Für heute hatte ich wieder mehrere Stationen geplant, die ich in Aarhus besuchen wollte. Da sie teils etwas weiter auseinander lagen, fuhr ich, wie schon vorgestern, wieder mit dem Fahrrad!

Als erstes war ein Gebäude dran, was mir bereits 2016 auf meiner Reise ans Nordkap aufgefallen war. Damals war es völlig neu; ich wusste noch nicht ’mal, was es damit auf sich hatte. Und im letzten Jahr ergab sich leider auch keine Gelegenheit, es zu besuchen.

Mit dem 2015 eröffneten DOKK1, direkt an der Mündung des kleinen Flüsschens Aarhus Å gelegen, hat Aarhus die mit knapp 30.000 qm größte Bibliothek Skandinaviens. Entwurf und Planung stammen von Schmidt Hammer Lassen Architects.

Tatsächlich ist es mehr als nur eine normale Bibliothek, eher ein gewaltiges Multimediahaus und Kulturzentrum mit ganz erstaunlichen Einrichtungen und Angeboten; ganz unten gibt es eine vollautomatisch betriebene Tiefgarage für 1.000 Fahrzeuge. Eine besondere Installation ist der sogenannte Gong. Oben, im Familienbereich, wo Kinder auf digitalen Fußballplätzen hüpfen oder an Konsolen zocken, gibt es eine 7,5 m lange Bronze-Glocke, die immer dann ertönt, wenn in der Geburtsstation des Universitätskrankenhauses frischgebackene und überglückliche Eltern eines Neugeborenen auf einen speziellen Knopf drücken! Sehr cool, oder? Leider hat’s während meines Aufenthalts dort nicht ein einziges Mal „gegongt“…

Außen gibt es verschiedene Spielbereiche. Jeder Abschnitt repräsentiert verschiedene Kulturen und Regionen der Welt. Im Süden gibt es einen „Dschungel“, einen großen Affen und Zeichnungen, die an ägyptische Hieroglyphen erinnern; alle repräsentieren den afrikanischen Kontinent.

Im Osten befindet sich ein asiatischer Drache und ein sechs Meter großer, als Aufgang zu einer Rutsche dienender Bär, die beide für Russland und Osteuropa stehen.

Weiße Holzplattformen, die an schweren Quellen befestigt sind, ahmen schwimmende Eisplatten aus der Arktis im nördlichen Teil nach, und ein großer Holzadler an einem ausbrechenden Vulkan repräsentiert Island und den amerikanischen Kontinent im Westen.

Die Bibliothek ist die Hauptbibliothek, die größte und gleichzeitig die Verwaltung der örtlichen Bibliotheken innerhalb der Gemeinde. Sie ist auf zwei Ebenen aufgeteilt und umfasst verschiedene Abteilungen wie Belletristik, Fachliteratur, Magazine, Zeitungen, Medien, Ausstellungen, einen Café-Bereich, Lounges und einen Bereich für Kinder. Darüber hinaus existieren Veranstaltungsräume, die für Vorträge, kleine Konzerte und Theater- und Filmvorführungen vorgesehen sind, sowie speziell ausgestattete Lern-, Lese- und Besprechungsräume mit unzähligen öffentlichen Computern.

Die zweite Station war die Innenstadt von Aarhus und dort im Speziellen das Kaufhaus Salling.

Nein, keine Sorge, ich wurde nun nicht etwa von einer fiesen Shopping-Attacke heimgesucht; mich zog etwas ganz anderes hierher, eine kleine Besonderheit: Das Salling Rooftop ist eine sehenswerte Terrasse mit einem Café und einer Entspannungs-Oase und sogar einer Bühne auf dem Dach des Warenhauses.

Ganz oben, 25 m über der Fußgängerzone, kann man, wenn man mutig ist, eine Glasrampe betreten und die ungewöhnliche Aussicht über die Stadt genießen. Bei diesem Erlebnis kann man gleich ’mal feststellen, ob man Höhenangst hat oder nicht… 😉

Ich musste, nachdem ich dort eintraf, noch ein paar Minuten draußen warten, da das Kaufhaus erst um 10:00 Uhr öffnete.

