Auf geht’s zur allerersten Wohnmobilreise in diesem Jahr; endlich ist es wieder soweit! Erst letzte Woche hatte ich meine „Hannelore“ aus ihren viermonatigen Winterschlaf erlöst, zur Waschanlage gefahren und dann wieder mit allem, was ich Ende Oktober ausgeräumt hatte, beladen!

Nachdem ich vorgestern noch eingekauft und Lebensmittel und Getränke verstaut hatte, ging es gestern Abend um 18:00 Uhr endlich los! Die erste Etappe endete, wie ja schon einige Male, bereits nach ca. einer Stunde auf dem kostenlosen Wohnmobilstellplatz in Sittensen. Ich war überrascht, dass der halbe Platz belegt war, denn an einem Sonntagabend ist das normalerweise nicht der Fall, auch nicht im Hochsommer. Aber ich stellte sofort fest, dass es sich gar nicht um „normale“ Wohnmobile handelte, sondern um Fahrzeuge, die man üblicherweise auf einem Jahrmarkt sieht. Im rechten Winkel zueinander standen zwei extrem lange, luxuriös wirkende Wohnwagen, daneben ein Sattelschlepper und einige Anhänger. Vor den Wohnwagen waren mehrere PKW geparkt.

Trotzdem war aber im vorderen Teil des Stellplatzes noch genügend Raum für Wohnmobile, dort suchte ich mir einen Platz und machte mir dann etwas zu essen. Nach einer kleinen Recherche im Internet wusste ich, dass es sich hier um eine bekannte Schaustellerfamilie handelte, über die es sogar eine TV-Dokumentation gibt. Wahrscheinlich war sie wegen des Frühjahrsmarkts hier, der in der nächsten Woche in Sittensen stattfinden sollte.

Etwas später fing es an zu regnen, aus dem geplanten Abendspaziergang wurde also nichts. Ich sah mir im TV noch einen Spielfilm an und ging danach relativ früh zu Bett.

Nach einer ruhigen Nacht holte mich mein Wecker um 07:45 Uhr aus dem Schlaf. Ich frühstückte in aller Ruhe und fuhr gegen 09:00 Uhr weiter. Nach ein paar Minuten war ich schon wieder auf der A1 in Richtung Westen unterwegs.

Ich wollte heute eine Fahrradtour mit einem ganz speziellen Ziel machen! Als Ausgangspunkt hatte ich mir einen Wohnmobilparkplatz im Norden von Lemwerder ausgewählt, direkt an der Weser und neben der bekannten Lürssen-Werft gelegen. Hier können höchstens fünf Wohnmobile stehen, allerdings war der Platz komplett leer!

Ich parkte mein Wohnmobil, holte mein Fahrrad aus der Garage und war ein paar Minuten später bereits unterwegs. Es ging zunächst eine Weile in Richtung Südwesten, später nach Osten, dann erreichte ich mein Ziel.

Was für ein eigenartiger Zufall! Auf den Tag genau vor einem Jahr hatte ich ein ähnliches Vorhaben wie heute abgeschlossen! Ich wollte nämlich zum zweiten Mal eine alte IFC-Stellung (Integrated Fire Control) der NATO aus meiner Bundeswehrzeit vor etwa 40 Jahren besuchen! Was es damit auf sich hatte, kann man hier genauer nachlesen. Damals hatte ich mir die Anlage in der Nähe des kleinen Ortes Leerßen angeschaut, heute war eine Stellung in Schönemoor, einem Ortsteil von Ganderkesee, dran. Beide Einheiten gehörten übrigens zum Flugabwehrraketenbataillon 24, das in der Caspari-Kaserne in Delmenhorst stationiert war.

Im Gegensatz zum letzten Jahr stand ich dieses Mal leider vor einem verschlossenen Tor! Ein großes Schild an der Wand des alten Bereitschaftsgebäudes klärte mich darüber auf, dass auf dem Gelände nun eine riesige Paintball-Anlage installiert war. Alles sah ein wenig verwahrlost und trist aus, aber sowohl Tor als auch Zaun waren absolut intakt; soweit ich sehen konnte, war die gesamte Anlage umzäunt.

Nun, der negative Eindruck hatte möglicherweise auch ein bisschen mit dem heutigen „miesen“ Wetter zu tun. Und auf einer Anlage, in der ironischerweise auch heute noch, genau wie damals, „Krieg gespielt“ wurde, erwartet man ja auch nicht unbedingt, dass alles blitzblank aussieht und frisch gestrichen ist.

Ich stand ein Weilchen vor dem Tor und dachte an die „alten Zeiten“ zurück! In meinen Gedanken hörte ich plötzlich wieder die nervtötende Sirene und sah ein paar Sekunden später etwa 20 junge Soldaten aus dem Gebäude stürmen, kaum richtig angezogen, noch mit einem halben Brötchen in der Hand, mit Richtung auf die Trailer der Kontrollstation und den Wall mit den Radargeräten. Das passierte immer dann, wenn ein höherer Bereitschaftsstatus erreicht werden musste, oder wenn plötzlich das gefürchtete ORE Team (Operational Readiness Evaluation) des Bataillons ganz unerwartet vor dem Tor auftauchte! Ich war hier als Zugführer und Feuerleitoffizier eingesetzt; der gesamte Feuerleitzug bestand damals aus über 90 Soldaten.

Da ich mir hier nun leider nichts anschauen konnte, fuhr ich schließlich weiter und erreichte nach einer Weile schließlich wieder die Weser, an deren Ufer ich in Richtung Nordwesten wieder zurück nach Lemwerder fuhr.

Auf der etwa 26 km langen Tour habe ich sehr wenig fotografiert, einerseits wegen des Wetters, andererseits aber auch, weil es hier außer flachen Wiesen und Gräben so gut wie nichts zu sehen gab.

Wieder am Parkplatz angekommen, verstaute ich das Rad, legte eine kleine Pause ein und fuhr dann weiter nach Elsfleth; dort hatte ich mir einen Stellplatz am Hafen ausgesucht, den ich mir anschauen wollte. So richtig ansprechend fand ich es dort aber nicht, also ging es weiter nach Brake. Dort fand ich einen Parkplatz am Binnenhafen vor, der zwar keine besonderen Einrichtungen bot, auf dem man aber übernachten konnte und der dazu auch kostenlos war.

Es war jetzt erst früher Nachmittag, aber da ich hier mitten im Ort stand und Brake immerhin mehr als 15.000 Einwohner hat, bleib ich hier und machte kurze Zeit später einen ausgedehnten Spaziergang. Es ging zuerst an historischen Packhäusern entlang durch die Breite Straße, der zentralen Fußgängerzone hier, und später am Fluß entlang; zum Schluss umrundete ich den kompletten Binnenhafen.

Am Schleusendeich steht das Wahrzeichen von Brake, der Telegraph. Von 1846 bis 1852 diente er zur Nachrichtenübermittlung entlang der Weser mittels optischer Telegraphie. Heute beherbergt er einen Teil des Schifffahrtsmuseums Unterweser.

Das Kriegerdenkmal erinnert an die etwa 300 aus Brake stammenden Soldaten, die im 1. Weltkrieg gefallen oder an dessen Folgen gestorben sind.

Diese Skulptur heisst „Die Wartende“. Auf wen oder was sie wartet, war dem kleinen Schildchen am Boden leider nicht zu entnehmen. Auf jedem Fall war ihr ziemlich kalt, denke ich! Bei dem Wetter hier kein Wunder… 😉

Auch eine Art Wahrzeichen von Brake: die gewaltigen Silos für Getreide und Futtermittel.

Nun hatte ich den Binnenhafen fast umrundet; meine „Hannelore“ wartete geduldig auf dem kleinen Parkplatz. Ich war froh, dass ich vorhin die Heizung eingeschaltet hatte und freute mich auf eine etwas verspätete Kaffeepause.

Später ging ich noch einmal in die Fußgängerstraße, um ein paar Brötchen für morgen früh zu holen. Ein Fotomagnet mit Brake als Motiv war leider nirgendwo aufzutreiben.

2 Kommentare zu “Die IFC von Schönemoor”

  1. Hallo Wolfgang,
    vielen Dank für deinen Bericht und das Bild vom Eingangstor des IFC Schönemoor!
    Ich bin da oft mit einem halben Brötchen herumgelaufen und habe sogar dort Silvester gefeiert, mit ganz viel Kaffee. Meine Zeit war 1975 und 1976, wie ich eben recherchiert habe. Habe mich manches mal gefragt, wie es dort jetzt aussieht. Sooo viel erlebt, die Erinnerung ist noch da, auch wenn der Zaun und die Baracken Patina angesetzt haben.
    Danke nochmals und allerbeste Grüße
    Michael

    1. Hallo Michael, es freut mich sehr, einen Kommentar von jemandem zu erhalten, der die damalige Zeit dort selbst miterlebt hat! Übrigens, 1976 bin ich dort Zugführer geworden; müssten wir uns dann eigentlich nicht getroffen haben…? Gruß Wolfgang

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