Wetter. Und tatsächlich, so wie vorhergesagt, sah es heute deutlich besser aus! Zwar immer noch ziemlich bewölkt, aber dafür trocken, und hin und wieder zeigte sich auch ‘mal die Sonne! Weil ich hauptsächlich in der Altstadt von Saint-Malo unterwegs sein und auch auf der Stadtmauer entlang spazieren wollte, würde das Fahrrad diesmal vielleicht nicht so praktisch sein. Deshalb hatte ich bereits gestern Abend nachgesehen, wann denn morgens ein Bus in die Stadt gehen würde; die Haltestelle ist praktischerweise genau hier „um die Ecke“, direkt neben dem Stellplatz! Ich saß also um Punkt 9 Uhr im Bus und freute mich auf die vor mir liegende Erkundung dieser alten, aber noch sehr lebendigen Stadt!

Saint-Malo wird oft als das Tor zur Bretagne bezeichnet. Die Stadt hat ca. 54.000 Einwohner,  beherbergt den bedeutendsten Hafen der bretonischen Nordküste und ist aufgrund ihrer historischen Bedeutung und ihrer Festungsanlagen eines der beliebtesten Touristenziele in Frankreich. Der Stadtkern wird hier Intra Muros (innerhalb der Stadtmauern) genannt und von einer wuchtigen Festungsmauer umgeben; er beinhaltet die komplette Altstadt.

Die Blütezeit erreichte Saint-Malo im 16. Jahrhundert, 1590 erklärte man sich sogar zur Republik! Die Stadt war Heimat der berühmt-berüchtigten Korsaren, Seefahrer, die im Gegensatz zu Piraten und Freibeutern immer im Auftrag eines Herrschers oder eines Staates Handelskrieg gegen feindliche Nationen führten und stets einen so genannten Kaperbrief an Bord hatten, der sie dazu berechtigte. Dem Herrscher stand dabei immer ein festgelegter Anteil der Beute zu. Besonders holländische, spanische und auch englische Handelsschiffe litten unter den ständigen Überfällen durch die malouinischen Korsaren, vor allem durch Robert Surcouf, der mit seinem schnellen Schiff besonders erfolgreich war und sich deshalb schon mit 35 Jahren zur Ruhe setzen konnte!

Aber zurück in die Gegenwart! Ich stieg an der Haltestelle Intra Muros, direkt vor dem Eingang zur Altstadt, aus. Gleich gegenüber befindet sich die Touristeninformation (Office de Tourisme), ein ansprechendes Gebäude, in dem man sich mit Infos und Kartenmaterial über die Stadt eindecken kann; es gibt sogar eine kostenlose App, die als Stadtführer fungiert und die während der Erkundung der Stadt automatisch nützliche Informationen anzeigt, sogar in deutsch!

Verlässt man die Touristeninformation, blickt man direkt auf die imposante Festungsmauer, gleich daneben befindet sich dann auch eins der Stadttore, das Porte Saint-Vincent.

Ich schritt hindurch und schlenderte zunächst ‘mal ohne konkreten Plan durch die schöne Altstadt. Was mir bereits nach ein paar Minuten auffiel: Fast alle Straßen-Cafés boten für die dort so beliebten Meeresfrüchte wie Austern, Muscheln, Schnecken, Krabben usw. immer auch einen Straßenverkauf an, so wie man es bei uns zuhause von Eis, Döner, Crêpes & Co kennt. Ungewöhnlich für uns, aber durchaus logisch, denn gerade deswegen kommen ja auch viele Touristen nach Frankreich und in die Bretagne!

Schließlich gelangte ich auf die andere Seite der Altstadt und stieß dort wieder auf die Stadtmauer, auf der man wunderbar spazieren gehen kann.

Von dieser etwas erhöhten Position hat man natürlich auch die besten Aussichten auf das Meer, den Strand, den Hafen sowie auf einige kleine, vorgelagerte Inseln.

In der Bucht kann man übrigens die größten Gezeitenunterschiede Europas bestaunen: bis zu 12 Meter liegen hier zwischen Hochwasser und Niedrigwasser! Da gerade Ebbe herrschte, wanderte ich auf die kleine Ile de Bé (auf dem folgenden Foto auf der linken Seite zu sehen); von dort aus blickt man zurück auf die Stadt und kann sie fast als Ganzes erfassen.

Danach kehrte ich zurück und umrundete fast die gesamte Altstadt auf der Stadtmauer, bis sich irgendwann mein Magen zu Wort meldete. Ich stürzte mich wieder ins „Touristengetümmel“ und suchte mir ein Restaurant. Im Café de l‘Ouest (Café der Westens) hab’ ich mich dann endlich getraut, das zu bestellen, was die meisten dort essen: Muscheln, serviert in einem großen Kochtopf (den man bei uns wohl kaum auf den Tisch stellen würde), dazu Pommes, Brot und ein Gläschen Chardonnay. Ich muss sagen, ich war begeistert; das hat wirklich hervorragend geschmeckt!

Nach dem üppigen Essen schlenderte ich noch ein wenig herum, kaufte ein paar leckere kleine „Küchlein“, die von Karamell nur so tropften, für die Kaffeezeit, verließ schließlich die Altstadt durch dasselbe Tor, durch das ich anfangs gekommen war, und fuhr dann irgendwann mit dem Bus zurück nach Rothéneuf. Dort verbrachte ich den Rest des Tages mit dem so beliebten dolce far niente… 😉

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