Gleich im Eingang stand eine Art „Regenschirm-Spender“, eine Einrichtung der Firma dripdrop zum Verleih von Regenschirmen. Eine sehr coole Idee, fand ich! Immer, wenn’s draußen regnet, hat man natürlich keinen Schirm dabei, kennt man ja! Dann ist es natürlich klasse, wenn man sich auf diese Art und Weise einen leihen und später, an einer anderen Station zum Beispiel, wieder zurückgeben kann. Das Ganze funktioniert mit Hilfe einer App: Man scannt den QR-Code der Station, bucht einen oder mehrere Schirme und schon werden diese in ihren Halterungen entsperrt und können entnommen werden. Die Rückgabe erfolgt noch einfacher; die Schirme werden einfach in die freie Öffnung eines Ständers gesteckt, die Ausbuchung erfolgt dabei automatisch! In der Stadt existieren bisher etwa 20 solcher Stationen. Warum entdecke ich eigentlich solche praktischen Einrichtungen immer nur im Ausland und fast nie in Deutschland…?

Kurz danach sah ich mich oben auf der Dachterasse um; zu dieser Zeot war hier natürlich noch nichts los; zeitweilig war ich der einzige Besucher hier! Aber ich fand’s sehr spannend und interessant; die Aussicht auf die Stadt war wieder einmal sehr schön.

Die vorhin erwähnte Rampe empfand ich dagegen als nicht besonders spektakulär. Sicher, wenn jemand nicht ganz schwindelfrei ist, muss er wohl etwas Mut aufbringen, ganz bis nach vorne zu gehen. Der Blick von dort auf die Fußgängerzone ist zwar tatsächlich etwas Besonderes, weil man sofort merkt, dass man wirklich direkt über ihr steht! Die in den Boden eingelassene Glasplatte verfehlte ihren Zweck allerdings ganz, fand ich. Zum einen ist sie meiner Ansicht nach viel zu klein für die Illusion, über der Straße zu „schweben“, zum anderen aber inzwischen auch schon so „zerkratzt“, dass man kaum noch hindurchsehen konnte…

Nach dem Besuch des Kaufhauses fuhr ich zum Rathaus der Stadt, das ich in den letzten Tagen ja immer wieder aus allen Himmelsrichtungen und sowohl von unten als auch von oben gesehen und fotografiert hatte! Nun wollte ich endlich auch ’mal einen Blick in das Innere werfen!

Das Rathaus galt nach seiner Fertigstellung im Jahr 1941 als ein modernes und fortschrittliches Gebäude; seit 1994 steht es unter Denkmalschutz. Es wurde fast ausschließlich aus Beton gebaut, die Außenverkleidung besteht aus norwegischem Marmor. Die ursprünglichen Pläne sahen zunächst keinen Turm vor, der wurde erst nach Protesten aus der Bevölkerung eingeplant.

Das Innere beherrscht ein mit Glas überdachter Lichthof. Ich kam mir vor wie in einem Bienenstock; die Halle war vollbesetzt und ein ständiges „Gemurmel“ lag im Raum. Kein Wunder, denn gestern fanden die Wahlen zum Dänischen Parlament statt und hier wurde immer noch ausgezählt…

Auf beiden Seiten der Halle befinden sich lange und enge Korridore, links und rechts gesäumt von unzähligen Türen zu den Verwaltungsbüros. Ein Spalt durch jede der Etagen schafft ein Atrium. Dieses Jailhouse Design erinnerte mich unwillkürlich an meinen Besuch auf der Gefängnisinsel Alcatraz in der Bucht von San Francisco; die Wärme der Holzverkleidung und anderer Materialien standen dazu natürlich im krassen Widerspruch!

Auf zur dritten Station! Møllestien bestand schon im Jahr 1300; die Kopfsteinpflasterstraße mit ihren winzigen, zweistöckigen Häusern in verschiedenen Farben ist das reinste Idyll, vor allem im Sommer, wenn hier zahlreiche Rosenarten blühen; sie gehört zu den schönsten Straßen der Stadt.

Die Straße selbst ist sogar noch älter! Bei Ausgrabungen fand man 2003 Keramikscherben aus der späten Wikingerzeit, also dem frühen Mittelalter.

Nun fuhr ich direkt in die Stadtmitte, um das quirlige Treiben dort auf mich wirken zu lassen. Ich bummelte durch verschiedene Fußgängerbereiche und suchte mir schließlich ein Straßen-Café aus, um etwas zu Mittag zu essen! Meine Wahl fiel auf den Bullseye Burger, für den man mir sage und schreibe 30 Euro „abknöpfte“! Das war wohl der teuerste Burger meines Lebens, denke ich; das Bier allerdings war im Preis enthalten… 😉

Auf meiner Weiterfahrt passierte ich den Sankt-Clemens-Dom zu Aarhus und legte dort einen kurzen Fotostopp ein. Er ist 93 m lang und 96 m hoch und damit die sowohl längste als auch höchste Kirche Dänemarks. Wie so oft bei solchen gewaltigen Kirchen, die zentral in der Stadt stehen, ist es mit dem Fotografieren etwas schwierig. Man steht viel zu dicht davor; entfernt man sich, sieht man nur nach Dächer und Türme…

Mein letztes Ziel für heute und damit leider auch für die gesamte Reise war der Stadtteil mit dem überaus komplizierten und schier unaussprechlichen Namen… Ø! Also Insel! Ok, eigentlich muss es korrekt Aarhus Ø heißen!

Er liegt im nördlichen Bereich des Hafengebiets und wurde in den letzten Jahren komplett neu gestaltet. Hier war ich bereits im letzten Jahr; die modernen, teils futuristischen Gebäude und Anlagen erinnerten mich damals schon sehr stark an die Hafencity in Hamburg.

Ich stellte fest, dass hier immer noch sehr fleißig gebaut wurde, mit teilweise sehr spektakulärer Architektur!

Ich machte wieder viele Fotos, genehmigte mir zwischendurch ein leckeres Eis und fuhr dann weiter zum Isbjerget (deutsch Eisberg), den ich auch bereits kannte!

Der Wohnkomplex ist so gestaltet, dass man den besten Blick auf’s Meer hat, außerdem ist das Gebäude kreuz und quer „aufgebrochen“, so dass es an schwimmende Eisberge erinnert. Ein weiteres Detail besteht in dem architektonischen Auf und Ab der „Dachzinnen“, das, wie bei einem Eisberg in der Realität, eine optische Verschiebung erzeugt. Wie schon im letzten Jahr konnte ich mich mich kaum sattsehen; diese Anlage übte wieder einen ganz besonderen Reiz auf mich aus…

Die weißen Fassaden mit dem unregelmäßigen Raster aus Dreiecken und die kristallblauen, weit herausragenden Balkone wirken zunächst sehr befremdlich, aber dann auch wieder äußerst interessant und einzigartig!

Anders als angekündigt, hatte ich auch heute den ganzen Tag über (und damit schon drei Tage hintereinander) bestes Ausflugswetter; es war sehr warm, nur direkt am Wasser ging ab und an ein leichter Wind! Lediglich am Ende meiner Rückfahrt zum Campingplatz bedeckte sich der Himmel plötzlich, der Regen blieb allerdings aus!

Im Wohnmobil angekommen, hatte ich nun eine Menge zu erledigen, zu schreiben und vor allem zu verarbeiten! Diese Woche war für einen Städtebesuch einfach perfekt, und ich habe diese Stadt wirklich in mein Herz geschlossen! Aarhus ist nach insgesamt drei Besuchen für mich zu etwas ganz Besonderem geworden, vor allem, wenn man bedenkt, dass ich noch vor ein paar Jahren nicht ’mal ihren Namen kannte.

Morgen, am Freitag, geht es wieder zurück nach Deutschland. Sofern alles gut läuft, werde ich dann auf eine der schönsten Städtetrips zurückschauen können, die ich jemals gemacht habe…

2 thoughts on “Von der Å bis zur Ø”

  1. Hallo Wolfgang,
    der Einstieg heute in deinen Blog mit der architektonisch sehr schön gestalteten Bibliothek und mit seinen tollen Skulpturen im Ausbereich ist schon mal eine Ansage. Weiter ging es dann mit dem Kaufhaus und dieser tollen Idee des Regenschirmspenders. Das alte Stadtviertel, ich nenne es mal so, mit den kleinen farbigen Häusern ist ja wunderschön. Auch wenn mir diese neue Architektur, bei der ich denke Deutschland hinkt da hinterher, sehr schön ist, sind solche alten, sehr gut erhaltenen Altstädte einfach nicht zu überbieten. Aarhus kann man sich mal merken !!
    Herzliche Grüße, Roland

    1. Definitiv, Roland! Aarhus ist eine aufstrebende, moderne Stadt und schon nahezu eine gute Alternative zum deutlich weiter entfernten Kopenhagen! Und ich glaube, Dänemark entwickelt sich immer mehr zu meinem Lieblingsreiseland nach Italien… 😉

      Herzlichen Dank für deinen Kommentar!

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