Auch am zweiten Tag meiner kleinen Städtereise durfte ich mich auf schönes Wetter freuen, jedenfalls, wenn man der Wettervorhersage Glauben schenken wollte! Ein Blick nach draußen bestätigte dies aber auch schon, als ich um kurz nach 7 Uhr aufstand.

Da ich heute den ganzen Tag in Aarhus verbringen wollte, nahm ich dieses Mal nicht das Rad, sondern den Bus. Mein erstes Ziel war der Botanische Garten mit seinen (laut Reiseführer) sehenswerten Gewächshäusern. Die Bushaltestelle der Linie 2A lag praktischerweise ganz in der Nähe, am Peter Holms Vej, und so war ich wenige Minuten nach dem Aussteigen bereits an Ort und Stelle!

Schon von weitem versprach eine große Glaskuppel einen wahrscheinlich interessanten „Inhalt“.

Hier gab es Pflanzen aus fast allen Ecken der Welt! Dank ausgeklügelter Technik konnte man erleben, wie sich die in Regenwäldern herrschende Hitze mit den naturgetreuen Tönen und dem Duft der unterschiedlichen Pflanzen mischt. Leider sorgte die extrem feuchte Luft fast immer für beschlagene Linsen, sowohl bei meiner Kamera als auch beim Smartphone. Daher musste ich mich mit Fotos ein wenig zurückhalten.

Von diesen hübschen „Tierchen“ gab es in der Kuppel offenbar Zigtausende! Ich war fasziniert von ihren durchsichtigen Flügeln; ich konnte mich nicht erinnern, so etwas schon ’mal gesehen zu haben! Ein kurzer „Besuch“ bei Wikipedia ergab, dass es sich um Greta morgane handelt, tagaktive Schmetterlinge aus der Unterfamilie Danainae; sie gehören zu den wenigen Arten mit bis auf die Randbereiche völlig durchsichtigen Flügeln! Ich werde sie in Zukunft einfach mal Greta nennen… 😉

Der Botanische Garten gehört zu den größten und meistbesuchten Parks in Aarhus. Hier kann man, mitten im Stadtzentrum, Pflanzen aus aller Welt bewundern. Er bietet Erlebnisse für alle Sinne sowohl für Besucher, die es eher ruhig mögen, als auch für die, die Dynamik und Aktivität bevorzugen.

Nun wartete aber auch schon das erste „richtige“ Highlight des Tages auf mich: Den Gamle By (deutsch Die alte Stadt). Das Freilichtmuseum, das ich ja auch schon im letzten Jahr besucht hatte, bietet den Besuchern eine faszinierende Zeitreise in die Vergangenheit. Im Gegensatz zu ähnlichen Museen, die ich bereits kennengelernt hatte, ging es hier aber nicht um ländliche, sondern um städtische Kultur und Geschichte!

Durch die Aarhus Card, die ich gleich zu Beginn meiner Reise gekauft hatte, war der Eintritt dieses Mal frei; im letzten Jahr musste ich hier 18 Euro für das Ticket zahlen.

Das Museum erstreckt sich in der Art einer mittelalterlichen Kleinstadt entlang einer kleinen, hübschen Au. Dadurch hat man fast den Eindruck, dass man sich wirklich in einer alten Stadt befindet.

Den Mittelpunkt bildet der große Marktplatz. Insgesamt gibt es im Museum 75 aus ganz Dänemark stammende und hier wieder aufgebaute historische Gebäude aus dem 17. bis 19. Jahrhundert.

Zu einem authentischen Erlebnis in einem Freilichtmuseum gehören unter anderem auch die „Bewohner“ der Stadt mit ihren beruflichen Aktivitäten und in ihrer damals üblichen Kleidung. Ihnen begegnet man überall auf dem Gelände; sie scheinen völlig normal und gelassen ihrer Tätigkeit nachzugehen. Nach einer Weile empfindet man eher die Touristen als störend, aber das gelingt einem, obwohl man selbst dazu gehört, ja sowieso immer sehr leicht… 😉

Auf dem Festplatz kann sich die ganze Familie im wackligen Stelzengang oder beim Kegeln versuchen oder aber die Luftschaukeln und das Karussell ausprobieren.

In einem anderen Bereich des Museums wird die Stadt aus neueren Zeiten präsentiert, zum Beispiel aus dem Jahr 1927 oder auch aus den 70er Jahren. Man findet Bürgersteige, Straßenbeleuchtung, Telefonleitungen und entsprechende Reklame an den Häusern.

