Im Gegensatz zu gestern habe ich in dieser Nacht sehr gut und fest geschlafen. Auf dem Campingplatz war alles sehr ruhig, und auch vom Verkehr der umliegenden Straßen war nichts zu hören.

Nachdem der Wecker um 07:00 Uhr klingelte, war meine erste „Amtshandlung“ ein gespannter Blick nach draußen: Tatsächlich, so weit das Auge reichte, sah ich strahlend blauen Himmel! Hoffentlich blieb das auch tagsüber so; bessere Bedingungen, das wundervolle Prag zu erkunden, kann man sich ja gar nicht wünschen!

Nach einer erfrischenden Dusche und einem guten Frühstück war ich schon gegen 08:00 Uhr mit den Rad unterwegs. Eine grobe Tour hatte ich mir gestern Abend ja schon mit Hilfe meiner bewährten Fahrrad-App „zusammengebastelt“. Der Campingplatz liegt am Nordufer der Moldau, die hier im Norden der Stadt eine weite, nach Westen geöffnete Schleife bildet. Um in die Altstadt zu gelangen, musste ich daher den Fluss mindestens zweimal überqueren.

Bereits nach ein paar Minuten passierte ich die moderne, erst 2014 eröffnete imposante Troja-Brücke (tschechisch: Trojský most). Dort machte ich auch die ersten Fotos des Tages…

Der Blick auf die träge dahinfließende Moldau symbolisiert für mich perfekt, was ich fast immer in solchen Augenblicken fühle: Ich liebe es einfach, bei so traumhaftem Wetter in aller Frühe, wenn es noch sehr ruhig und beschaulich zugeht, mit dem Rad unterwegs zu sein, und mich einer großen Stadt Stück für Stück zu nähern! Mit Bus, Bahn oder Auto ist man natürlich deutlich schneller im Zentrum, aber man bekommt dann nicht wirklich mit, wie sie sich sozusagen „entwickelt“…

Natürlich war es um diese Zeit noch nicht besonders warm, vielleicht so um die 14 Grad; wir haben immerhin erst Mitte April! Aber es war absolut windstill, es „roch“ förmlich nach Frühling, und ich spürte wie schon so oft auf meinen Reisen eine tiefe Befriedigung darüber, dass ich solche schönen Momente in voller Länge genießen kann und darf!

Genug geschwärmt; jetzt ging es weiter! Mein allererstes Ziel sollte die berühmte Karlsbrücke sein, hauptsächlich deshalb, weil es dort üblicherweise ab dem späten Vormittag bis in die Nacht hinein von Touristen nur so wimmelt!

Die zweite Flussüberquerung führte über die Hlávka-Brücke (tschechisch: Hlávkův most); hier befindet sich ein langgestrecktes Schleusensystem.

Am Ende der Brücke bog ich sofort nach rechts ab, also nach Westen, um nun eine ganze Weile direkt am rechten Ufer der Moldau entlang und vor allem mit der Sonne fahren zu können.

Der Hanau-Pavillon (tschechisch: Hanavský pavilon), der anläßlich der Prager Jubiläumsausstellung 1891 gebaut wurde, „thront“ auf der bereits im vorigen Beitrag beschriebenen Anhöhe auf der anderen Flussseite, dort, wo sich auch der Letná-Park befindet. Von da oben hatte ich gestern Abend das Foto mit dem Blick auf die Moldau und einige ihrer Brücken gemacht. Das im niederländischen Barockstil entworfene Gebäude beherbergt heute ein Luxus-Restaurant!

Hier ein Blick auf die berühmte Prager Burg, die etwas erhöht auf der westlichen Moldau-Seite liegt. Das größte geschlossene Burgareal der Welt stand natürlich auch auf meinem Programm.

Und kurze Zeit später kam endlich die wahrscheinlich noch berühmtere Karlsbrücke (tschechisch Karlův most) in mein Blickfeld. So, wie ich es von hier aus sah, war sie um diese Uhrzeit tatsächlich noch so gut wie leer.

