Heute ist ein ganz besonderer Tag für mich!

Ich bin jetzt auf einem Campingplatz in Santiago de Compostela, der Hauptstadt der Autonomen Gemeinschaft Galicien, und ich bleibe noch zwei weitere volle Tage hier! Bekannt ist die Stadt vor allem als Endpunkt des Jakobswegs (spanisch Camino de Santiago) und als vermeintlicher Begräbnisort des biblischen Apostels Jakobus, dessen sterbliche Überreste in der 1211 eingeweihten Catedral de Santiago de Compostela aufbewahrt sein sollen.

Irgendwie habe ich das eigenartige Gefühl, das auch ich mich bisher auf meinem ganz eigenen Jakobsweg befunden habe! Klar, ich bin weder hierher gewandert oder mit dem Rad gefahren, noch bin ich, wie es auch häufig vorkommt, mit dem Bus oder mit dem PKW unterwegs gewesen oder gar hergeritten! Auch habe ich mich nicht am Camino Francés (dem französischem Weg) orientiert, der klassischen 800-km-Route von der französischen Stadt Saint-Jean-Pied-de-Port nach Santiago de Compostela, sondern meine Strecke führte überwiegend an der nordspanischen Atlantikküste entlang. Und natürlich mit dem Wohnmobil!

Trotzdem begegnete mir auf den bisherigen sechs Wochen das Thema „Jakobsweg“ natürlich immer wieder, in vielerlei Beziehung! Teile seiner nördlichen Variante bin ich sogar selbst gefahren oder gewandert, und das inoffizielle Ende des Jakobswegs am Kap Finisterre habe ich vor ein paar Tagen ja auch bereits besucht! Um so glücklicher bin ich jetzt, dass dieser Teil meiner Reise jetzt tatsächlich hier in Santiago de Compostela endet: Dies ist meine letzte Station in Spanien, danach geht es endgültig „runter“ nach Portugal!

Meine Fahrt von Noia bis hierher verlief überwiegend auf einer autobahnähnlichen Straße, ganz entspannt und bei wunderschönem Wetter; am Himmel entdeckte ich nicht das kleinste Wölkchen! Am späten Vormittag traf ich auf dem Campingplatz Camping As Cancelas im Nordosten des Stadtzentrums ein, den ich schon vor ein paar Tagen in verschiedenen Camping-Apps gefunden hatte.

Ich muss sagen, auf diesen Platz war ich sehr gespannt! Der Grund dafür waren ungewöhnlich viele Rezensionen von Campern, die von einem Besuch abrieten. Hauptgründe dafür waren unter anderem eine angeblich extrem steile Auffahrt, viele zu enge Stellplätze, veraltete und schmutzige Sanitäranlagen und obendrein auch noch sehr unfreundliches Personal! Ich bin bei solchen Aussagen immer sehr vorsichtig, weiß ich doch genau, was für schräge Typen es eben auch unter Campern gibt! Da der Platz aber „strategisch“ sehr gut lag, hatte ich ihn trotzdem ausgewählt!

Was soll ich sagen, rein gar nichts von diesen negativen Eigenschaften traf tatsächlich zu! Ich wurde, wie eigentlich immer, super freundlich und respektvoll empfangen, das Einchecken verlief schnell und unkompliziert. Die Sanitärgebäude präsentierten sich bei einer ersten kleinen Inspektion blitzsauber, von „in die Jahre gekommen“ überhaupt keine Spur! Den Platz selbst fand ich einfach super: Die Parzellen hatten normale Größe, die einzelnen Reihen waren etagenförmig angelegt und man stand mit wenigen Ausnahmen unter großen Bäumen, die reichlich Schatten spendeten! Und ja, die Auffahrt von der Straße auf das Gelände ist in der Tat ein wenig steil, aber wer damit echte Probleme hat, dem spreche ich die Beherrschung seines Fahrzeugs sowieso weitestgehend ab!

Zu Mittag gab’s einen leckeren Salat, danach ein kurzes Schläfchen. Am Nachmittag unternahm ich dann die erste Erkundungstour mit dem Rad. Obwohl mein eigentlicher Besuch erst für morgen vorgesehen war, konnte ich es einfach nicht erwarten, heute noch den großen Platz vor der Kathedrale aufzusuchen; darauf war ich seit Wochen und Monaten gespannt…

In Santiago geht es recht hügelig zu, die daraus resultieren Steigungen und Gefälle, die zum Zentrum (und zurück) zu überwinden waren, machten mir allerdings nichts aus. Schon kurze Zeit später erreichte ich den Bereich um die Altstadt, die 1985 zusammen mit ihren zahlreichen antiken Gebäuden, den beliebten engen Straßen und Gassen und natürlich der Kathedrale zum UNESCO-Weltkulturerbe erklärt wurde! Ich bin übrigens sehr stolz darauf, sagen zu dürfen, dass ich auf meinen bisherigen Reisen bereits mehr als 90 solcher Kultur- und Naturerbestätten besuchen durfte! Ich hoffe sehr, es werden noch viele weitere dazukommen…

Ich passierte, hier bereits das Fahrrad schiebend, zunächst dieses imposante Gebäude, das ehemalige Benediktinerkloster San Martiño Pinario, das zweitgrößte Spaniens.