In dem Viertel, das die Zeit vor den 30er Jahren repräsentiert, gibt es eine Eisenwarenhandlung, eine Buchhandlung, die Drogerie Schous Sæbehus, ein Postamt, eine Telefonzentrale sowie mehrere Wohnungen.

Im Gegensatz zum letzten Jahr nahm ich mir dieses Mal auch die Zeit, viele (aber längst nicht alle) Gebäude von innen anzuschauen! In fast jedem Raum spürt man die Liebe zum Detail…

Zwischendurch meldete sich natürlich auch der „kleine Hunger“ bei mir; auf dem Festplatz gab’s gerade Spanferkel, von dem wegen der vorgerückten Zeit und den vielen Gästen leider kaum mehr als der recht traurig dreinblickende Kopf übrig war! Für ein paar Portionen reichte es aber gerade noch so. Dazu wurde ein deftiger Kartoffelsalat sowie etwas „Grünzeug“ serviert. Das Bier einer Aarhuser Brauerei, Det tynde Øl (deutsch Das dünne Bier), hat mir extrem gut geschmeckt!

Es gibt neben dem, was man während des Bummels „oberirdisch“ zu sehen bekommt, natürlich noch viel mehr zu entdecken! Dazu muss man in die Gebäude hineingehen und die oft unterirdisch angelegten, teilweise weit verzweigten Räumlichkeiten besuchen; es gibt Ausstellungen über alte Uhren, Trachten, Textilien, Silberschmiedewaren, Spielzeug und vieles mehr. Es sind also mehrere Museen innerhalb eines Museums vorhanden, sozusagen.

Zum Beispiel das Dänische Postermuseum; es besteht eigentlich nur aus einem Raum, ist aber sehr interessant!

Oder wie wär’s mit dem Dänischen Uhrenmuseum? Hier kann man mehr als 400 historische Stand-, Wand- und Taschenuhren bestaunen.

Oder aber The Aarhus Story, eine Dauerausstellung zu einer spannenden Zeitreise durch 1200 Jahre Geschichte von Aarhus, von der Wikingerzeit bis heute. Diese über 800 qm große und unter der Erde angelegte Installation hat mir am allerbesten gefallen!

Leider war es nun schon wieder soweit, meinen Besuch hier so langsam zu beenden, denn ich hatte ja noch ein zweites größeres Vorhaben für heute „auf dem Zettel“!

Später fuhr ich also mit dem Bus zum ARoS Kunstmuseum. Dort war ich im letzten Jahr auch schon, hatte aber leider keine Zeit, es zu besuchen; ich musste mich mit einigen Fotos von außen zufrieden geben. Aber ich hatte mir geschworen, den Besuch unbedingt nachzuholen, sollte ich irgendwann noch ’mal nach Aarhus zurückkehren!

Auf dem Gelände waren sehr viele Menschen versammelt, meist junge Leute. In der Nähe zum Museum befinden sich nämlich unter anderem auch die Aarhuser Konzerthalle (dänisch Musikhuset Aarhus), ein Musikkonservatorium, das Kulturzentrum Ridehuset (deutsch Reiterhalle) und ansprechende Grünanlagen, die alles miteinander verbinden. Das Rathaus der Stadt schließt sich ebenfalls daran an.

Vor der Musikhalle gab’s jede Menge zu sehen und zu hören, weshalb ich mich erst einmal dorthin begab, um ein wenig zuzuschauen…

Drinnen ging gerade eine Darbietung eines Jugendorchesters und eines Kinderchors zu Ende; ein paar Minuten davon bekam ich erfreulicherweise noch mit.

Ich sah mich etwas um, machte auch ein paar Fotos. Leider kamen sie nicht auf die Idee, mir noch schnell eine kurze Sonderzugabe zu spendieren, sodass ich mich schließlich dem eigentlichen Zweck meines Besuchs auf dem Gelände widmete!

Mit 20.700 qm auf 10 Etagen ist ARoS eines der größten Kunstmuseen Nordeuropas und mit etwa einer Million Besucher pro Jahr das meistbesuchte Kunstmuseum Skandinaviens! Es wurde als kleine Ausstellung im Jahr 1847 von Kunstliebhabern ins Leben gerufen und 1859 als Kunstmuseum eröffnet; heute hat es sich zum Ziel gesetzt, zu den 20 wichtigsten Kunstmuseen der Welt zu gehören. Viel Erfolg, wünsche ich!

