Heute ist es endlich soweit: Es ist kurz nach 22 Uhr, und ich sitze in meiner kleinen, aber feinen Kabine auf der W.B. Yeats, einer Fähre der irischen Reederei Irish Ferries, die mich und mein Wohnmobil hoffentlich sicher von Frankreich nach Irland bringen wird! Meine 10-tägige Anreise von zuhause bis nach Cherbourg in der Normandie liegt jetzt hinter mir; damit ist das erste Drittel meiner Irlandreise wie erwartet planmäßig beendet! Das Schiff hat relativ pünktlich um 16:30 Uhr abgelegt und soll morgen, nach gut 19 Stunden, gegen 10:45 Uhr Ortszeit (11:45 Uhr MEZ) in Dublin anlegen.

Am Vormittag konnte ich mir wieder viel Zeit lassen! Was ich auch sehr genossen habe, denn in den letzten Tagen hieß es ja immer, morgens fahren zu müssen und nachmittags die nächste Stadt mit dem Fahrrad zu erkunden! Nicht, dass mir das zu stressig war, aber ein etwas weniger straffer Zeitplan nach dieser spannenden und abwechslungsreichen Anreise tat natürlich sehr gut. Insofern war meine Planung, schon einen Tag vor der Abreise hier in Cherbourg einzutreffen, „goldrichtig“!

Nach dem Frühstück unternahm ich noch einmal eine kleine Radtour. Dabei passierte ich erneut die Tankstelle, an der ich später volltanken wollte. Der Dieselpreis lag, wie auch schon gestern, bei 1,854 EUR pro Liter; nicht gerade der „Schnapper“, aber, wie schon erwähnt, in Irland liegen die Preise zurzeit sogar noch etwas höher! Vor den Toren von Irish Ferries, an denen ich ebenfalls wieder vorbei kam, stand jetzt, gegen 9 Uhr, noch niemand und wartete…

Langsam kehrte ich zum Wohnmobil zurück und bereitete mich dann später auf die Abfahrt vor. Ich packte meine „Siebensachen“, die ich mit auf die Kabine nehmen wollte, in einen kleinen Rucksack und verließ dann um etwa 12 Uhr den kostenlosen Wohnmobilparkplatz im Hafen. Der geplante Tankstopp war natürlich schnell erledigt. Ich nutze gleich die Gelegenheit, auch meinen Reservekanister in den Tank zu entleeren, das ist auf dieser Fährpassage nämlich so vorgeschrieben! Danach ging es direkt zum Wartebereich von Irish Ferries. Nun standen dort immerhin schon drei Fahrzeuge, zwei Wohnmobile und ein PKW; kurze Zeit später wurde es voller…

Jetzt hatte ich natürlich noch reichlich Zeit, die Tore würden laut Aushang ja erst um 14 Uhr öffnen. Ich stieg also aus, sah mich gründlich auf dem ganzen Gelände um und machte einige Fotos.

In einem Kombi mit Kennzeichen aus Kassel saß, bei geöffneter Fahrertür, eine Frau mit „lustigen“ Dreadlocks und las in einem Buch. Als ich vorbeiging, sah sie kurz auf und blickte mich freundlich an. Wir kamen ins Gespräch, und so erfuhr ich, dass sie eigentlich eine andere Fähre gebucht hatte, die aber leider ausgefallen war. Sie wollte fünf Monate in Irland bleiben und in ihrem Van wohnen. Oh je, so lange Zeit in dieser winzigen „Konservendose“? Dagegen war „Hannelore“ ja das reinste 5-Sterne-Luxus-Hotel… 😉 Erst heute Morgen hatte sie sich tränenreich von ihrer 19-jährigen Tochter verabschiedet, die jetzt als Au Pair nach New York fliegt. Beide hatten zusammen ein paar Tage hier in Nordfrankreich verbracht, die Tochter lebte vorher 8 Monate in England.

Ich unterhielt mich recht lange mit der sympathischen Lady. Wir verabschiedeten uns mit der Erkenntnis, dass wir uns auf der Fähre sicher noch das eine oder andere Mal über den Weg laufen würden. Ich kehrte zurück zum Wohnmobil und entschied kurzerhand, dass noch ausreichend Zeit für einen „winzigen“ powernap blieb. Ich stelle meinen Wecker auf 13:30 Uhr.

Nach dieser kurzen Ruhephase ging es auch schon sofort los, die Tore öffneten nämlich deutlich vor 14 Uhr! Das Einchecken an drei geöffneten Schalten verlief überaus zügig. Man fuhr dann direkt in den nächsten Wartebereich, denn die bereits eingetroffene Fähre musste ja zunächst entladen werden!