Die im 14. Jahrhundert errichtete, historisch bedeutsame Brücke verbindet die Altstadt mit der sogenannten Kleinseite, einem Stadtteil Prags unterhalb der Burganlage. Sie ist die älteste erhaltene Brücke über die Moldau und eine der ältesten Steinbrücken Europas.

Der Zugang zur Brücke führt über die beiden wuchtigen Brückentürme auf beiden Seiten. Das Foto zeigt den Altstädter Brückenturm in seiner ganzen Pracht! Er kann bestiegen und auf einer Aussichtsetage umrundet werden.

Nun stellte ich mein Bike an einem Geländer ab und ging zu Fuß bis etwa zur Mitte der Brücke.

Auf dem nächsten Foto, das die Brücke in Richtung Westen zeigt, sieht man, dass tatsächlich noch nicht so viele Touristen unterwegs waren, allerdings wurden es von Minute zu Minute mehr. Die gesamte Brücke weist auf beiden Seiten jeweils über den Brückenpfeilern insgesamt 30 verschiedene Statuen auf.

Ein Blick zurück verdeutlicht, warum Prag unter anderem auch „Stadt der 100 Türme“ genannt wird. Der große Turm auf der rechten Seite ist der Brückenturm, durch den ich gerade gekommen war.

Geht es euch auch manchmal so? Man hat ein ganz bestimmtes Reiseziel jahrelang vor Augen, aber wenn man dann tatsächlich das erste Mal dort ist, vergisst man fast, wie sehr man es sich gewünscht hat! Man nimmt es in diesem Moment als ganz normal hin. Die tatsächliche Bedeutung „reift“ erst viel später, wenn man längst wieder zuhause ist! Mir passiert das recht oft, vor allem wohl, weil ich ja seit einigen Jahren sehr viel unterwegs bin und die vielen Highlights in den einzelnen Länden und Städten ab und zu kaum noch auseinander halten kann… 😉

Ich hielt mich daher eine ganze Weile auf der Brücke auf, machte sehr viele Fotos und genoss die angenehme Atmosphäre. Eigentlich wollte gar nicht so lange bleiben, ich hatte schließlich noch viele Sehenswürdigkeiten „auf dem Zettel“.

Schließlich ging ich mit schnellen Schritten wieder zurück zu meinem Fahrrad, was immer noch geduldig (und angekettet!) auf mich wartete. Nun musste ich wieder über die Brücke, denn meine Tour führte auf der westlichen Flussseite weiter.

Jetzt kam ich plötzlich auf einen wirklich dämlichen Gedanken! Ich hatte nämlich vorher schon zwei oder drei Radfahrer gesehen, die über die Brücke sausten. Natürlich leitete ich daraus nicht ab, das Radfahren sei hier erlaubt, aber entsprechende Schilder hatte ich am Osteingang tatsächlich nicht entdecken können, und offensichtlich nahm man es hier nicht so genau damit! Als ich mich wieder in der Mitte der Brücke befand, setzte ich mich also auf mein Rad und wollte den Rest des immerhin 516 Meter langen Bauwerks, auf dem sich jetzt gerade sehr wenige Menschen befanden, abradeln, natürlich sehr langsam!

Nach kaum zwei Pedalumdrehungen „wuchsen“ etwa 30 Meter vor mir ganz urplötzlich zwei Polizisten direkt aus dem Boden! Und ungefähr eine Nanosekunde später wusste ich genau: Die sind wegen mir hier! Sie sahen direkt zu mir und fuchtelten aufgeregt mit den Armen herum. Ich konnte mir natürlich denken, was jetzt passierte. Ich stieg also ab und wartete demütig meine Verhaftung ab.

Der eine war ein bulliger Kerl, bestimmt 1,95 groß, mit riesigem Schnauzer (im Gesicht, meine ich) und einem ziemlich grimmigen Blick. Der andere war kleiner und hatte einen kahl rasierten Schädel; er wirkte extrem drahtig und durchtrainiert. Er schaute etwas freundlicher drein als der andere, aber ich ahnte instinktiv, dass ich mich vor ihm mehr in acht nehmen müsste als vor dem Muskelmann!

