Ich hatte mich schon fast darauf gefreut, Riga wieder zu verlassen, ohne einen einzigen Cent für den WoMo-Stellplatz zahlen zu müssen, aber das war leider ‘mal gar nix… 😉

Ich fuhr, nachdem ich alles für die Abfahrt vorbereitet hatte, auf die andere Seite des Platzes, um Abwasser abzulassen und Frischwasser zu tanken. Das bemerkte natürlich der russische, freundliche Wachmann, den ich ja schon vorgestern kennengelernt hatte, und kam zu mir. Er sagte mir, dass der Chef sich jetzt wieder „irgendwo“ in der Anlage aufhalten würde, und wenn er (der Wachmann) mich jetzt abfahren lassen würde, ohne dass ich etwas zahle, würde er möglicherweise große Probleme bekommen, wenn der Chef das zufällig mitbekäme! Hmm, das leuchtet irgendwie ein, obwohl mir eigentlich klar war, dass der Wachdienst nun wirklich rein gar nichts mit dem WoMo-Betrieb zu tun haben konnte.

Er nannte mir einen Betrag von 20,- EUR, der für mich völlig ok war. Zwei Übernachtungen, direkt in der Hauptstadt, inklusive Strom,  Ver- und Entsorgung… Dagegen ist wirklich nichts einzuwenden. Als ich allerdings eine Rechnung oder eine Quittung verlangte, entglitten ihm fast die Gesichtszüge! Aha, so war das also…! Sollte dieses freundliche Schlitzohr etwa vorgehabt haben, das Geld auf Nimmerwiedersehen in seine eigenen Tasche verschwinden zu lassen…?

Naja, jedenfalls erklärte sich sich nach langem Zögern endlich bereit, den Chef zu suchen, damit der einen Beleg ausstellen konnte. Das dauerte geschlagene 25 Minuten, ich wollte schon wieder fast vom Hof fahren! Diese Zeit hätte möglicherweise sogar gereicht, den Chef anzurufen und ihn zu bitten, herzukommen; durch die riesige Halle mit den vielen Nebengebäuden hätte ich das eventuell gar nicht mitbekommen.

Schließlich kam er doch noch mit einer Art Kassenzettel zurück, den ich kurz prüfte, dann übergab ich ihm einen 20-Euro-Schein. Er hatte immer noch einen recht traurigen Gesichtsausdruck, als ich den Platz verließ… 😉

Jetzt fuhr ich zuerst ‘mal eine Tankstelle an, denn ich hatte nur noch ein paar Liter Diesel im Tank. Mein erster Tankvorgang im Baltikum verlief absolut problemlos; hier ist es üblich, dass man an der Tanksäule über einen Automaten mit ec- oder Kreditkarte zahlt. Der Preis von 109,9 Cents pro Liter ging ebenfalls in Ordnung.

Heute wollte ich einfach nur in Richtung Tallinn fahren, also um die Bucht herum nach Norden, und sehen, wie weit ich kommen würde. Allerdings wollte ich vorher noch das Lettische Freilichtmuseum besuchen, das in einem Waldgebiet am Jugla-See, ganz in der Nähe von Riga und sogar auf meiner Strecke gelegen. Ich wusste nicht besonders viel über dieses Museum, aber es sollte eines der größten seiner Art in Europa sein.

Auf der relativ kurzen Strecke von der Tanke zum Freilichtmuseum musste ich schon wieder den ersten Schneeschauer über mich ergehen lassen; na, das fing ja wieder toll an! Andererseits freute ich mich aber riesig, dass ich Riga jetzt bereits hinter mir hatte und das Wetter während dieser anderthalb Tage wirklich super war!

Auf dem Parkplatz angekommen, bekam ich gerade noch mit, wie ein supermoderner Bus mit französischem Kennzeichen gerade abfuhr, ansonsten war der Platz natürlich wieder ‘mal wie leergefegt! Dieses „Phänomen“ zog sich ja nun schon wie ein roter Faden durch meine gesamte bisherige Reise, und ich ahnte, dass sich das während der restlichen Tage wohl kaum ändern würde…

Die Dame in dem kleinen Kassenhäuschen begrüßte mich fast überschwänglich und sehr warmherzig; kein Wunder, wenn man während dieser Jahreszeit kaum Gäste zu sehen bekommt… 😉 Der Eintritt mit 2,- EUR war wieder einmal mehr als günstig!

Es folgen kommentarlos ein paar Fotos von der riesigen Anlage, um euch einen kleinen Eindruck zu vermitteln, wie es dort aussieht. Hier erkennt man auch, was mir am wenigsten gefallen hat, nämlich die Abwesenheit von Besuchern! Ich habe doch tatsächlichen keinen einzige anderen Menschen gesehen, abgesehen von drei oder vier Angestellten, die dort Wege oder andere Dinge instandsetzten oder sich sonst wie betätigten. Während der Hälfte meines Aufenthalts regnete es leicht, aber der Himmel war die gesamte Zeit über derart wolkenverhangen, dass eine irgendwie düstere Stimmung in mir aufkam; ich schlenderte irgendwann nur noch mehr oder weniger lustlos durch den weitläufigen Wald und war dann tatsächlich sogar ein wenig froh, als ich endlich „durch“ war. Im Sommer muss es hier fantastisch sein, wenn hier bei schönem Wetter viele Menschen, vor allem Kinder, herumlaufen; es gibt dann jede Menge Veranstaltungen und Vorführungen, die das Ganze erst lebendig und einen ausführlichen Besuch deutlich lohnenswerter machen!

Viele Gebäude kann man auch betreten und sich dort umschauen; sie zeigen, in welchen einfachen Verhältnissen die Menschen vor noch gar nicht so langer Zeit leben mussten.

Nach meinem Besuch fuhr ich weiter in Richtung Norden; während der Fahrt geriet ich wieder von einem Schneeschauer in den nächsten!

Mein „angepeiltes“ Ziel für heute war ein kleiner Ort namens Salacgrīva, direkt an der Rigaer Bucht. Etwas nördlich des Ortes bietet ein kleines Hotel mit Restaurant auch Wohnmobilstellplätze hinter dem Haus an. Mein Neffe wohnte in diesem Hotel vor ein paar Jahren für einige Wochen, um in der Nähe eine Installation seiner Firma zu betreuen; daher kam ich auf diesen Ort!

Am Empfang erwartete mich eine Dame, bei deren Anblick ich sofort innerlich schmunzeln musste! Eine sehr strenge Frisur mit schwarzen, akkurat hochgesteckten Haaren, blasse Haut, dazu ein knallroter Lippenstift, von dem ich meinen Blick kaum abwenden konnte, dazu recht elegante Kleidung und ein ziemlich aufdringliches Parfum! Auch sie hatte wieder diesen unüberhörbar russischen Akzent, und irgendwie erwischte ich mich dabei, es schade zu finden, dass sie keine russische Uniform trug!

Das Einchecken kam mir mir wie die Abwicklung eines Kleinkredits in der Bank! Es mussten Ausweise vorgelegt, einige Fragen beantwortet und mindestens tausend Formulare ausgefüllt werden! Der Knall ihres unvermeidlichen Stempels, der mehrere Male auf die nichts ahnenden Papierbögen niedersauste, sowie das quietschende Geräusch eines vorsintflutlichen Lochers, bei dem man jedesmal zusammenzuckte, klingen immer noch in meinen Ohren… 😉

Schließlich war aber doch alles erledigt und ich musste 20 Euro bezahlen; ‘ne Menge Geld, wenn man bedenkt, dass es sich bei dem Platz hinter dem Haus eigentlich nur um eine nasse, matschige Wiese mit herrlicher Aussicht auf… Nichts handelte! Ok, Nichts ist nicht ganz richtig; nachdem ich das Fahrzeug abgestellt und mir einen Kaffee gemacht hatte, durfte ich den Rest des Tages, bis es schließlich zu dunkel war, dem Schnee beim Rieseln zuschauen… 😉

Hatte ich schon erwähnt, dass ich der einzige Gast auf dem Platz bin?

3 thoughts on “Leise rieselt der Schnee…”

  1. Mensch, Wolfgang, bei Dir kann man auf den WoMo-Geschmack kommen. Unser Bild von europäischen Campingplätzen war bisher bestimmt von überlaufenen, mitunter auch 'prollgesättigten' Plätzen rund ums Mittelmeer – aber es gibt ja auch die Orte, die nicht so Massentourismuskompatibel sind!

    Die Unabhängigkeit, die man mit so einem Gefährt hat, die haben wir besonders in Neuseeland kennengelernt, wo 1998 und 2005 der touristische Andrang auch noch nicht so groß war wie heute und man mitunter völlig alleine in berauschender Natur stand. Ist heute sicherlich auch nicht mehr so…

    Uns kanns gar nicht naturnah und einsam genug sein 😉

    Bernd

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