Das ist wieder ’mal typisch! Nachdem das Wetter in den letzten Tagen ja mehr oder weniger nur „durchwachsen“ war, hatte ich heute Morgen seit langem wieder endlich strahlend blauen Himmel! Klar, genau jetzt, wo es zurück nach Deutschland geht…

Aber es soll mir recht sein; die Rückreise dauert schließlich auch noch etliche Tage, und schönes Wetter während der Fahrt kommt einem natürlich immer gelegen!

Nach dem Frühstück und dem Auschecken fuhr ich in Richtung Grenze zu Albanien, einem Land, das sich vor ca. 30 Jahren noch in völliger Selbstisolation befand; ein Besuch oder auch nur eine Durchreise schienen damals völlig unmöglich zu sein! Ich war sehr gespannt darauf, zu erleben, wie es dort aussah und was mich alles erwartete.

Doch zunächst ’mal hatte ich ca. 60 km auf einer extrem kurvenreichen Strecke zurückzulegen, um die Autobahnen A2 und später die A29 zu erreichen. Sie führte über mehrere mächtige Gebirgszüge und bot teilweise atemberaubend schöne Ausblicke auf die „wilde“ Landschaft!

Die Autobahnen waren, wie schon gestern, praktisch leer, und ich kam hier sehr schnell voran. An der Grenze herrscht ebenfalls kaum Verkehr, die Wartezeit sowohl an der griechischen als auch an der albanischen Kontrollstation betrug jeweils nur wenige Minuten.

Ab der Grenze waren es noch etwa 170 km bis zu meinem heutigen Ziel Tirana, der Hauptstadt Albaniens. Ich sah etwas ungläubig auf die „Vorhersagen“ meines Navis, das eine restliche Fahrzeit von mehr als 4 Stunden prognostizierte! Später verstand ich, warum das durchaus realistisch war; nur gut, dass ich durch die neue Zeitzone eine Stunde gewonnen hatte… 😉

Ich hatte weiter oben ja schon geschrieben, dass ich sehr gespannt war, wie sich dieses für mich völlig unbekannte Land „anfühlen“ würde. Jetzt, wo ich diese Zeilen schreibe, kann ich nur sagen:

Überraschung gelungen, Albanien!

Und zwar in positiver Hinsicht! Sah es auf den ersten Kilometern hinter der Grenze noch recht chaotisch aus (die Straße war eine einzige Katastrophe; voller tiefer Schlaglöcher, an der Seite lagen Müll und Reste von Baumaterial und Hinweisschilder waren beschädigt oder uralt und daher kaum lesbar), so eröffnete sich mir, nachdem ich einige Minuten später über eine kleine Bergkuppe fuhr, ein Wahnsinns-Ausblick, bei dem mir unwillkürlich ein lautes „Wow“ entfuhr!

Ich weiß, war keiner da, der das gehört haben könnte, aber manchmal ist einem das halt „piepegal“… 😉

Ich sah auf ein deutlich tiefer gelegenes, langgestrecktes Tal, das auf beiden Seiten von mächtigen Gebirgszügen eingerahmt war; sein Ende konnte ich nicht erkennen, so weit war es entfernt. Ich fühle mich jetzt beim Schreiben dieses Tagesbericht eigentlich kaum in der Lage, seine Schönheit treffend zu beschreiben! Es kam mir vor, als sei es völlig eben und mit einem wunderschönen, grünen Rasen bedeckt. Ich dachte für einen Moment an eine Art Parklandschaft, aber beim zweiten Blick erkannte ich, dass es sich hier um ganz normales Farmland handelte. Ich sah in der Ferne Straßen und Wege, kleine Ortschaften und vor allem viel Ackerland, mit allem „Drum und Dran“, was dazu gehörte…

Ich bedaure sehr, dass ich an dieser Stelle kein Foto von diesem Ausblick zeigen kann! Zum einen war ich viel zu überrascht, ans Fotografieren zu denken, zum anderen gab es sowieso keine Möglichkeit, hier irgendwo sicher halten zu können! Überhaupt habe ich, bis auf die sechs Foto weiter unten, leider gar keine weiteren „Belege“ für meine vielleicht etwas überschwängliche Beschreibung. Keine Ahnung, warum ich so gut wie gar nicht fotografiert habe…

Ich war echt fasziniert von dem, was ich in den folgenden Stunden sah; das bezog sich aber nicht nur auf die wirklich hübsche Landschaft, sondern auf unzählige andere, für mich ganz ungewöhnliche Dinge, von denen ich hier ’mal ein paar aufzählen möchte:

  • Ich sah sehr viele Moscheen, teils schlicht weiß, teils aber auch bunt bemalt, mit schlanken Türmchen, so, wie man sich das halt vorstellt. Zweimal hörte ich sogar den Muezzin rufen, wobei mir natürlich klar ist, dass heutzutage längst Lautsprecher den auf dem Turm stehenden, weißbärtigen alten Mann ersetzt haben und die Aufrufe zum Gebet vom Band kommen.
  • Ebenfalls sehr häufig zu sehen: Vollverschleierte Frauen! Ein für mich völlig ungewohnter Anblick!
  • Esel! Jede Menge Esel! Ich habe in meinem ganzen Leben noch niemals so viele Esel gesehen! Sie zogen alte Karren, wurden zum Reiten benutzt (manchmal saß die ganze Familie drauf!) oder liefen hin und wieder auch ’mal recht gelangweilt um einen Brunnen herum! Oftmals „parkten“ sie aber auch einfach so am Straßenrand, fertig gesattelt, aber meilenweit war kein Mensch zu sehen! So, als ob sich jeder einfach einen Esel schnappen, irgendwo hinreiten und ihn dann genau dort einfach wieder stehen lassen könnte! Donkey to go, sozusagen! So, wie bei uns mittlerweile in den Großstädten die unvermeidlichen E-Roller überall herumstehen, hier aber eben for free
  • Schäfer mit ihren Schafsherden. Ok, die gibt’s bei uns auch, aber man begegnet ihnen ja doch viel seltener! Oft waren sie etwas weiter entfernt, manchmal aber überquerten sie auch die Hauptdurchgangsstraße, dann hieß es, viel Geduld haben!
  • Auffällig waren auch die vielen Fußgänger und Radfahrer, auch wenn der nächste Ort viele Kilometer entfernt war. Beide „Sorten“ liefen bzw. fuhren übrigens einfach dort, wo es ihnen am besten gefiel, gerne auch ’mal mitten auf der Straße! Wenn einem Radfahrer auffiel, dass es am linken Straßenrand ja viel schöner sein müsste als am rechten, fuhr er halt einfach direkt ’rüber, egal, ob ein Fahrzeug kam oder nicht! Man musste wirklich höllisch aufpassen, dass man niemanden umfuhr! Allerdings waren die albanischen Autofahrer auch nicht gerade zimperlich; Verkehrsschilder wurden von ihnen allenfalls als freundliche Empfehlung angesehen, so schien es mir!
  • Man begegnete uralten Autos und LKW, solchen, von denen man meinen könnte, sie seien noch vor der Zeit Henry Fords gebaut worden! Und noch älteren Traktoren; jedes Technikmuseum würde sich um solche einmaligen Exponate, die ja sogar noch funktionierten, reißen!
  • Und noch etwas, was mich sehr an meine Kindheit erinnerte: Hier wurden die Wiesen überwiegend noch mit der Sense gemäht! Wisst ihr überhaupt noch, was das ist…? 😉

Inzwischen neigte sich Hannelores Diesel-Vorrat so langsam seinem Ende zu! Ich hätte wohl doch noch in Griechenland tanken sollen, denn nun hatte ich ein kleines Problem! Es gab zwar genügend Tankstellen, aber hier „lachte“ nur das Bargeld, Kartenzahlungen waren nicht üblich und vor allem nicht möglich! Einmal hätte ich sogar in Euro zahlen dürfen, davon besaß ich aber in bar auch nur noch wenig, bin also weitergefahren. Ich hatte aber Glück: Kurz bevor ich gezwungen war, meinen Reservekanister zu „opfern“, traf ich in einem etwas größeren Ort doch noch auf eine Tankstelle, an der man meine Kreditkarte nach skeptischem Beäugeln zögerlich akzeptierte!

Nach zwei Dritteln der Strecke traf ich auf den wunderschönen, riesigen Ohridsee, den zweitgrößten der gesamten Balkanhalbinsel sowie einer der ältesten der Erde! Er gehört zum größeren Teil zu Nordmazedonien, zum kleineren Teil zu Albanien. Hier legte ich eine etwas längere Pause ein und genoss bei absolutem „Kaiserwetter“ die herrliche Aussicht auf das Wasser, die gegenüber liegenden Berge sowie die überraschend wohltuende, klare Luft!

Später führte meine Route vom See weg, in die Berge hinauf. Von dort hatte ich wieder eine superschöne Sicht auf den See; glücklicherweise gab’s auch einen passenden Parkplatz, von dem aus ich die beiden folgenden Fotos machte.