Zunächst durfte ich einen äusserst vorwurfsvoll klingenden Redeschwall des Glatzköpfigen über mich ergehen lassen! Natürlich verstand ich nur „Bahnhof“, denn mein Tschechisch ist nicht etwa nur eingerostet, sondern schlichtweg gar nicht vorhanden! Ich wartete geduldig, bis er endlich die dringend notwendige Atempause einlegte und schob schnell (und etwas kleinlaut) ein, dass ich leider nur Englisch oder Deutsch sprechen würde. Sofort setzte er seinen Vortrag auf Englisch fort. Und etwas enttäuscht, so kam es mir vor, denn nun folgten, wohl aufgrund mangelnder Übung, nur noch ein paar wenige Brocken, die mir klarmachen sollten, was ich auch vorher natürlich längst wusste:

Radfahren auf der Karlsbrücke ist verboten!

Er nahm mir zunächst meinen Ausweis ab, zückte einen kleinen Block und fing an, darauf herumzukritzeln. Dabei erklärte er mir, dass ich nun ein Ticket erhalten würde. Der Bereich, in dem sich die Strafe für ein derart abscheuliches Verbrechen bewegte, reichte von 200 bis 80.000, aber was jetzt genau? Ich war doch ziemlich erleichtert, dass er natürlich Tschechische Kronen meinte und nicht Euro (puhhh…). Angesichts der Tatsache, dass sich kaum Menschen auf der Brücke befanden und ich ja tatsächlich nur im Schritttempo gefahren war, beließ er es glücklicherweise bei den 200 Kronen und überreichte mir den fein säuberlich ausgefüllten Strafzettel.

Doch nun folgte das nächste Problem! Er wollte natürlich Bargeld, was ich aber (noch) nicht hatte, deshalb fragte ich, ob ich auch in Euro oder mit Karte bezahlen könnte. Kaum hatte ich diese Frage ausgesprochen, war mir auch schon klar, dass sie komplett überflüssig war! Er sah mich an, als hätte ich gerade seine todkranke Mutter mit einem ganz üblen Schimpfwort bedacht, und verneinte verärgert. Ich traute mich aber trotzdem, noch eine weitere Frage hinterherzuschieben. nämlich die nach einem in der Nähe befindlichen Geldautomaten.

Tatsächlich gab es einen, direkt am Ende der Brücke! Also sah man jetzt einen deutschen Touristen, sein Fahrrad schiebend und von zwei grimmig dreinschauenden Polizisten begleitet, etwa 250 Meter über die inzwischen gut besuchte Karlsbrücke „zu Kreuze kriechen“; die neugierigen Blicke der vielen Touristen waren alles andere als angenehm, wie ihr euch denken könnt…

Endlich hatte ich am Automaten Geld geholt (die Polizisten warteten geduldig in ein paar Metern Entfernung) und zahlte meine Strafe von 200 Kronen. Umgerechnet waren das nur etwa 8,80 EUR, also nicht der Rede wert! Ich bekam meinen Ausweis zurück und die beiden wünschten mir sogar noch einen schönen Tag! Halleluja, ich war wieder frei… 😉

Mein nächstes Ziel war die ganz in der Nähe liegende John-Lennon-Mauer. Seit Ende der 80er Jahre wurde eine ganz normale Altstadtmauer auf der Prager Kleinseite mit von John Lennon inspirierten Graffitis und Teilen von Beatles-Liedtexten bemalt, sehr zum Ärger der damaligen kommunistischen Regierung.

Die Wand wird immer wieder neu bemalt und das ursprüngliche Porträt Lennons ist schon lange unter vielen Farbschichten verschwunden. Als die Wand einmal von den Behörden neu gestrichen wurde, war sie schon nach ein paar Tagen wieder voll von Gedichten und Blumen! Heute steht sie für die Ideale der Jugend wie Liebe und Frieden und zieht Touristen aus aller Welt an, so halt auch mich… 😉

Auf dem Weg nach Westen, in Richtung Burgberg, passierte ich auch die Sankt-Nikolaus-Kirche (tschechisch: Kostel sv. Mikuláše). Dabei handelt es sich um einen im 18. Jahrhundert erbauten Neubau der ursprünglichen Pfarrkirche von 1283. Die Kirche zählt heute zu den wertvollsten Barockbauten nördlich der Alpen, daher stellte ich hier mein Rad wieder ab und sah sie mir auch von innen an.

