Heute klappte es ’mal wieder mit dem Aufstehen um Punkt 07:30 Uhr! Nach dem Frühstück mussten zusätzlich zu den täglichen Routinearbeiten erst ’mal ein paar fällige Kleinigkeiten erledigt werden; unter anderem holte ich die Reisenotizen der letzten beiden Tage nach, zu denen ich gestern Abend keine Lust mehr hatte. Außerdem musste ich nach entsprechenden Kontrollen etwas Motoröl und ’ne ganze Menge Scheibenwischwasser nachfüllen sowie wieder einmal mein Chemie-WC entleeren.

Ich befinde mich nach wie vor auf dem Wohnmobilstellplatz am Südhafen von Peenemünde, ganz im Norden der Ostseeinsel Usedom gelegen. Ich hatte, wie ja schon angedeutet, noch ’mal um eine weitere Nacht verlängert, werde also insgesamt drei Tage hier verbracht haben, wenn ich morgen weiterfahre.

Nachdem ich gestern das Marine- und Flugplatzmuseum Peenemünde, das ehemaliges Kriegsschiff Hans Beimler sowie das russische U-Boot 461 besichtigt hatte, war heute nun endlich die große Anlage mit dem Kraftwerk dran: Das Historisch-Technische Museum Peenemünde bildet eindeutig den touristischen Mittelpunkt des Orts! Es verfügt über eine 5.000 qm große Innenausstellungen zur Geschichte Peenemündes und der militärischen und zivilen Raketenentwicklung sowie ein riesiges, 120.000 qm großes Außengelände mit zahlreichen Exponaten. Der Eintritt beträgt 9 Euro, dazu kommt noch ein „Extra-Taler“, wenn man auf die Aussichtsplattform auf dem Dach des Kraftwerks fahren will, was ich natürlich auch vorhatte. Links auf dem nächsten Foto sieht man die Kranbahn und den Schrägaufzug der Bekohlungsanlage, rechts das eigentliche Kraftwerk.

Peenemünde ist als „Wiege der Raumfahrt“ selbst international bekannt, denn hier wurden die erste einsatzfähige Trägerrakete sowie zahlreiche andere Flugobjekte entwickelt und getestet. In meinem Reiseführer hatte ich gestern Abend aber noch eine weitere, interessante Information entdeckt: Der einst einsame Ort hat nämlich auch schon früher ’mal Geschichte geschrieben! Im Jahr 1630 fand hier die Seelandung des Invasionsheeres unter dem schwedischen König Gustav Adolf statt, der damit entscheidend in den Dreißigjährigen Krieg eingriff und nachfolgend weite Teile deutscher Gebiete und auch ganz Pommern besetzte.

Ich muss zugeben, bisher wusste ich nicht allzu viel über Peenemünde, das Wichtigste hatte ich mir vor ein paar Tagen noch mit Hilfe meines Reiseführers und einiger Recherchen im Internet angeeignet. Aber einen ganz bestimmten Begriff verbinde ich schon seit meiner Jugendzeit mit dem Namen dieses Ortes, nämlich die Abkürzung V2!

1936 begannen die Arbeiten zur Errichtung der Heeresversuchsanstalt Peenemünde, ab 1938 gesellte sich die Erprobungsstelle der Luftwaffe dazu. Die Heeresversuchsanstalt beschäftigte sich vorrangig mit dem Bau von Flüssigkeitsraketen, um eine militärische Anwendung als Trägermittel zu ermöglichen. Weltbekannt ist die A4 (für „Aggregat 4“), die erste einsatzfähige Trägerrakete mit einem Sprengkopf von einer Tonne! Die Nazis verwendeten allerdings den Propagandanamen V2, für „Vergeltungswaffe 2“. Die V1, ein Marschflugkörper mit der technischen Bezeichnung Fi–103, wurde ebenfalls hier getestet, allerdings von der Erprobungsstelle der Luftwaffe.

Auch wenn es sich bei diesem Exponat nur um einen Nachbau der Rakete (bei dem allerdings einige Originalteile verwendet wurden) handelt, war ich doch sehr beeindruckt und angesichts der verheerenden Hintergründe vielleicht auch ein wenig eingeschüchert, als ich nun, zum allerersten Mal in meinem Leben, vor so einem „Monster“ stand!

Ein ehemaliger Triebzug der Werkbahn. Sie wurde für den täglichen Transport der Beschäftigten und Angehörigen eingesetzt. Zehntausende Zwangsarbeiter, Kriegsgefangene und KZ-Häftlinge, von denen eine große Anzahl in dieser Waffenschmiede ums Leben kam, mussten hier „schuften“.

