Nach einer sehr ruhigen Nacht und einem leckeren Frühstück machte ich mich gegen 08:00 Uhr für die Abfahrt bereit.

Dazu gehörte natürlich auch, die angefallenen Parkgebühren zu bezahlen! Ich hatte schon gestern bei der Ankunft gesehen, dass man hier auch mit 20- oder sogar 50-Euro-Scheinen zahlen können sollte; das war auch gut so, denn ich hatte die fälligen 10 Euro weder in Münzen noch als Schein dabei. Leider stellte sich das nun als Irrtum heraus; entgegen der Info am Automaten weigerte derselbe sich standhaft, meinen 20-Euro-Schein anzunehmen, so ein Mist aber auch! Normalerweise ist das ja nicht weiter schlimm, aber um diese Uhrzeit war hier natürlich noch „tote Hose“! Ich befürchtete schon, mit dem Fahrrad erst ‘mal wieder ganz zurück nach Reschen fahren und dort irgendwo Geld wechseln zu müssen! Glücklicherweise traf ich dann aber doch noch am Eingang zum Lift (der natürlich ebenfalls noch geschlossen war) drei einheimische Wanderer, die schön früh auf den Beinen waren; einer von ihnen war so nett, mir meinen 20-Euro-Schein „klein zu machen“… 😉

Dann konnte es aber endlich losgehen! Ich fuhr nun über Reschen, Graun und Schluderns bis nach Glurns (merkwürdige Namen haben die hier…), meinem ja gestern schon geplanten ersten Ziel!

Obwohl das Wetter nicht besonders freundlich war, genoss ich die relativ entspannte Fahrt durch den Vinschgau und entlang der Etsch, die ich höchstwahrscheinlich noch ein paar Tage begleiten werde, in vollen Zügen! Wusstet ihr eigentlich, dass der italienische Name der Etsch Adige ist und Südtirol in Italien u.a. Alto Adige heisst, also in etwa „Hochetsch„? Ich jedenfalls nicht… 😉

Die Landschaft, die aus größeren Höhen so langsam in etwas tiefere Regionen führt, ist wirklich wunderschön; es gibt einige Passagen mit vielen aufeinanderfolgen Kehren, an denen man das besonders gut erkennen kann, die Aussichten dort sich einfach fantastisch! Auch viele Zypressen habe ich gesehen, die ich hier „oben“ eigentlich noch nicht vermutet hätte…

So weit das Auge reicht, entdeckt man Apfelplantagen, manchmal allerdings auch anderes Obst oder sogar Weinstöcke! Und häufig trifft man auf die kleinen lustigen Traktoren, die, wenn sie von den Feldern auf die Straße einbiegen, immer einen kleinen Stau verursachen! Weil auf den Plantagen zwischen zwei Baumreihen immer nur enge Wege zur Verfügung stehen, sind diese Fahrzeuge auch sehr schmal, ihre Anhänger ebenfalls, dafür aber in drei Etagen mit Kisten beladen! Die Apfelernte ist jetzt in vollem Gang, daher sind alle Kisten voll; zum Abbiegen oder um eine Kurve zu meistern, müssen die Trecker im sprichwörtlichen Schneckentempo fahren, damit die Wagen nicht umkippen…

Auf den beiden folgenden Fotos sieht man die hübsche, ca. 900 Jahre alte Abtei Marienberg; auf einer Höhe von etwa 1.350 Metern ist sie das höchstgelegene Benediktinerkloster Europas!

In Glurns fand ich auf der Ostseite der Stadt, direkt vor der Stadtmauer, einen auch für Wohnmobile gut geeigneten Parkplatz. Durch meine Recherchen vor der Reise wusste ich bereits, dass ich auf keinen Fall mit dem WoMo in die Altstadt fahren durfte; einige der Stadttore waren sowieso nicht hoch genug, aber innerhalb der Stadtmauern gibt‘s natürlich nur sehr enge Gassen, in denen ich mit meiner „Hannelore“ wohl hoffnungslos steckengeblieben wäre…

Auch auf diesem Parkplatz hatte ich schon wieder „Zoff“ mit dem Automaten, was ist denn hier bloß los…? Für Wohnmobile konnte man nur die 24-Stunden-Option (8 Euro) wählen, stundenweises Parken galt offenbar nur für PKW! Ich wollte aber natürlich nicht übernachten, sondern höchstens zwei, drei Stunden bleiben! Also zog ich mir ein PKW-Ticket für 2 Euro (galt für 4 Stunden); keine Ahnung, ob das nun so ok war oder nicht…

Ich betrat die eigentliche Stadt durch das östliche Stadttor, das Schludernser Tor. Da die Städte im Mittelalter ja meistens recht klein waren und der größte Teil von Glurns sich auch heute noch innerhalb der Stadtmauern befindet, gilt sie als kleinste Stadt Südtirols! Dafür ist sie aber sehr übersichtlich und man benötigt kaum 90 Minuten, um fast alle Straßen und Gassen zu erkunden!