Von meiner Position aus hatte ich einen recht guten Blick auf die Fahrzeuge, die das Schiff verließen. Es ist schier unglaublich, welche Kapazität solche Fähren haben: Insgesamt 165 LKW und sage und schreibe 1.216 PKW passen auf das riesige Schiff; das Entladen schien überhaupt kein Ende zu nehmen…

Schließlich war es dann aber doch soweit! Um etwa 15 Uhr wurden zuerst alle PKW „verarbeitet“, dann kamen die Wohnmobile dran. Ich staunte nicht schlecht, als einer der Einweiser ausgerechnet mich aufforderte, auf das Schiff zu fahren! Warum „ausgerechnet“? Nun, es gab insgesamt drei lange Warteschlangen mit Wohnmobilen, und ich befand mich in der mittleren, und noch nicht einmal in der vordersten Position: Vor mir standen noch drei weitere Wohnmobile, und die mussten zuncäsgt ein Stück vor und dann zur Seite fahren! Das kam mir natürlich sehr eigenartig vor; ich dachte schon, hier würde jetzt mit Sicherheit irgendein ganz „übles“ Problem auf mich zukommen!

Erfreulicherweise war dies nicht der Fall! Ich durfte tatsächlich auf’s Schiff, man winkte mich einmal komplett durch den Schiffsrumpf hindurch bis nach ganz hinten (die Einfahrt erfolgte über den Bug). Ich befürchte zunächst, in Dublin würde ich die Fähre wohl erst als 1.381stes Fahrzeug verlassen dürfen (bitte nachrechnen!), aber die Tatsache, dass mein WoMo mit der Front direkt vor der riesigen Heckklappe stand, versöhnte mich wieder! Ich würde vermutlich sogar als Erster das Schiff wieder verlassen können! Ich freute mich „wie Bolle“ über diese Sonderbehandlung, die ich auf einer Fährpassage vorher noch niemals erlebt hatte. Über die Gründe dafür rätsele ich noch heute… 😉

Durch diesen Glücksfall konnte ich das Autodeck schnell verlassen. Ich fuhr mit einem Fahrstuhl nach oben und suchte zunächst meine Kabine auf; die zum Öffnen der Tür benötigte Chipkarte hatte ich bereits beim Einchecken am Schalter erhalten. Die Kabine war völlig ok! Alles, was ich brauchte, war vorhanden, natürlich auch ein kleines Bad mit Dusche. Ich stellte meinen Rucksack ab und begab mich dann, mit einem heißen Kaffee „bewaffnet“, sofort auf das Außendeck, um bei der restlichen Verladung der Fahrzeuge und beim Ablegen des großen Schiffs zuzusehen.

Gegenüber hatte die Enchanted Princess festgemacht, ein neues Kreuzfahrtschiff der Reederei Princess Cruices, das seine Jungfernfahrt zum einen wegen einiger Verzögerungen beim Bau, zum anderen wegen der späteren Beschränkungen durch die Corona-Pandemie erst im November des vorigen Jahres absolviert hatte.

Gestern lag an diesem Anleger, am Quai de France, noch die Le Commandant Charcot, ebenfalls ein Kreuzfahrer, allerdings mit ca. 150 m Länge noch nicht einmal halb so lang. Sie hatte jetzt einen neuen Liegeplatz (Quai de Normandie), direkt hinter „meiner“ Fähre.

Nachdem das letzte Fahrzeug verladen war, dauerte es nicht mehr sehr lange, da merkte man an den stetig lauter werden Motorgeräuschen und am heftigen Vibrieren, dass die Fähre nun endgültig ablegen würde. Hier ein paar Fotos von diesen spannenden Momenten…

Nachdem der Hafen fast außer Sicht war, hielt ich mich noch kurz auf dem Außendeck auf, danach ging ich nach drinnen, um mir nun endlich das Schiff selbst und seine Einrichtungen genauer ansehen zu können.

Die nach einem der wichtigsten irischen Schriftsteller benannte W.B. Yeats wurde in Flensburg gebaut, am 19. Januar 2018 getauft und mit einem traditionellen Stapellauf zu Wasser gelassen. Seit März 2019 wird sie zwischen Dublin und Cherbourg eingesetzt. Auf insgesamt vier Decks sind Kabinen, Restaurants und Bars für bis zu 1.885 Passagiere ausgelegt. Die Inneneinrichtung machte einen sehr guten Eindruck, manchmal vielleicht etwas nüchtern, aber immer zweckmäßig, geräumig und in durchaus gutem Zustand; immerhin war das Schiff ja auch noch relativ neu!