Um kurz vor 11:00 Uhr befand ich mich schließlich unterhalb des Burgbergs. Ein steiler Weg führte nun in die Höhe, hier konnte ich mein Rad nur noch schieben. Aber das ging sowieso nicht anders, denn nun „wälzten“ sich richtige Menschenmassen in Richtung Burg. Kein Wunder, denn auch ich war nicht gerade zufällig um diese Zeit hier an Ort und Stelle: jeweils um 12:00 Uhr finden ja die bei Touristen so beliebten, zeremoniellen Wachablösungen der Burgwache am Westeingang der Burg statt. Und das wollte ich mir natürlich auch nicht entgehen lassen…

Das Foto zeigt einen Teil des Hradschin-Platzes; rechts sieht man das wuchtige Eingangsportal der Burg, vor dem sich schon jetzt viele Menschen angesammelt haben. Das Gebäude auf der linken Seite ist die Residenz der Prager Erzbischöfe.

Um 12:00 Uhr ist es hier dermaßen voll, dass man seinen hart erkämpften Platz mit „Händen und Füßen“ verteidigen muss; ob man tatsächlich eine gute Position zum Beobachten und zum Fotografieren gefunden hat, weiß man vorher natürlich auch nicht so recht, wenn man das erste Mal hier ist…

Das von Trommeln und Fanfaren begleitete militärische Zeremoniell selbst war meiner Ansicht nach zwar interessant anzuschauen, aber sicherlich kein herausragendes Spektakel! Und die Prager Burg ist eben auch nicht Buckingham Palace, allerdings immerhin die am meisten besuchte Sehenswürdigkeit in der gesamten Tschechischen Republik!

Da sowohl die alte als auch die neue Wache mitten durch die Menschenmenge kommt bzw. geht, gibt es eine Art Vorauskommando, das aus fünf Soldaten in Arbeitsuniform bestand. Die Schlagstöcke, die sie am Gürtel trugen, ließen erahnen, wofür sie wohl gut sein könnten, sollte die Menge nicht freiwillig Platz machen… 😉

Nach dem Wachwechsel sah ich mich in der Burganlage ausführlich um. Am Besuchereingang bildete sich schnell eine lange Warteschlange, denn dort gab’s strenge Sicherheitskontrollen. Es ging allerdings recht schnell voran, denn es standen genügend Personal und Durchgänge zur Verfügung; sehr vorbildlich!

Besonders beeindruckend fand ich den gotischen Veitsdom (tschechisch Katedrála sv. Víta), die Kathedrale des Erzbistums Prag und das größte Kirchengebäude Tschechiens. Dieses riesige Gebäude hatte ich ja schon Mehrfach aus der Ferne fotografiert; hier auf dem begrenzten Platz war es leider nicht möglich, es formatfüllend aufzunehmen.

Auf einen Besuch im Inneren verzichtete ich angesichts der langen Warteschlangen vor dem Eingang, außerdem wollte ich nun endlich eine etwas längere Pause machen und etwas essen und vor allem trinken.

Ich suchte mir also ein nettes Lokal aus, das in einem Innenhof gelegen war und für diese Uhrzeit (ca. 13:00 Uhr) erstaunlich leer war. Ich bestellte mir neben einem Glas Bier ein Tagesmenü, bestehend aus einer schmackhaften Suppe, Gulasch mit Knödel und einer Nachspeise. Für umgerechnet ca. 22,- EUR nicht gerade „der Schnapper“, aber angesichts der besonderen Lage doch wohl ein normaler Preis.