Durch die nicht zu übersehende Dachinstallation mit der wunderschönen Bezeichnung Your Rainbow Panorama ist es zu einem markanten Blickfang für die Stadt geworden. Der Name ARoS leitet sich übrigens von Aros ab, dem alten Namen der Stadt Aarhus, wobei durch die Großschreibung von dreien der vier Buchstaben eine Assoziation zum altlateinischen Wort Ars, also Kunst, erzeugt wurde.

Das Innere mutete sehr futuristisch an. Ich besuchte sieben der insgesamt zehn Etagen (mit Dachterrasse und Dachinstallation) und sah mir ebenso viele Ausstellungen an. Ich hätte nicht gedacht, dass ich hier so gründlich sein würde; ich bin eigentlich überhaupt nicht der Typ für Kunstmuseen, aber ich fürchte, so allmählich komme ich doch auf den Geschmack… 😉

Das Museum besitzt bedeutende Sammlungen dänischer Kunst aus drei Jahrhunderten sowie eine große Menge moderner Kunstwerke.

Die Ausstellung Porn & Art fand ich sehr interessant, teilweise aber auch sehr direkt, provokant und oft auch verblüffend! Diese nackte Frau sitzt (als Hologramm) auf der Stange in einem Käfig und zwitschert wie ein Vögelchen…

Und ein paar weitere Beispiele aus den verschiedenen Etagen und Ausstellungen…

So in etwa sieht’s bei mir vor der Waschmaschine im Bad aus, wenn ich nach einer mehrwöchigen Reise wieder zuhause angekommen bin. Ich hatte bisher aber keine Ahnung, dass das Kunst ist

Kunst kennt ja, wie jeder weiß, keine Grenzen! Und provoziert auch, soll sogar! Als ich diesem Raum betrat, hatte ich tatsächlich kurzzeitig den Eindruck, dass hier gerade umgebaut wurde! Hier passt der oft strapazierte Spruch wohl besser als irgendwo sonst: Ist das Kunst oder kann das weg?

Ein besonderes Highlight in der ersten Etage ist die zur Ausstellung Tomorrow is the Question gehörende 5 m hohe und 500 kg schwere Skulptur Boy des australischen Bildhauers Ron Mueck. Die hockende Stellung der Figur ist angeblich von den australischen Aborigines inspiriert, die aufmerksam die Ebene nach Wild absuchen.

Bei den vielen Spiegeln hier hab‘ ich es auch mit auf’s obige Foto geschafft, sogar mehrfach, was euch praktischerweise einen schönen Vergleich liefert. Zur Info: Ich bin 1,83 m groß und etwas leichter als 500 kg…

Wow, eine Tanksäule aus Stein! Darauf muss man erstmal kommen!

Den Raum auf dem nächsten Foto wollte ich eigentlich gar nicht mehr verlassen, hier wollte ich den Rest meines Lebens verbringen! Bis auf ein paar kleine Projektoren an der Decke war er völlig kahl! Die Projektionen auf einer der beiden Schmalseiten sowie auf dem Boden vermittelten das Gefühl, vor einem unfassbar schönen Wasserfall zu stehen, inmitten der langsam abfließenden Wassermassen. Vermutlich noch beeindruckender aber war die sphärische und fast schon hypnotisierende Musik, die leise dazu erklang! Ich glaube, der Faszination, die von dieser eigentlich recht simplen Installation ausging, kann sich wohl niemand entziehen!

Zum Schluss meines Aufenthalts besuchte ich selbstverständlich auch die obersten Ebenen des Gebäudes. Von der mit Holz verzierten und recht einladend wirkenden Dachterrasse hat man aus etwa 50 m Höhe eine fantastische Rundumsicht auf die Stadt. Nach vielen Fotos gönnte ich mir bei einer kleinen Verschnaufpause einen leckeren Cappuccino; hier gibt’s nämlich unzählige gemütliche Sitzgelegenheiten und kleine Tische.

Das Gerichtsgebäude der Stadt; das Gefängnis liegt praktischerweise gleich dahinter…

…und wieder der sehr „gewöhnungsbedürftige“ wirkende Turm des Rathauses.