Zum Abendessen „verputzte“ ich mit großem Appetit eine Portion Fish & Chips, dazu gab’s ein Glas trockenen Weißwein. Die Pappverpackung ist nun eigentlich ganz und gar nicht die „feine englisch Art“, aber es geht ja schließlich auch nach Irland, nicht nach England… 😉 Aber sehr lecker war’s trotzdem; traditionell wird dazu neben Remoulade auch Erbsenpüree (mushy peas) serviert. Ingesamt musste ich 20,45 EUR zahlen.

Schon vor meiner Reise hatte ich ’mal nach „W.B. Yeats“ gegoogelt. Offenbar handelt es sich um einen überaus bedeutenden irischen Schriftsteller; die Abkürzungen bedeuten übrigens „William Butler“. Ich gestehe reumütig, dass ich diesen Namen bis vor kurzem noch nie gehört hatte! Die einzigen irischen Schriftsteller, die ich kannte, waren James Joyce, Oscar Wilde, Samuel Beckett und George Bernhard Shaw. Nun, wie heißt es doch immer so schön? Reisen bildet! Kann ich nur bestätigen… 😉

Nach dem Abendessen zog es mich noch einmal nach draußen. Ich genoss die schöne Abendsonne, allerdings wurde es dann doch recht schnell ziemlich „frisch“ und ich schaute mir den schönen Sonnenuntergang bei einem ersten, sehr leckeren Glas Guiness an; es wird sicher nicht das letzte in den nächsten Wochen sein… 😉

Nach einem letzten Rundgang auf einem der Decks traf ich noch einmal auf die Frau aus Kassel. Sie hatte keine Kabine gebucht, sondern nur einen Ruhesessel. Sie war gerade am Stricken an einem schalähnlichen Teil. Wir wechselten ein paar wenige Worte, dann zog ich mich in meine Kabine zurück. Eigentlich wollte ich mir noch den Netflix-Film Habermann mit Hannah Herzsprung und Ben Becker auf meinem Tablet anschauen, aber schon nach etwa 15 Minuten war ich dann doch so müde, das ich abschaltete und mich schlafen legte…

4 thoughts on “Auf der Fähre nach Dublin”

  1. Dieser tolle Bericht von der Fährfahrt nach Dublin lässt bei mir jetzt doch etwas Trauer hochkommen: eigentlich hatte ich diese Fähre für den 05.04. gebucht und bezahlt und musste jetzt stornieren…
    Aber jetzt freue ich mich auf jeden Tagesbericht aus Irland von Dir – dann kann ich meine Reise 2025 nach Irland noch besser vorbereiten!!
    Besonders informativ finde ich Deine tollen Hintergrundinformationen: ob Schiff, Namen oder Gebäude, Du recherchierst phantastisch!!
    Bis Morgen!!

    1. Danke für das Lob, Bernd! Das tut richtig gut; tatsächlich steckt ja hinter jedem einzelnen Beitrag immer megaviel Arbeit. Aber, wie schon oft erwähnt, es macht trotzdem noch viel Spaß und man lernt bei der Recherche sehr viel dazu. Im Grunde genieße ich jede Reise also immer zweimal, so relativieren sich ihre Kosten deutlich… 😉

      Ich kann mir natürlich sehr gut vorstellen, wie enttäuscht man sein muss, so eine Reise plötzlich stornieren zu müssen. Aber immerhin ist sie ja nur aufgeschoben, nicht aufgehoben! Und ihr habt jetzt noch viel mehr Zeit, um die Vorfreude zu genießen! 😉 Allerdings weiß ich ja, dass meine „Trostversuche“ eigentlich gar nicht nötig sind; eure positive Einstellung zu allen Dingen ist eure große Stärke…

      Danke für deinen Beitrag!

  2. Hallo Wolfgang, auch ich verfolge deinen Irlandbericht neugierig. Leider stehen bei mir Reisen in weiter Ferne. Das ist schon das 2. Jahr, in dem es nicht mal an die Ostsee geht. Um so mehr freue ich mich auf deinen weiteren Bericht über Irland. Ein Land, das ich auch gerne nochmal kennenlernen möchte. Vielleicht klappt es ja irgendwann nochmal in diesem Leben. Frohe Ostern! Andrea

    1. Danke für deinen Kommentar, liebe Andrea! Ich drück’ dir fest die Daumen, dass dein Wunsch möglichst bald in Erfüllung gehen kann! Bei mir ist die Anzahl meiner Reisen pro Jahr seit Corona leider auch drastisch zurückgegangen. Im letzten Jahr waren es gerade ’mal drei, und in diesem Jahr wird’s wohl ähnlich sein. Aber ich weiß natürlich, das ist „Jammern auf hohem Niveau“, und ich beklage mich auch nicht darüber. Dir und deiner Tochter ebenfalls noch ein frohes (Rest-)Ostern… 😉

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