Trotz der verkehrsreichen Lage des Parkplatzes habe ich super geschlafen, bin recht früh aufgestanden und war dadurch auch sehr zeitig wieder unterwegs. Bis zur Mautstation an der Ponte de 25 Abril waren es nur ein paar Kilometer. Dort musste ich kaum warten, zahlte 3,95 EUR Maut, und dann ging es auch schon auf die riesige Brücke.

Auf dem folgenden Foto kann man sehr schön erkennen, dass zwei der insgesamt sechs Fahrspuren nicht asphaltiert sind, sondern aus Metallgitterplatten bestehen! Der Lärm, der dadurch entsteht, ist kaum zu beschreiben! Manche Leute behaupten, er sei von jedem Punkt der Stadt aus zu hören; das halte ich allerdings für eine ziemliche Übertreibung! Fährt man auf so einer Spur und steckt plötzlich im Stau, kann man 70 Meter in die Tiefe sehen… 😉

Die Aussicht nach links oder rechts konnte ich übrigens gar nicht genießen, denn ich musste mich hier voll und ganz auf den Verkehr konzentrieren.

Mein anvisierter Campingplatz lag etwa 15 km entfernt im Westen der Stadt, am Rand eines großen Parks, und war schnell und problemlos erreicht!

Wie ich gehofft hatte, waren sehr viele Plätze frei (ob nun noch frei oder schon frei war mir egal…) und ich hatte die Qual der Wahl. Ich ließ mir „den schönsten Platz, bitte!“ zuweisen und war mit der Entscheidung der Lady an der Rezeption vollkommen zufrieden! Wegen der vielen Bäume auf dem gesamten Campingplatz war allerdings kein Satellitenempfang möglich. Das war insofern schade, als dass ich mir am Abend eigentlich unbedingt den European Song Contest anschauen wollte. Der fand nämlich heute und genau hier, in Lissabon, statt! An ein Ticket für diese Veranstaltung brauchte ich allerdings gar nicht erst zu denken; schon vor der Abfahrt zu dieser Reise hätte ich mehrere Hundert Euro für einen einigermaßen guten Platz hinlegen müssen, und das war mir einfach zu viel!

Da ich ja, wie bereits erwähnt, drei Tage Zeit hatte, Lissabon zu erleben, sah mein Plan so aus: Heute eine Fahrradtour, wie immer am Wasser entlang bis zum Zentrum, morgen dann zu Fuß durch die Altstadt und übermorgen vielleicht eine Stadtrundfahrt, die mich dann auch in etwas abseits gelegene Stadtteile führen würde.

Um kurz vor 11:00 Uhr war ich schon mit dem Bike unterwegs, Richtung Tejo. Diese Strecke verlief, wie man sich vielleicht vorstellen kann, meistens bergab. Wusstet ihr eigentlich, dass neben so berühmten Städten wie Rom, Jerusalem, Istanbul und Edinburgh auch Lissabon den Beinamen „Stadt der sieben Hügel“ trägt? Ok, bei den meisten Städten stimmt das sowieso nicht (mehr), aber zu früheren Zeiten war es offenbar wichtig, sich wegen der Bedeutung Roms mit gleichartigen Attributen zu schmücken…

Am Tejo angelangt, traf ich zuerst auf den berühmten Torre de Belém (deutsch: Turm von Bethlehem), den ich natürlich unbedingt anschauen und fotografieren wollte. Er ist eines der ersten Bauwerke, die ankommende Schiffe von Lissabon zu sehen bekommen. Und genau dafür wurde er auch errichtet, nämlich um Schiffe zu begrüßen!

Gebaut wurde der 35 m hohe Turm in manuelischem Stil um 1521, zu einer Zeit also, als Portugal noch führende Seemacht war. Früher gab es einen zweiten Turm auf der anderen Flussseite, dadurch konnte man feindliche Schiffe ins Kreuzfeuer nehmen. Im Gegensatz zu diesem hatte der aber das große Erdbeben von 1755 nicht überstanden. Der Torre de Belém ist heute ein portugiesisches Nationaldenkmal und zählt zum UNESCO-Weltkulturerbe!

Beim Anblick dieser Metall-Replica, die ganz in der Nähe des Turms steht, wurde ich neugierig. Ich erfuhr, dass es sich dabei um einen Nachbau eines Wasserflugzeugs vom Typ Fairey III-D MkII handelte, das an die erste Überquerung des Südatlantiks mit einem Flugzeug erinnern sollte. Die Route führte 1922 über mehrere Etappen (und übrigens auch mit mehreren Flugzeugen) von hier bis nach Rio de Janeiro. Moment ‘mal, da war ich doch gestern erst… 😉

Nach (gefühlten) 1.000 Fotos ging es schließlich weiter, am Fluss entlang und in Richtung Osten. Ich genoss die super schön ausgebaute Promenade für Fußgänger und für Radfahrer und freute mich über das tolle Wetter, das während meiner Reise ja nicht gerade selbstverständlich gewesen ist.

Nur kurze Zeit später traf ich schon auf das nächste Highlight! Dieses wuchtige Beton-Denkmal, mit 52 Metern noch deutlich höher als der Torre de Belém, ist das Padrão dos Descobrimentos (das Denkmal der Entdeckungen). Es wurde 1960, genau 500 Jahre nach dem Tod Heinrichs des Seefahrers, eingeweiht. Seine Form erinnert an den Bug einer Karavelle, dem Schiffstyp der frühen portugiesischen Entdecker.

Auf beiden Seiten befinden sich berühmte portugiesische Persönlichkeiten, wie zum Beispiel Vasco da Gama, König Manuel I oder Ferdinand Magellan, allen voran aber Heinrich der Seefahrer, der ein Schiff in den Händen hält.

Nun musste ich das Ufer für kurze Zeit verlassen, um eine ganz andere „Sehenswürdigkeit“ zu besuchen. Hier (und nur hier!) gibt es nämlich die berühmten Pastéis de Belém, diese „heimtückischen“ kleinen Puddingtörtchen, ohne deren Verzehr es bei Höchststrafe verboten ist, die Stadt überhaupt zu verlassen! Übrigens, eines dieser Teile heisst Pastel, die Mehrzahl ist Pastéis.

Die Törtchen bestehen aus Blätterteig, der mit einer Creme aus Eigelb, Zucker, Milch und Mehl gefüllt wird; das genaue Rezept ist selbstverständlich top secret! Die gebackenen Exemplare werden oft mit Zimt oder Puderzucker bestreut gegessen. Werden sie nicht hier im Stadtteil Belém gebacken, heißen sie Pastéis de Nata oder auch kurz Nata.

Drinnen musste ich ein ganzes Weilchen warten, bis ich an der Reihe war; ich weiß durch meine Reisevorbereitungen, dass man während der Hochsaison teilweise eine Stunde oder länger draußen(!) in der Hitze stehen muss, um überhaupt erst in den Laden zu gelangen!

Ich kaufte mir ein Törtchen für sofort und sechs weitere in einem kleinen Geschenkkarton. Eigentlich soll man die nach spätestens drei Tagen verzehren, aber da ich sie mit nachhause nehmen wollte und dort wohl erst in ca. einer Woche eintreffen würde, nahm ich mir vor, sie einfach einzufrieren! Keine Ahnung, ob sie danach noch genießbar sein würden, aber einen Versuch war’s wert!

Das Törtchen schmeckte wirklich sehr lecker, aber es rief auch keine schlimmen Entzugserscheinungen hervor, nachdem es „verschwunden“ war. Ich glaube, hier zählt wohl mehr der „olympische Gedanke“… 😉

Gleich schräg gegenüber, auf einem hübschen Parkgelände, fand gerade ein „Thai-Festival“ mit vielen kleinen Buden, Verkaufsständen und Aufführungen statt.

Ich sah mich auch hier etwas um und schaute dem grazilen Tanz vier junger Ladies zu, der zusammen mit der fernöstlichen Musik irgendwie eigenartig entspannend bei mir wirkte! Oder war etwa das Törtchen Schuld…?

Wiederum gegenüber befanden sich einige sehr imposante Gebäude, wie zum Beispiel das Mosteiro dos Jerónimos (deutsch: Hieronymitenkloster) mit seiner Kathedrale im spätgotischen Stil, die unter anderen die Sarkophage Vasco da Gamas und anderer portugiesischer Könige beherbergt.

In den Seitenflügeln befinden sich das Marinemuseum und das Archäologische Museum.

Mittlerweile hatte ich die Brücke passiert, über die ich am Morgen in die Stadt gefahren bin. Ich nahm auch hier natürlich die Gelegenheit für ein Foto wahr, ebenso von der Christus-Statue, die selbst von hier, aus großer Entfernung, noch gewaltig wirkt!

Hier kam ich an einem Parkplatz vorbei, auf dem auch Wohnmobile erlaubt sind und übernachten dürfen; ich hatte von dieser Möglichkeit bereits gelesen. Die Lage hier am Fluss und vor allem so nah an der Altstadt ist natürlich äusserst reizvoll, aber für ganze drei Tage zog ich dann doch lieber einen gut ausgestatteten Campingplatz vor. Ausserdem gab’s hier schon so einige Einbrüche und auch immer wieder ‘mal Ärger mit selbsternannten „Parkwächtern“, die hier ahnungslose Touristen abzuzocken versuchten…

Nun war ich fast in Höhe der Altstadt angelangt; die Dichte der Restaurants, Cafés und Bars nahm jetzt deutlich zu.

Bis genau hierhin wollte ich mit dem Fahrrad am Fluss entlang fahren! Bis zum Cais das Colunas (deutsch Kai der Säulen), direkt vor dem zentralen Platz der Stadt, dem Praça do Comércio (deutsch: Platz des Handels). Von hier aus führt eine Marmortreppe mit zwei hohen, durch die Gezeitenströme bereits etwas verwitterten Säulen an ihrem Ende direkt in den Tejo hinein. Man sagt, hier spürt man die Ferne, hier beginnt die Sehnsucht nach Meer…

Der große Platz wird im Norden durch einen prächtigen Triumphbogen begrenzt, an dem die Rua Augusta, die Hauptflaniermeile von Lissabon, im Süden endet. In seiner Mitte wurde ein Reiterstandbild von König José I aufgestellt.

Leider war der größte Teil des Platzes wegen des am Abend stattfindenden ESC eingezäunt! Im Inneren des Eurovision Village befanden sich etliche Info- und Gastronomie-Stände, Veranstaltungsbühnen und diverse Dinge mehr. Der Eintritt war zwar frei, aber die Länge der Warteschlange vor den beiden Eingängen sprach Bände!

Ich schätzte, dass ich hier mindestens eine Stunde anstehen müsste, denn hier wurden natürlich auch strenge Sicherheitskontrollen durchgeführt! Das war mir eindeutig zu lang, meine Zeit wollte ich lieber für die Stadt selbst investieren.

Ich wandte mich also lieber dem imposanten Triumphbogen, dem Arco da Rua Augusta, und der anschliessenden Rua Augusta zu. Man kann mit einem Aufzug nach oben fahren und hätte von dort einen super Ausblick auf die Stadt und auf den Fluss, aber wegen meines Fahrrads ließ ich es heute sein; vielleicht ergibt sich morgen, wenn ich zu Fuß unterwegs bin, ja noch eine Gelegenheit!

Bevor ich mich aber ins „Menschengetümmel“ in der Fussgängerzone stürzte, musste ich mich noch etwas stärken: In einem hübschen Café warteten ein verlockender Pancake mit Walnüssen und Honig sowie ein Cappuccino auf mich!

In der nächsten Stunde schlenderte ich, mein Fahrrad meistens schiebend, durch die Haupteinkaufsstraße, verschiedene kleinere Seitenstraßen und über mehrere größere Plätze hinweg in Richtung Norden. Da es extrem voll war (Samstag und ESC!), hatte ich während dieser Zeit leider nur ganz wenige Fotos gemacht, aber das werde ich morgen sicher nachholen können!

Ich erreichte am späten Nachmittag schließlich den langgestreckten und ein wenig bergauf verlaufenden Parque Eduardo VII de Inglaterra, den größten innerstädtischen Park Lissabons.

Von dort oben hat man einen fantastischen Ausblick auf die unter einem liegende Stadt und auf den Fluss.

Die von den Mauren gebaute Festungsanlage Castelo de São Jorge mit integrierter Burgruine ist von hier aus ebenfalls hervorragend zu sehen; sie gehört zu den vielen Sehenswürdigkeiten der Stadt.

Weil es nun schon fast 18:00 Uhr war, entschied ich mich, die heutige Tour abzuschließen! Ich fuhr in einem großen Bogen nordwestlich um den riesigen Park herum, an dem mein Campingplatz lag, und erreichte etwa 45 Minuten später wieder mein Wohnmobil.

Nach einem kurzen Video-Chat mit zuhause sah ich mir um 20:00 Uhr die Übertragung des ESC an, zwar nicht auf dem Fernseher, aber dafür auf meinem Tablet und über Internet-Streaming! Die Sendung hatte mir danach fast mein gesamtes restliches Datenvolumen „leergelutscht“, das ich mit der 20-GB-SIM-Karte in Barcelona gekauft hatte. Macht nüscht, meine Reise ist ja sowieso fast zu Ende… 😉

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