Die beiden Hauptstraßen der Stadt bilden ein „T“ und verbinden die insgesamt drei Stadttore. Es gibt einen zentralen Stadtplatz mit alten Bäumen und einem Brunnen. Man fühlt sich hier tatsächlich ein wenig in eine längst vergangene Zeit versetzt. Ich machte sehr viele Fotos und erstand mitten im Ort in einem kleinen Andenkenladen für meine Sammlung sogar noch einen hübschen Fotomagneten mit der Stadt als Motiv.

In der Laubengasse traf ich dann auch zum allerersten Mal auf eine der in Südtirol recht häufig anzutreffenden… Laubengassen! Das sind Gassen, an denen früher die Märkte abgehalten wurden, mit Laubengängen und Gewölben auf beiden Seiten. Solche Gassen findet man in Meran und in Bozen natürlich auch, dort geht‘s allerdings deutlich lebhafter zu, und hinter jeder Laubenöffnung befinden sich Geschäfte, Restaurants und Cafés…

In der Stadt fragten mich zwei junge Männer, die mit ihren Fahrrädern auf Reisen waren, nach der Whisky-Destillerie PUNI, die sich in diesem Ort befinden sollte! Zunächst musste ich passen, aber nachdem die beiden schon weitergegangen waren, fiel mir plötzlich ein, dass ich ja während meiner Reisevorbereitungen ebenfalls von dieser Destillerie gelesen hatte; ich erinnerte mich, dass sie auch architektonisch irgendwie besonders ein sollte, nur hatte ich keine Verbindung zu diesem Ort mehr im Kopf! Ich stellte schnell eine kleine Recherche im Internet an und wusste kurz danach, dass sie sich ganz in der Nähe, aber natürlich ausserhalb der Stadtmauern befinden sollte. Die beiden Jungs waren noch in der Nähe; inzwischen hatten sie sich den Weg dorthin aber bereits von jemand anderem beschreiben lassen.

Nun war ich natürlich ebenfalls neugierig geworden, beendete meine Wanderung durch die hübsche kleine Altstadt und suchte die Destillerie auf; direkt davor „parkten“ bereits die Fahrräder der beiden Deutschen. Ich schaute mich drinnen etwas um, unterhielt mich noch ein wenig mit den beiden (den Jungs, nicht mit den Rädern!) über das Woher und Wohin, und machte mich dann schließlich wieder auf den Rückweg zu meinem Wohnmobil. Für eine Whisky-Probe, die auch nicht so ganz preiswert war, war es der falsche Zeitpunkt! Das zwar nicht sehr große, aber doch sehr auffällige Gebäude, dessen Struktur auf traditionellen Bauweisen beruht, ist allerdings ein echter Hingucker, und ich war froh, dass ich diesen kurzen und vor allem zufälligen Stopp noch mitnehmen konnte…

Meine Weiterreise führte mich zunächst wieder zurück nach Schluderns und dann, bei etwas Regen, auf der SS40/SS38 bis nach Schlanders, mit etwa 6.000 Einwohnern der Hauptort des Vinschgaus. Hier wollte ich mich auch etwas umsehen, deshalb suchte ich einen Parkplatz etwas oberhalb des Orts auf, der sich auch zum Übernachten eignen sollte; die ersten drei Stunden dort sind kostenlos!

Ich machte dann einen ganz entspannten Nachmittagsspaziergang durch den hübschen Ort, der allerdings nicht ganz so interessant war wie Glurns; die Pfarrkirche Sankt Johannes gefiel mir vor allem im Inneren allerdings sehr gut!

Nach einer Stärkung mit Hilfe eines leckeren, noch warmen Apfelstrudels und eines Cappuccinos unternahm ich einen zweiten Spaziergang, der mich außer- und oberhalb des Orts durch die Berghänge und weitläufigen Apfelplantagen führte, und der mir wunderschöne Ausblicke auf den tiefer gelegenen Ort bot.

Den Rest des Tages verbrachte ich in oder am Wohnmobil; ich hatte mich nämlich entschieden, heute doch nicht mehr weiterzufahren und löste mir daher ein entsprechendes Ticket am (dieses Mal sehr kooperativen) Automaten. Große Schilder weisen hier übrigens darauf hin, dass Campingverhalten auf dem Parkplatz streng verboten ist! Man darf weder Campingstühle herausstellen noch die Markise ausfahren. Selbst das Auffahren auf Keile, um das Fahrzeug gerade zu stellen, ist untersagt, wird mit 85 Euro(!) geahndet und tatsächlich auch streng kontrolliert…

Gegen Abend schien endlich ‘mal die Sonne etwas häufiger, allerdings war es dort, am Hang oberhalb des Orts, ziemlich windig und daher recht frisch. Bei meiner Überlegung, wie es morgen weitergehen sollte, war mir schnell klar, dass mein nächstes Etappenziel Meran heissen musste; bis dahin sind‘s nämlich nur knapp 40 Kilometer…

4 thoughts on “Vom Mittelalter zum Whisky-Würfel…”

  1. Hallo Bernd,
    deine besuchten Orte kenne ich nur vom Papier her. Unsere Besuche in Südtirol führten immer über den Brenner. Sterzing war mal eine Basis und von dort aus fuhren wir auch mal nach Meran. ich hoffe du hattest dann mehr Glück mit den Campingplätzen 🙂
    VG Roland

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