Heute musste ich etwas früher als üblich aufstehen, denn das Boot nach Capri sollte bereits um 8:00 Uhr ablegen. Das war mir auch ganz recht, denn so würde ich genügend Zeit für meinen Aufenthalt dort haben. Das Ticket hatte ich bereits gestern bei Giovanni, meinem Campingplatz-Betreiber gekauft. Da es sich hier aber nicht um ein Linienschiff handelte, war das natürlich ein etwas teureres Vergnügen als gestern: Stolze 40 Euro kostete die Hin- und Rückfahrt, aber ’mal ehrlich: Wer würde sich die Gelegenheit, eine der wohl schönsten Mittelmeerinseln besuchen zu können, nur wegen dieses Preises entgehen lassen…?

Wie schon gestern, stand ich zunächst wieder ganz allein am Anleger, 10 Minuten vor der Abfahrt kamen aber dann doch einige weitere Touristen, darunter sogar ein paar Deutsche. Pünktlich zur Abfahrtszeit war noch nichts zu sehen, und irgendeine „Ecke“ in meinen Gehirn forderte mich unverblümt auf, mich jetzt darüber furchtbar aufzuregen! Inzwischen war ich aber schon so oft und so lange in Italien, dass ich mich daran gewöhnt hatte; ich wusste, dass es hier ganz locker auch ohne die typisch deutsche Mentalität funktionieren würde! Nur drei Minuten danach traf das Boot dann tatsächlich ein, und schon eine Minute später legte es auch schon wieder ab! Gut, dass ich mich nicht geärgert hatte… 😉

Wieder passierten wir den mächtigen und hoffentlich noch sehr lange „schlafenden“ Vesuv

…machten, wie ja auch schon gestern, einen kurzen Zwischenstopp in Sorrent und erreichten schließlich um 9:10 Uhr den hübschen Hafen von Capri. Nun hatte ich bis 17:15 Uhr Zeit, mir die Insel in Ruhe anzuschauen; das war deutlich mehr, als mir gestern in Positano und Amalfi zur Verfügung stand!

Bei einem ersten Erkundungsgang am Ufer entlang nach Osten und bis zum Ende des Hafens sah ich Yachten, deren Größe und Luxusausstattung alles, was ich bis jetzt auf dieser Reise gesehen hatte, weit in der Schatten stellten. Allerdings wunderte ich mich darüber natürlich nicht; wie schon gesagt, ich bin jetzt auf Capri! 😉

Auf der anderen Seite, im Westen, traf ich auf einen recht kleinen Strand- und Badebereich, der recht bevölkert war. Capri ist ja eine Felseninsel aus Kalkstein mit fast ausschließlich steil abfallenden Flanken; Traumstrände sucht man auf der Trauminsel also meist vergeblich!

In einem kleinen Souvenirladen kaufte ich nun den üblichen Andenkenmagneten (das war schon ’mal erledigt!), danach fuhr ich mit der Funicolare (2,00 EUR), also der Standseilbahn, nach „oben“; sie verbindet die Marina Grande an der Küste mit dem eigentlichen Ort im Zentrum der Insel. Schon direkt oben nach dem Verlassen der Kabine boten sich mir wundervolle Ausblicke, vor allem bei diesem Wetter!

Dieser wundervolle Aussichtsplatz ist die Piazza Umberto I; hier muss jeder Besucher wenigstens einmal gewesen sein! Ich bin mir ganz sicher, dass hier täglich Tausende von Selfies geschossen werden! Ich selbst musste während der 15 Minuten, die ich mich hier aufhielt, gleich dreimal Fotos für andere machen, was ich natürlich sehr gerne tat!

Diese bemerkenswerte Arbeit heißt La Violenza é una gabbia, also Gewalt ist ein Käfig. Sie stammt von der italienischen Malerin, Bildhauerin und Designerin Anna Izzo und hat mich ganz besonders beeindruckt, ’mal ganz davon abgesehen, dass sie ein hervorragendes Fotomotiv abgibt! Die knallroten High Heels, die in einem Käfig eingesperrt sind, sollen die „gigantische Wut [der Künstlerin] über die Gewalt gegen Frauen“ symbolisieren! Dem kann ich nur voll und ganz zustimmen…

Neben der Piazza liegt der zentrale Platz des Orts, die Piazzetta, die ich mir natürlich auch genauer anschaute; hier lohnte sich auch der Besuch einiger Geschäfte.

Da war es wieder, das berühmte Zitronenmuster! Ich war etwas erstaunt darüber, dass die Preise hier gar nicht ’mal so „touristisch“ waren, günstiger jedenfalls, als gestern in Amalfi…

Danach ging es auf einem sehr interessanten Spaziergang zu den Giardini di Augusto, im Süden der Insel gelegen. Die botanischen Gärten waren ursprünglich als die Krupp Gärten bekannt und wurden vom deutschen Industriellen Friedrich Alfred Krupp im frühen 20. Jahrhundert gegründet, als dieser sich auf der Insel niederließ und hier sein Herrenhaus baute. Sie liegen in der Nähe des ehemaligen Klosters und heutigen Museums Certosa di San Giacomo und bestehen aus mehreren Terrassen mit Blick auf die Bucht von Marina Piccola. Sie wurden 1918 zu den Gärten des Augustus umbenannt; sie stellen heute ebenfalls eine beliebte Sehenswürdigkeit dar, die man sich nicht entgehen lassen sollte, wenn man auf Capri zu Besuch ist…

Auf der ein wenig höher gelegenen Aussichtsplattform kann man einen herrlichen Panoramablick genießen, der seinesgleichen sucht!

Von hier aus hat man auch eine hervorragende Sicht auf die Via Krupp, einen historischen Serpentinenpfad. Der in den Steilhang geschlagene Fußgängerweg ist 1.350 m lang, 3 m breit und stellt heute eine weitere Touristenattraktion dar. Er wurde zum größten Teil von Krupp finanziert und 1902, kurz vor seinem Tod, fertiggestellt. Der steile Pfad überwindet mit acht engen Haarnadelkurven einen Höhenunterschied von 100 m und verbindet die Gärten mit der Küste. Krupp ließ den Weg anlegen, um schneller und bequemer von seiner Unterkunft im Luxushotel Quisisana zur Marina Piccola  absteigen zu können. Dort ankerte sein Forschungsschiff zur Untersuchung der Meeresbiologie, außerdem befand sich auch die Grotta di Fra Felice in der Bucht, ein bevorzugter Aufenthaltsort Krupps.

Wegen Steinschlaggefahr wurde der Weg immer wieder geschlossen, die 2019 geplante Wiedereröffnung auf unbestimmte Zeit verschoben.

Nachdem ich wieder einmal viel zu viele Fotos gemacht hatte und es offenbar nichts mehr zu fotografieren gab, wanderte ich wieder ein Stückchen auf demselben Weg zurück und dann weiter auf der Via Pizzolungo nach Osten zu einem anderen Aussichtspunkt, dem Belvedere di Tragara

Hier wartete eine weitere Traumaussicht auf mich, nämlich auf die berühmten Faraglioni-Felsen im Meer. Drei von ihnen liegen nahe zusammen vor der Südostspitze der Insel. Der mit 109 m höchste ist der Faraglione di Terra, gefolgt vom Faraglione di Fuori (104 m) und dem kleinsten der Felsen, dem Faraglione di Mezzo mit 81 m Höhe.

Nun wurde es Zeit, an den Rückweg zu denken. Ich nahm dazu eine etwas andere Route, um zu Fuß möglichst viel vom Ort mitzubekommen. Auf der oben bereits erwähnten Piazzetta legte ich eine kleine Pause ein. Ich begnügte mich hier mit einem einfachen Toast mit Schinken und Tomaten und einem Bier, denn hier sind nicht nur die Nüsse auf dem Foto gesalzen, sondern auch die Preise… 😉

Etwa eine Stunde später war ich wieder unten im Hafenbereich, wo ich mich auch noch einmal gründlich umschaute und ein paar weitere Mitbringsel erstand, wie zum Beispiel ein paar kleine Limoncello-Fläschchen sowie eine schicke Tragetasche, über die sich meine Schwägerin sicher freuen wird!