Nach dem Essen sah ich mir den Rest der Burganlage an; ich schlenderte durch das östliche Portal und gelangte auf einen großen, belebten Platz, von dem aus man einen wunderschönen Ausblick auf die unterhalb liegende Stadt hatte.

Für eine gute Position zum Fotografieren ganz vorn an der Mauer musste ich wieder ein bisschen Geduld mitbringen, denn hier wollte natürlich jeder hin…

Schließlich verließ ich die Anlage wieder und kehrte zu meinem Fahrrad zurück; meine weitere Tour verlief teilweise direkt am Ufer der Moldau entlang, wo ich immer wieder auf so manche lustige und/oder außergewöhnliche Fotomotive traf.

Von der Brücke der Legionen (tschechisch Most Legií) aus hatte ich wieder einen sehr schönen Blick auf die Karlsbrücke, dieses Mal allerdings von Süden aus. Ob die beiden Polizisten dort immer noch nach bösen Radfahrern Ausschau hielten…? 😉

Die hübschen Jugendstil-Fassaden, wie hier z.B. am Masaryk-Ufer, sind einfach nur fantastisch! Im hellgrünen Gebäude war früher die Botschaft der DDR untergebracht, heute beherbergt es das Goethe-Institut.

Eine weitere kleine Sehenswürdigkeit stellt ein 1996 direkt am Ufer der Moldau errichtetes Bürogebäude dar. Wer schon ’mal die markanten Gebäude im sogenannten Medienhafen in Düsseldorf gesehen hat, der ahnt sofort, dass hier der kanadische Stararchitekt Frank Gehry seine Finger im Spiel hatte! Die Prager nennen es das Tanzende Haus (tschechisch Tančící dům) oder auch Ginger und Fred (nach Ginger Rogers und Fred Astaire). Verständlich, dass diese etwas „abenteuerliche“ Konstruktion kurz nach der Fertigstellung für kontroverse Diskussionen führte…

Ein paar Straßenblocks weiter, in Richtung Nordosten, traf ich neben dem Einkaufszentrum Quadrio auf die erst 2014 aufgestellte Skulptur des Künstlers David Černý.

Die 42 beweglichen Ebenen der elf Meter hohen und fast 40 Tonnen schweren Installation bilden den Kopf des bekannten tschechischen Schriftstellers Franz Kafka; ein supermodernes Kunstwerk, deren ständige Bewegungen den Touristen ein sehenswertes Schauspiel bieten.

Von hier aus fuhr ich weiter zu meinem nächsten Ziel, dem äusserst geschichtsträchtigen Wenzelsplatz (tschechisch Václavské náměstí), so ziemlich in der Mitte Prags gelegen. Er ist zwar nur 60 m breit, aber mit ca. 750 m Länge gehört er zu den größten städtischen Plätzen Europas.

Während einer Massenkundgebung im November 1989 sprachen auf diesem Platz Václav Havel und Alexander Dubček und forderten die politische Umgestaltung des Landes. Bereits 1969 verbrannte sich der tschechische Student Jan Palach selbst, um gegen den Einmarsch der Truppen des Warschauer Pakts zu demonstrieren; in Flammen stehend, lief er vom Nationalmuseum auf den Wenzelsplatz!

Etwa 160.000 Menschen passen auf diesen Platz; meine Gedanken an die Demonstrationen der Samtenen Revolution, an die ich mich noch sehr gut erinnern kann, erzeugten bei mir in diesem Moment eine Gänsehaut…

Auch hier entdeckt man rund um den Platz viele Jugendstil-Gebäude, so zum Beispiel das 1872 erbaute Grand Hotel Europa,

Mein letzter Programmpunkt für heute war der so genannte Altstädter Ring (tschechisch Staroměstské náměstí). Aufgrund des Namens könnte man fast meinen, es handele sich dabei um einen Straßenzug; gemeint ist damit aber der zentrale Marktplatz in der Prager Altstadt.

Das 9.000 qm große Areal beherbergt gleich mehrere Sehenswürdigkeiten, unter anderem das Altstädter Rathaus mit seiner astronomischen Uhr, die gotische Teynkirche und das Rokoko-Palais Goltz-Kinský.