Bis kurz vor Tirana wechselten sich Berg- und Talfahrt ab. Mir wurde mit jedem zurückgelegten Kilometer klarer, was für ein wunderschönes Land ich heute durchquerte! Eigentlich möchte ich jetzt schreiben, dass ich hier unbedingt später noch ’mal hinreisen müsste, und zwar mit viel mehr Zeit, aber das klingt vielleicht schon etwas abgedroschen! Es gibt wohl kaum einen Ort in Europa, den ich bereits mit meinem Wohnmobil bereist habe, an den ich nicht noch einmal zurückkehren möchte… 😉

Um kurz vor 15:00 Uhr erreichte ich nach einer ziemlich langen, aber absolut interessanten Fahrt endlich das Hotel Baron am Stadtrand von Tirana. Für die 350 km lange Strecke von Griechenland bis hierher habe ich volle 7(!) Stunden benötigt, davon 3 Stunden auf der griechischen Seite und 4 auf der albanischen; mein Navi hatte vorhin an der Grenze also völlig Recht gehabt!

Das Hotel Baron hatte ich schon vor der Reise in einer meiner Stellplatz-Apps gefunden; es handelte sich tatsächlich um ein richtiges Hotel, das aber auf dem Parkplatz vor dem Haus auch einige Wohnmobilplätze eingerichtet hatte. Für 17 EUR gab es Strom, man konnte ein modernes Badezimmer im 2. Stock benutzen, und sogar kostenloses WLan stand zur Verfügung. Die 6 oder 7 Parkplätze waren allerdings für PKW vorgesehen und daher viel zu kurz; ich musste all meine Rangierkünste aufbringen, damit meine Hannelore nicht schon wieder die Durchfahrt für andere Fahrzeuge komplett versperrte.

Die Rezensionen in meiner App erwähnten fast alle den sehr warmherzigen Empfang durch das Hotelpersonal; das kann ich hier nur allzu gern bestätigen! Eine junge Frau kam schon auf mich zu, als ich durch das etwas versteckt liegende Einfahrttor fuhr. Sie sprach perfekt englisch und erklärte mir alles, aber wirklich alles, haarklein! Sie bestand sogar darauf, mir das oben schon erwähnte Badezimmer zu zeigen, gab mir einen kleinen Zettel mit den Daten für das WLan und fand auch noch Zeit, mir zu ausführlich schildern, wie man am besten in die Stadt kommen könnte und was man sich alles anschauen sollte! Auf so einen Service, der auch wirklich von Herzen kam, trifft man sehr selten, was ich ihr gegenüber auch deutlich zum Ausdruck brachte!

Ich überlegte, nachdem ich Strom angeschlossen und mich eingerichtet hatte, kurz noch, ob ich bereits heute in die Stadt fahren sollte, verwarf diesen Gedanken aber gleich wieder. Erstens hatte ich noch genügend Spielraum für den Rest meiner Rückreise, und zweitens war es ja doch ein ziemlich langer und anstrengender Tag, und ich freute mich darauf, den Spätnachmittag und den Abend einfach ’mal mit Nichtstun zu vertrödeln!

4 Kommentare zu “Überraschung gelungen, Albanien!”

  1. Das liest sich ja wie eine Liebeserklärung an Albanien!!
    Du bestätigst viele Informationen von anderen WoMo Fahrern und machst die Lust dorthin zu fahren noch größer.
    Ich hoffe, dass es bald wieder möglich sein wird und wir die Land Tour nach Griechenland über Albanien endlich starten können!!
    Toller Bericht und sehr schöne Bilder Wolle!!

  2. Hallo Wolfgang,
    deine Fahrt durch Albanien hast du sehr schön beschrieben und ich stellte mir das so gut es ging auch vor. Schade das du die vielen Motive, so nenne ich es mal, nicht fotografieren konntest bzw. es vergessen hast. Hin und wieder habe ich schon über das Land etwas gelesen und durch die Berichte wurde mein Interesse sogar etwas geweckt. Früher dachte man ja nicht im Traum daran dorthin zu reisen. Dein Bericht verspricht vieles, da ich ja auch weiß was du schon alles gesehen hast in deinem Leben.
    Herzliche Grüße, Roland

    1. Herzlichen Dank für deinen Beitrag, Roland! Ja, sehr schade, dass es zu meinen Ausführungen kaum Fotos gibt, aber das ist nun ’mal der Preis für eine so straff geplante Hin- und Rückreise über Land! Dennoch bin ich froh und auch sehr stolz, es damals genauso und nicht anders gemacht zu haben! Trotz meiner immer nur sehr kurzen Besuche habe ich einen schönen Überblick über die vielen Länder in Südosteuropa bekommen, sowohl bzgl. der Landschaft als auch der Hauptstädte! Vielleicht könnte man statt „Trotz“ sogar „Wegen“ sagen… 😉 Auf jeden Fall stellt Albanien aber etwas ganz Besonderes dar, und ich habe mir nicht zuletzt deshalb auch sehr viel Mühe gegeben, meine Eindrücke an diesem Tag etwas ausführlicher zu beschreiben! Wie ich oben bei Bernd ja schon sagte: Ich freue mich sehr, wenn so ein Bericht nicht nur gelesen wird, sondern offenbar auch so verstanden wurde, wie ich es ausdrücken wollte… 😉

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