Da ich noch genügend Zeit hatte, entschied ich mich, noch eine schöne Bootstour einmal um die gesamte Insel herum zu buchen. Für eine Stunde zahlte ich 18,00 EUR, ein angemessener Preis, fand ich.

Capri ist unter anderen auch bekannt für die vielen Höhlen am Meer, die bekannteste ist natürlich die sogenannte Blaue Grotte, die ich allerdings nicht besuchen wollte. Auf unserem Weg um die Insel passierten wie viele dieser Grotten, der Bootsführer steuerte das Schiff teilweise extrem nah an diese Formationen heran, sodass man sich ein Bild von ihrer tatsächlichen Größe machen konnte.

Dann kamen endlich auch die schon beschriebenen Faraglioni in Sicht. Der Faraglione di mezzo, also der in der Mitte, besitzt auf Meereshöhe einen natürlichen Tunnel von 60 m Länge, der mit kleineren Booten durchfahren werden kann. Und unser Boot war klein genug… 😉

Die Amare II ist eine 50 m lange und 9 m breite Luxusyacht, die erst in diesem Jahr ausgeliefert wurde. Die Hybridyacht mit der markanten Außenlinie wurde von der niederländischen Werft Heesen Yachts gebaut.

Die Blicke auf die Insel waren immer wieder sehr schön, vor allem hier von der Südseite bei „richtigem“ Sonnenstand; wie schon gestern boten sich auch jetzt viele Fotomotive an, die man am besten mit großer Brennweite fotografiert.

An der äußersten Südwestspitze der Insel, an der Punta Carena, steht auf einer eindrucksvollen Felskulisse der 28 m hohe Faro di Punta Carena.

Was hatte ich in meinen Tagesberichten zu dieser Reise nun schon mehrfach erwähnt? Die Menschen baden, wo immer sie können! Ich hätte jedenfalls ziemliche Angst, mir bei solch abenteuerlichen Klettereien die „Gräten zu brechen“… 😉

Nur kurze Zeit später war dann endlich auch die Nordwestspitze Capris umrundet, und wir erreichten die berühmt-berüchtigte Blaue Grotte. Der Andrang davor mit den vielen wartenden Booten bestätigte meine Entscheidung, diese Meereshöhe nicht zu besuchen. Zum einen wäre meine verbliebene Zeit wohl zu kurz gewesen, andererseits glaube ich aber auch, hier nichts „Weltbewegendes“ verpasst zu haben!

Der Eingang zur Grotte ist nur etwa 1,5 m hoch, bei starkem oder hohem Wellengang ist der Besuch gar nicht möglich. Sie ist etwa 52 m lang und 30 m breit, das Wasser darin ist ungefähr 15 m tief. Da das Tageslicht überwiegend unter dem Meeresspiegel reflektiert in die Grotte gelangt, schimmert es im Inneren in einem schönen blauen Farbton.

Nach etwas mehr als eine Stunde lief unser Boot wieder in den im Norden der Insel gelegenen Hafen ein; etwa 30 Minuten später stand ich bereits am Anleger und wartete auf das Boot, das mich zurück nach Vico Equense bringen sollte.

Und nicht nur ich! Dieses Mal wartete eine erschreckend große Anzahl von Menschen auf das Boot. Ich dachte schon, ich wäre hier falsch, aber dann sah ich, dass auch Touristen darunter waren, die ich schon auf der Herfahrt gesehen hatte. Mit dem winzigen Schiffchen vom Vormittag würde das aber ganz sicher nicht abgewickelt werden können…

Richtig! Jetzt kam ein wirklich riesiges Schiff, das wahrscheinlich Hunderte von Passagieren fassen konnte. Am Eingang gab es ein derartiges Gedränge, dass es schon zu Reibereien zwischen den Menschen kam. Von Corona-Abstand überhaupt keine Spur mehr, immerhin trugen alle ihre Schutzmasken.

Um 18:15 Uhr stieg ich wieder aus und ging zurück zum Campingplatz. Ich machte mir etwas zu essen, verschickte ein paar Fotos von meinem heutigen Ausflug an die Familie und setzte mich dann nach draußen, um einen ruhigen und erholsamen Abend zu verbringen.

Für ein Fazit direkt nach so einem Ausflug ist es vielleicht etwas zu früh, aber ich bin eigentlich schon jetzt ziemlich sicher, dass dieser Tag der wohl schönste der bisherigen Reise war! Und wohl auch bleiben wird, egal, was da noch kommt! Auch jetzt, wo ich diesen Bericht schreibe, ist mir immer noch nicht so ganz bewusst, dass ich tatsächlich auf Capri gewesen bin!

Keine Ahnung, ob es nur mich betrifft, aber diese Insel ist für mich tatsächlich etwas ganz Besonderes, etwas, womit ich eigentlich sogar aufgewachsen bin. Als Junge hab‘ ich wohl unzählige Exemplare von Capri-Fruchteis aufgeschleckt (ok, Split natürlich auch), ebenso viele Capri-Sonnen geschlürft, und heute zählt ein Insalata Caprese zu meinen beliebtesten Vorspeisen. Ich fuhr als junger Mann 10 Jahre lang einen schicken Ford Capri, auf den ich mächtig stolz war. Und wenn ich an das alte Fischerlied „Wenn auf Capri die rote Sonne im Meer versinkt“ denke, muss ich sowieso die eine oder andere Träne verdrücken. 😉

Geht es euch auch so…?

7 thoughts on “Von roten High Heels und blaue Grotten”

    1. Mache ich doch sehr gern! Mein Besuch auf Capri kommt mir jetzt, anderthalb Jahre später, tatsächlich manchmal wie ein Traum vor. Ich bin echt stolz darauf, mir diesen Wunsch, der schon seit meiner Jugend bestand, damit endlich erfüllt zu haben. Herzlichen Dank für deinen Kommentar, Andrea.

  1. Hallo Wolfgang,
    einen sehr schönen Bericht hast du hier liebevoll geschrieben, welcher natürlich von vielen tollen Fotos dieser schönen Insel gespickt ist. Meine Erinnerungen werden dabei wach und sind noch bestens erhalten. Da es bei uns erst März war konnte man mit die
    Trauminsel wirklich gut erkunden. Zwar waren noch einige Läden geschlossen, aber wir kamen ja nicht hierher um einzukaufen 🙂
    Alles kann man in ein paar Stunden natürlich nicht erkunden. Sehr schön war auch die Villa San Michele und da war dann auch
    Anacapri gut um etwas zu bummeln. An eine Bootsfahrt um die Insel hatten wir damals, so glaube ich, nicht gedacht. Wenn ich deine Fotos so sehe wäre das sicher, gäbe es diese Option nochmal, mit in unserem Programm. Bella Capri !
    VG Roland

    1. Danke für das nette Kompliment und für deinen Kommentar, Roland! Für Anacapri hatte bei mir leider die Zeit nicht mehr gereicht, obwohl mir ja doch einige Stunden zur Verfügung standen! Aber ich denke, ALLES muss man ja auch nicht unbedingt gesehen haben. Für mich ist es viel wichtiger, zu wissen, dass ich diesen Planten jedenfalls nicht verlassen werde, ohne Capri jemals gesehen zu haben… ;-)))

  2. Wow – wie wunderschön! Da weiß ich, was ich nochmal auf meine „Must-have-seen“-Liste packen muss. Wir mussten damals zwischen Amalfi-Küste und Capri entscheiden – gerne hätte ich beides gemacht – am besten Ischia auch noch dazu. Aber das war nicht möglich.
    Ich hoffe, es ergibt sich nochmal…
    Deine Tour ist wunderbar – auch die Bootsumrundung mit der Fahrt durch das Felsentor ist sehr beeindruckend!
    LG Anja

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