Nachdem mein WoMo gestern ja überwiegend faulenzen durfte, war es heute umso mehr gefordert, denn gleich zwei Fjells standen heute auf dem Programm! Als Fjell bezeichnet man in Skandinavien von der Eiszeit geformte Felsplateaus, Hochebenen oberhalb der Baumgrenze und mit tundraähnlicher Vegetation.

Oben auf einem Fjell zu fahren, ist normalerweise relativ einfach, da die Straßen dort überwiegend eben verlaufen und auch breit genug sind. Das Problem ist der Aufstieg (und natürlich auch der Abstieg) meist von Meereshöhe bis ins Hochgebirge, oftmals auf über 1.500 Meter, denn hier sind nicht nur extreme Steigungen bzw. Gefälle im Spiel, sondern die kaum enden wollenden Serpentinen sind außerdem oft nur einspurig ausgebaut; es gibt viele Ausweichbuchten, aber häufig nicht da, wo man sie gerade braucht…

Das erste, das Aurlandsfjellet, beginnt gleich kurz hinter Flåm, ab dem Dörfchen Aurland, und endet nach etwa 47 Kilometern kurz vor Lærdal. Viele Touristen fahren allerdings kurz vor Aurland in den Lærdalstunnel, der mit 24,5 km der längste Straßentunnel der Welt ist. Die Fahrt über ein Fjell, auf dem der ewige Winter und eine erstaunliche Ruhe herrschen, ist aber natürlich viel spannender!

Von den ersten Serpentinen, die noch im winzigen Aurland beginnen, bis zu einem spektakulären Aussichtspunkt oben auf dem Fjell sind‘s nur etwa zwei Kilometer Luftlinie. Acht Kilometer dagegen braucht das schmale Sträßchen, bis es sich die senkrechte Wand bis zu diesem Punkt emporgehangelt hat. Dabei eröffnen sich immer wieder fantastische Ausblick auf den nach unten „versinkenden“ Aurlandsfjord, die mir allerdings verwehrt blieben, da ich mich mit vollster Konzentration und ohne Unterbrechung dem Straßenverlauf widmen musste. Während des Aufstiegs kamen mir insgesamt fünf oder sechs PKW entgegen; fast immer war gerade keine Ausweichbucht in Sicht, und so musste man sich im Schritttempo aneinander vorbeimogeln. Nicht auszudenken, wenn mir ein Wohnmobil, ein LKW oder gar ein Bus entgegen gekommen wäre, allerdings hätte ich, wenn ich richtig informiert bin, nach norwegischem Recht den Vorrang vor den bergab fahrenden Fahrzeugen.

Oben angekommen (puhhh…), erreicht man den bereits erwähnten Aussichtspunkt, den Stegastein. Vom Parkplatz aus führt eine hölzerne Aussichtsrampe über die Baumwipfel und bietet einen atemberaubenden Blick auf das tief unten gelegene Aurland und den Aurlandsfjord. Die Rampe ist ungefähr 30 Meter lang und befindet sich 640 Metern über dem Meeresspiegel! Das Ende der Plattform wird nur durch eine Glasscheibe abgeschlossen, die auch noch schräg nach vorne steht, und die den Eindruck, direkt über dem Aurlandsfjord zu stehen, noch verstärkt. Eigentlich bin ich schwindelfrei (außer in meinen Träumen;-), aber hier bin auch ich erst ‘mal sehr vorsichtig bis vorne zur Glasscheibe geschlichen, um einen Blick senkrecht nach unten zu riskieren… 😉

Bei der Weiterfahrt oben erreicht man schnell die Baumgrenze und riesige, schneebedeckte Ebenen tun sich auf; das wilde, einsame Land mit nur spärlicher Vegetation macht einen großen Eindruck auf mich.

Hier gibt‘s kaum Verkehr; in der ersten Stunde kam weder ein Fahrzeug entgegen, noch sah ich eines hinter mir. Der Schnee lag teilweise so hoch, dass die Straße auf beiden Seiten von weißen Wänden umgeben ist.

Der Abstieg war, abgesehen von der fahrerischen Seite, ebenso spannend; je mehr Höhenmeter man verliert, desto mehr Sennhütten sieht man; Schafe, Büsche, Bäche, Wasserfälle und auch Bäume beleben wieder das Bild, und man fährt in den Frühling und in den Sommer zurück.

Schließlich erreichte ich den kleinen Ort Lærdal, am gleichnamigen Fjord. Hier habe ich etwas eingekauft und auch gleich getankt, danach ging es auf einen kurzen Abstecher nach Borgund, denn dort gibt‘s wieder eine wirklich schöne Stabkirche zu bewundern.

Nachdem ich die Kirche ausgiebig von außen fotografiert habe (der Eintritt von umgerechnet 8 EUR für das Kircheninnere schien mir einfach zu hoch!), fuhr ich zurück nach Lærdal und weiter nach Fodnes. Dort ging‘s auf eine Fähre nach Manheller und weiter, Richtung Nordosten, Richtung Lom, meinem heutigen Etappenziel.

Die Fahrt bis zum zweiten Fjell, dem Sognefjellet, führte an mehreren Fjorden entlang; auch hier beeindruckt mich immer wieder die großartige norwegische Landschaft. Manchmal denkt man, kitschiger geht‘s nicht mehr, aber in Wirklichkeit genießt man es natürlich!

Nach einer kurzen Kaffeepause in Skjolden, direkt am Fjord, machte ich mich dann auf den Weg zum zweiten Aufstieg an diesem Tag, der aber etwas moderater verlief als der erste.

Das Sognefjellet selbst erschien mir dagegen noch schöner, noch abenteuerlicher als das erste! Ich hielt gefühlte tausendmal an, um zu fotografieren und die Landschaft zu genießen. Bei treuer Begleiter Bart, der in der Getränkedose meines Wohnmobils lebt und sich eigentlich immer vornehm zurückhält, sprang sofort aus dem Auto und hatte, ruck zuck, einen kleinen (etwas abstrakten) Schneemann gebaut… 😉

Von hier aus hat man auch viele schöne Ausblicke auf das Jotunheim-Massiv, in dem die bizarrsten und höchsten Gipfel Norwegens beisammenstehen. Übrigens, es war keineswegs kalt dort oben, auch nicht auf dem Aurlandsfjellet; ich schätze, es waren so 14 bis 18 Grad.

Bei 1434 Meter über dem Meeresspiegel erreichte ich die höchste Stelle der Bergstraße, den Fantestein-Pass; hier herrschte ordentlich Betrieb, denn ein Berghotel zieht hier viele Skifahrer an, die die unzähligen Loipen bevölkern.

Nach dem Abstieg, der wieder ausgesprochen kurzweilig und so ganz anders als der erste war, erreichte ich dann gegen Abend endlich den etwas größeren und lebhafteren Ort Lom, sah mir dort zum wiederholten Mal eine Stabkirche an, und steuerte dann einen in meinem Reiseführer aufgeführten Übernachtungsplatz an, einem absolut einfachen und einsamen Schotterplatz (man könnte auch Schrottplatz sagen) an einem kleinen Fluß, etwas abseits der Straße. Auch hier stand ich, neben einem auf der gegenüberliegenden Seite abgestellten Wohnwagen, völlig allein und ruhig, um den schönen Abend bei einem (oder zwei?) kühlen Bier zu genießen.

Ich hatte einen zwar anstrengenden, aber ausgesprochen schönen Fahrtag hinter mir…

2 thoughts on “Winterreise nach Lom”

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