Nachdem ich mein Fahrrad abgestellt hatte, fielen mir, wie auch schon am Wenzelsplatz, als erstes die vielen Buden und Verkaufsstände auf, die allesamt sehr gut besucht waren! Es handelte sich hier um einen Ostermarkt, den es bei uns in Norddeutschland in dieser Form entweder gar nicht oder nur vereinzelt gibt! Ich kam mir vor wie auf einem waschechten Weihnachtsmarkt, nur das supertolle Wetter wollte nicht so recht dazu passen… 😉

Wie überall in der Stadt kann man natürlich auch hier die leckeren Trdelníks probieren, ein traditionelles Gebäck, das eigentlich aus der Slowakei stammt. Ich muss allerdings gestehen, dass ich es nicht probiert habe, denn ich war noch „pappsatt“ vom Mittagessen! Ich besorgte mir stattdessen einen Cappuccino und beobachtete bei einer kleinen Verschnaufpause das bunte Treiben auf dem Platz.

Um kurz vor 17:00 Uhr stand ich, zusammen mit (gefühlt) 20 Millionen anderen Touristen, vor dem Rathaus und vor der aus dem Jahr 1410 stammenden berühmten Rathausuhr, auch Aposteluhr genannt! Eigentlich wusste ich schon durch meine Vorbereitungen, dass es dort eigentlich nichts wirklich Spektakuläres zu sehen geben würde! Kurz vor jeder vollen Stunde (zwischen 9 und 22 Uhr) öffnen sich die beiden Fenster oberhalb der Uhr, und es erscheinen die Figuren der zwölf Apostel. Nachdem alle vorbeigezogen sind, kräht der Hahn oberhalb der Fenster, und die Glocke oben am Turm beginnt, die Stunde zu schlagen.

Nachdem sich die Menge aufgelöst hatte, schaute ich mich noch ein wenig auf dem Platz um und schlenderte dann langsam, aber sicher zu meinem Fahrrad zurück. Es wurde jetzt Zeit, den Rückweg zum Campingplatz anzutreten. Dafür rechnete ich mit einer weiteren Stunde.

Kurz nach 18:00 Uhr war ich endlich wieder zurück am Wohnmobil, nach etwas mehr als 10 Stunden, und gönnte mir zunächst ein erfrischendes Bierchen! Ein anstrengender Tag also, vor allem bei ununterbrochenem Sonnenschein, sehr viel Verkehr während der An- und Rückfahrt, den fehlenden Radwegen und dem allgegenwärtigen Kopfsteinpflaster, das sämtliche Knochen im Körper neu sortierte…

Dennoch bin ich absolut zufrieden und restlos begeistert! Prag ist wirklich genau so, wie man sagt, und wie ich es mir für meinen Besuch auch gewünscht hatte: Eine der schönsten Städte der Welt und ganz sicher einen weiteren Besuch wert! Ich bin sehr dankbar dafür, dass dieser erste Sightseeing-Tag auf meiner langen „Hauptstadtreise“so perfekt verlaufen ist!

Tja, und dieser erste Tag ist noch nicht ’mal ganz vorüber und schon hatte ich ein „Knöllchen“ wegen Radfahrens auf der Karlsbrücke kassiert! Auch nicht übel, oder? Wer kann sowas denn schon vorweisen? Ich ärgerte mich natürlich im Nachhinein über meine eigene Dummheit, war aber auch heilfroh, dass alles so glimpflich (und wirklich preiswert 😉 über die Bühne gegangen ist.

Aber jetzt, wo ich diesen Bericht schreibe, reift in mir plötzlich eine ganz neue Erkenntnis: Die beiden Polizisten verdankten ihre gesamte Existenz womöglich überhaupt nur meinem kleinen Vergehen! Vorher gab es sie wahrscheinlich gar nicht! Sie standen so plötzlich vor mir auf der Brücke, dass es gar nicht anders sein konnte, denn sonst hätte ich sie bestimmt schon vorher erspäht! Und noch ‚was: Wahrscheinlich sind sie, nachdem ich meine Strafe gezahlt hatte, schnell in eine kleine Seitengasse abgebogen, haben sich frech angegrinst und dann mit einem leisen „Plopp“ in Luft aufgelöst…

Hhm, wirklich eigenartig, das Ganze! Aber was, zum Teufel, ist denn dann mit meinen 200 Kronen passiert…???

10 thoughts on “Knöllchen auf der Karlsbrücke”

  1. Nicht zuviel versprochen: scheint eine wirklich sehr interessante Stadt zu sein – das Prag!!
    Dazu kommen natürlich Deine hervorragenden Fotos und – muss ich sagen – Dein toller Schreibstil!!
    Du solltest mal ein Buch schreiben – liest sich bestimmt sehr gut!!
    Also weiter so – ich will nach Griechenland!!

  2. Diese Menschenmassen! Mir wäre das schlichtweg zu voll! Falls ich also irgendwann mal wieder solche Reisen machen kann, dann brauche ich Alternativen. Ist das in den letzten Jahren schlimmer geworden? Oder habe ich einfach bisher in meinem Leben Großstädte gemieden und bin dementsprechend verschont worden? Wobei wir damals in Prag mitten im Winter waren und es waren gefühlt -40 Grad, vielleicht lag es auch daran. *lach*
    Ich freue mich auf weitere Bilder und Berichte, das lenkt ein wenig vom aktuellen Geschehen ab. 🙂
    Liebe Grüße Andrea

    1. Lach… das hab‘ ich mir schon fast gedacht, dass dir die vielen Menschen nicht gefallen würden, Andrea! Die Vermutungen in deiner Frage treffen wahrscheinlich beide zu, denke ich. Ich bin froh, dass mir die vielen Touristen absolut nichts ausmachen, aber natürlich liebe ich ebenfalls einsame und friedliche Ort und Plätze! Danke für deinen Kommentar!

  3. Hey Wolle,
    echt gut geschrieben. Prag habe ich auch genauso wie du es beschreibst in Erinnerung: voll aber wunderschön. Lustig, das mit den beiden Polizisten. Wahrscheinlich waren das einfach ein paar Straßenkünstler, die sich ein wenig was dazu verdienen wollen. Gibts ja auf der Brücke genug. Aber die waren mal echt kreativ 😉

  4. Hallo Wolfgang,
    nach den widrigen, wechselhaften Wetterbedingungen war es bestimmt eine Freude an diesem Tag den Himmel zu erblicken, wie du ja deutlich zum Ausdruck bringst bei deinem Text. Wenn ich dann deine Fotos von der Karlsbrücke sehe muß ich wohl noch früher dran sein wenn ich einmal Prag besuchen sollte. Eine nette Begegnung hattest du ja dann noch auf der Berücke :-)) Von der Beatles-Mauer hatte ich noch nie etwas gehört und dieser Menschenmenge bei der Zeremonie würde ich garantiert fernbleiben. So wie es scheint ist Prag ja brechend voll…und das im April !? Na jetzt habe ich schon wieder Hunger bekommen angesichts dieses tollen Menüs für nur 22€…wie ich finde. Viele schöne Fotos und das kleine Filmchen mit dem Kopf ist ja der Hit !
    Viele Grüße, Roland

    1. Vielen Dank für deinen Kommentar, Roland! Ja, Prag ist natürlich das ganze Jahr über ein weltweit beliebtes Reiseziel, aber wenn man die „schlimmsten“ Hotspots entweder meidet oder aber sehr früh bzw. spät aufsucht, dürfte es wohl nicht so schlimm sein. Auf keinen Fall aber sollte man Prag nur wegen der vielen Touristen von seiner Liste streichen, finde ich! Das wäre sicher ein großer Fehler…

  5. Welch ein fantastische Stadt! Toll, was Du alles angeschaut hast, aber auch verrückt, wie voll alles war. Das kann man sich in der aktuellen Situation gar nicht mehr vorstellen. Dein für mich virtueller Stadtrundgang begeistert mich für diese Stadt.
    LG Anja

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