Hier oben gibt es auch einen Glaspavillon mit einem Info-Center, in dem die Besucher unter anderem eine Einführung zu Olafur Eliassons Kunstwerk, das quasi direkt über einem schwebt, erhalten können.

Und schließlich musste ich natürlich auch innerhalb dieses „Regenbogens“ ’mal eine komplette 360°-Runde drehen, um herauszufinden, wie die Stadt bei diversen Variationen des Farbspektrums aussieht. Das war auch wieder eine ziemlich spannende Erfahrung, fand ich!

Nun war es bereits kurz vor 17 Uhr und damit leider auch höchste Zeit, meinen Besuch hier zu beenden! Auf der Liste der schönsten Museen, die ich bisher besucht habe, hat das Kunstmuseum zwar nicht die neue Nummer 1 von gestern, das Moesgård Museum, verdrängt, aber es war auf jeden Fall deutlich schöner und vor allem interessanter, als ich es mir vorgestellt hatte.

Bevor ich mich wieder zur Bushaltestelle begab, ging ich noch schnell zur Musikhalle hinüber, weil von dort nämlich schon wieder fetzige Musik zu hören war! In diesem Fall spiele gerade eine Band in einem Pavillon mitten in einem Wasserbecken. Viele Menschen, zumeist junge, saßen drumherum und genossen die kostenlose Darbietung und das schöne Wetter bei bester Feierabendlaune!

Ich finde, die Dänen haben’s echt drauf! Ich habe auf meinen vielen Reisen selten so fröhliche, freundliche, praktisch veranlagte und vor allem „tiefenentspannte“ Menschen getroffen wie in Dänemark! So langsam, aber sicher hab‘ ich das Gefühl, dass Dänemark inzwischen zu einem meiner „Lieblingsreiseländer“ aufgestiegen ist, und eben nicht nur wegen der Nähe zu meinem Wohnort…

Um 17:30 Uhr nahm ich den nächsten Bus der Linie 118 nach Lisbjerg, stieg dort aus und wanderte schließlich den Rest des Wegs zu Fuß zurück zum Campingplatz. Auch den heutigen Abend konnte ich wieder komplett im Freien verbringen. Jetzt, wo ich diese Notizen mache, ist es immer noch sehr heiß! Ich habe heute sowieso etwas zu viel Sonne abbekommen, was ich überdeutlich auf meiner Haut spüre!

Was für ein Tag! Heute war’s mindestens ebenso spannend wie gestern, und ich freute mich „tierisch“ darüber, dass bisher alles so reibungslos klappte! Morgen noch so ein schöner Tag, und ich bin restlos glücklich… 😉

5 thoughts on “Ist das Kunst oder kann das weg?”

  1. Hallo Wolfgang,
    einen Botanischen Garten gibt es in Heidelberg auch, aber ich denke das er wohl nicht so viel zu bieten hat wie der in Aarhus, wenn ich das große Gebäude sehe. Wir waren auch einmal in der Nähe von Celle in einem und da kann ich dir recht geben. Keine Fotos möglich und ich war froh wieder draußen zu sein. Da es bei uns ziemlich kalt war waren wir unangenehm angezogen 😉 Beim Anblick deiner Bilder des Museumsdorfes erinnerte ich mich an unseren Urlaub 2009 im Bayerischen Wald wo wir auch das „Museumsdorf Bayerischer Wald“
    https://www.museumsdorf.com/de/startseite/
    besuchten. Sehr beeindruckend war das damals. Auch dein anderer Besuch im Kunstmuseum kommt durch deine Fotos sehr gut rüber. Ich finde die Gemälde der „Alten Meister“ einfach klasse. Mit neuer Kunst habe ich oft Probleme, so wie z.B. die dahingeworfene Wäsche oder die Bretter. Die halbfertige Steintankstelle hat was. Toll dieser farbige Rundgang !
    Herzliche Grüße, Roland

    1. Herzlichen Dank für deinen Beitrag, Roland! Das Museumsdorf steht auch schon ziemlich lange auf meinem Zettel. Wenn ich mich nicht irre, hattest du damals doch einige Fotos davon sogar in der fotocommunity gezeigt, oder? Was deinen Kunstgeschmack angeht, bin ich ganz bei dir. Auch ich mag diese alten „Schinken“ auch sehr; hab‘ 2016 im Reichsmuseum in Amsterdam nur gestaunt!

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