Die sogenannte „Walterschleuder“ steht seit 2006 vor dem Museum. Auf ihr wurde der Nachbau einer Flugbombe vom Typ Fieseler Fi 103 platziert.

Das Kraftwerk selbst ist das letzte vollständig vorhandene Gebäude der Versuchsanstalten Peenemünde und vermittelt den industriellen Charakter des Arbeitens innerhalb der Rüstungsprojekte. Das gesamte Gebäude ist als frei begehbares Denkmal konzipiert. An interaktiven Medienstationen werden Aufbau und Funktion des Kraftwerks anschaulich dargestellt. Im Kesselhaus befindet sich zudem eine Ausstellung über die Geschichte des Kraftwerks, den Bau und die Nutzung bis zum Jahr 1990.

Dies ist der Original-Motor samt verbogenem Propeller des in den Kölpinsee abgestürzten Lancaster-Bombers DV 202 in der Dauerausstellung des Museums. Die von der Firma Avro gebauten Flugzeuge wurden ab 1942 bei der Royal Air Force in Dienst gestellt.

Wow, „Raketenschach“ – was es nicht alles gibt…

Ein gläserner Aufzug führt zu der bereits weiter oben erwähnten Aussichtsplattform auf dem Dach des Kraftwerks. Von dort erhalten Besucher in einer Höhe von immerhin 30 m einen Eindruck von den räumlichen Dimensionen der ehemaligen Rüstungsanlagen, von der Komplexität und Monstrosität des Projekts Peenemünde, den die Ausstellungen natürlich nur andeuten können.

Außerdem hat man natürlich eine fantastische Sicht auf das Gelände um den Südhafen von Peenemünde. Auf den folgenden Fotos sieht man das ebenfalls schon erwähnte Marinemuseum, das Kriegsschiff sowie das von hier aus schon halb verrostet wirkende U-Boot.

Ganz rechts auf diesem Foto beginnt der Wohnmobilstellplatz, auf dem auch meine „Hannelore“ wartet. Im Hintergrund liegt der Hafen von Kröslin, das bereits auf dem Festland liegt.

Dieser Besuch hat sich definitiv gelohnt, finde ich! Auch hier könnte man sich natürlich stunden- oder gar tagelang aufhalten, wenn man denn wirklich alles ansehen möchte! Selbst die Erläuterungen des Audio-Guides sind so umfangreich, dass man nur sehr langsam vorankommen würde, wenn man nichts auslassen möchte! Sollte ich zufällig irgendwann noch einmal in dieser Gegen sein, könnte ich mir leicht vorstellen, diese Anlage noch einmal zu besuchen! Das relativ geringe Eintrittsgeld ist das allemal wert…

Nach diesem interessanten Vormittag ging es zunächst ’mal zurück zum Wohnmobil, wo ich eine gemütliche Mittagspause einlegte; ist schon toll, wenn man sein „trautes Heim“ immer dabei hat… 😉

Am Nachmittag war dann wieder eine schöne Radtour dran, während der sich sogar das bisher recht miese Wetter deutlich besserte! Es ging zum einen zum Flugplatz, zum anderem zum Nordhafen, der als Yachthafen ausgebaut ist.

Auf dem Flugplatz von Peenemünde warten kleine Sportmaschinen auf Gäste für einen Rundflug. Dort beginnt auch eine einzigartige Rundfahrt mit einem Kleinbus zu den historisch wichtigen Orten Peenemündes. Als ich dort eintraf, war hier allerdings so gut wie gar nichts los und demzufolge auch nichts Besonderes zum Anschauen. Die Rundfahrt ist übrigens die einzige Möglichkeit, die für Besucher gesperrten Bereiche östlich und nördlich des Flugplatzes zu besichtigen und führt hinter den Absperrzäunen über den Flugplatz und die alten Raketenschießstände und Versuchsstellungen bis an den Strand an der Nordspitze Peenemündes. Hier sind die letzten Reste der V1-Startrampen zu besichtigen.

Nun ging es weiter zum Yachthafen, wo es mir wesentlich besser gefiel!

Ein herrliches Fleckchen Erde hier „oben“…

Schließlich machte ich mich auf den Rückweg zum Wohnmobil. Die drei Tage Aufenthalt in Peenemünde waren für mich gleichermaßen entspannt wie auch interessant! Ich war im Nachhinein sehr froh, mir hier so viel Zeit genommen zu haben, aber morgen geht es dann weiter: Usedom hat natürlich noch so einiges mehr zu bieten…

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