Jetzt befand ich mich im unmittelbaren Umfeld der berühmten Kathedrale. Ich benötigte eine ganze Weile, um den großen Platz davor, die Praza do Obradoiro zu erreichen, denn plötzlich gab’s hier nur noch unendlich viele Stufen, die hinauf oder hinunter führten! Nicht ’mal Rampen für Rollstuhlfahrer bzw. -fahrerinnen konnte ich entdecken. Schließlich war es aber dann doch soweit…

Die Catedral de Santiago de Compostela! Durch die bischöfliche und päpstliche Anerkennung der aufgefundenen Gebeine als Reliquien des Jakobus gilt sie als Grabeskirche des Apostels Jakobus. Die armenische Jakobskathedrale in Jerusalem beansprucht aber, im Besitz des Schädels des Apostels zu sein.

Hier war ausnahmsweise auch ’mal ein Selfie fällig! Es war heute so warm, dass ich nach meiner kleinen „Tour de Hügel“ fast ebenso verschwitzt aussah wie die vielen Pilger, die minütlich hier auf dem Platz eintrudelten! Bin aber ziemlich sicher, dass man mich wohl nicht für einen solchen gehalten hatte… 😉

Das Treiben vor der Kirche zu beschreiben, fällt mir an dieser Stelle recht schwer! Zum einen war es unglaublich laut, einerseits durch die fast euphorisch gestimmte Menschen, andererseits aber auch durch ziemlich nervendes Baugeräusch, denn hier wurde mitten auf dem Platz ein monströses Gerüst aufgestellt, vermutlich für eine kommende Veranstaltung.

Zum anderen aber berührten mich die vielen Menschen, die nach ihren tage- oder wochenlangen Strapazen hier endlich ihr langersehntes Ziel erreicht hatten! Einige von ihnen waren derart übermutig, ausgelassen, fröhlich und überschwänglich, dass ich mich unwillkürlich mit ihnen freuen musste, ob ich nun wollte oder nicht! Mehr als einmal hatte ich kleine Tränchen zu verdrücken, wenn ich solche Szenen beobachtete! Andere wiederum saßen ganz in sich gekehrt einfach auf dem Boden und verharrten dort minutenlang völlig regungslos. Man kaum sich kaum vorstellen, was in all diesen Menschen vorging; ich muss gestehen, dass ich sie in diesen Momenten allesamt beneidete!

Ich blieb hier etwa 30 Minuten lang, würde es allerdings wohl noch so einige Stunden aushalten können. Aber morgen ist ja auch noch ein Tag! Ich schlenderte daher nun durch einige Gassen, allesamt sehr belebt und einladend, und wunderte mich über die unzähligen Restaurants, Cafés und Geschäfte! Die vielen Besucher „schnatterten“ um die Wette, als ob’s kein Morgen gäbe! Was es in den ebenfalls zahlreich vertretenen Andenkenläden hauptsächlich zu kaufen gab, hatte natürlich meist mit dem Jakobsweg zu tun; einen hübschen Fotomagneten zu finden, war ebenfalls kein Problem!

Immer wieder traf ich aber auch auf kleine „Oasen“, sehr gepflegt wirkende Mini-Parks, in denen es deutlich ruhiger zuging

Danach fuhr ich aber endgültig zurück zum Campingplatz, wo ich gegen 17:20 Uhr eintraf. Inzwischen waren viele weitere Camper eingetroffen, der Platz war meiner Ansicht nach jetzt wohl fast komplett belegt! Ich machte es mir gemütlich, aß später zu Abend und saß dann noch sehr lange draußen! Vor dem Schlafengehen schaute ich mir noch die letzte Folge der 3. Staffel von Fargo an.

2 thoughts on “Mein Jakobsweg nach Santiago de Compostela”

  1. Hallo Wolfgang,
    nicht nur du, auch deine Hannelore kann für sich nun behaupten, mehr oder weniger, das Jakobswegabenteuer bestanden zu haben. Schön für dich und dein WoMo das sich die negativen Bewertungen des Campingplatzes als falsch erwiesen, schon komisch ! Endlich mal Wolfgangwetter und ein seltenes Selfie dazu …. Schön 🙂 Tolle Streetfotos der Pilger, besonders der junge Mann mit seiner Partnerin welche er in den Himmel reckt. Ein guten Rutsch ins 2024 wünsche ich dir !
    LG Roland

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert