Endlich hatte ich mich ’mal entschlossen, eine Wohnmobilreise in den Harz zu unternehmen! Das höchste norddeutsche Mittelgebirge stellt für mich ein ganz besonderes Reiseziel dar und stand schon lange auf meiner Wunschliste! Einerseits liegt alles Besuchenswerte schön kompakt beieinander, andererseits ist die Anreise von Pinneberg nicht besonders weit und damit sehr kostengünstig. Eine feste Reiseroute hatte ich nicht „im Gepäck“; insgesamt waren etwa drei bis vier Wochen eingeplant.

Mein erstes Ziel ist die niedersächsische Kreisstadt Goslar. Meine Anfahrt zum etwas außerhalb gelegenen Campingplatz Harz-Camp Goslar erfolgte bereits gestern, am Samstag: Nach einem „Großeinkauf“ und dem Volltanken ging es um die Mittagszeit los. Wieder waren auf der A7 etliche Baustellen zu passieren, und auch einige Staus musste ich ertragen, aber bei perfektem Wetter machte mir das nicht besonders viel aus! Ich konnte mir sowieso viel Zeit lassen, denn die ersten beiden Nächte auf dem Campingplatz hatte ich vorsorglich bereits reserviert.

Nach einer kurzen Kaffeepause auf einer Autobahnraststätte kam ich um kurz vor 17:00 Uhr an meinem Ziel an. An der Rezeption wurde ich überaus herzlich von der sympathischen Frau Steinmann, der Tochter des Campingplatzbetreibers, begrüßt. So ein warmherziger (und vor allem ehrlich gemeinter) Empfang hat heutzutage schon fast Seltenheitswert, finde ich! Ich fühlte mich sofort sehr willkommen und freute mich auf den Aufenthalt hier.

Der Platz Nr. 10 (den hatte ich bereits vor ein paar Tagen bei der Reservierung ausgewählt) war schnell bezogen, das Auffahren auf die Keile (der Platz war ein wenig abschüssig) sowie das Anschließen des Stromkabels waren ebenfalls ruckzuck erledigt, und so genoss ich nach der fast fünfstündigen Anfahrt schon kurze Zeit später mein wohlverdientes „Feierabend-Bierchen“. Später, nach dem Abendessen, plante ich grob, was (und in welcher Reihenfolge) ich mir in Goslar alles ansehen wollte. Danach schaute ich mir die erste Folge der dänischen Netflix-Serie The Rain an, die mir ganz gut gefiel. Gegen 23:00 Uhr schließlich war ich „reif für die Insel“ und ging schlafen.

Nach einer erholsamen Nacht stand ich heute gegen 07:30 Uhr wieder auf und freute mich zunächst einmal über das immer noch perfekte Wetter! Etwa eine Stunde später fuhr ich in die nur etwa 3 km entfernte Stadt und begann nach einem kurzen Einkauf in der Touristeninformation (die sogenannte HarzCard für 59 EUR, Stempelheft Harzer Wandernadel, Fotomagnet) mit meiner Stadterkundung.

Goslar wurde vor über 1.000 Jahren erstmals erwähnt. Bis 1802 besaß sie den Status einer selbständigen Reichsstadt im Heiligen Römischen Reich. Ihre Altstadt sowie das etwas weiter südlich gelegene ehemalige Erzbergwerk Rammelsberg zählen seit 1992 sogar zum Weltkulturerbe der UNESCO.

Vor dieser Reise war ich bereits zweimal in Goslar, einmal als Fünfzehnjähriger im Rahmen einer einwöchigen Klassenfahrt und das zweite Mal während eines Tagesausflugs mit dem PKW. Letzteres ist allerdings auch schon wieder 15 Jahre her! Doch eines ist mir von beiden Besuchen noch sehr deutlich in Erinnerung geblieben, nämlich die beeindruckenden Fachwerkhäuser, die hier nicht wie in vielen anderen Städten nur in einigen wenigen Straßen zu finden sind, sondern eigentlich überall in der gesamten Altstadt!

Genau darauf freute ich mich nun, und dieses Mal stand mir natürlich deutlich mehr Zeit zur Verfügung, mir alles genau anzuschauen. Beim Schreiben dieser Zeilen wird mir allerdings gerade bewusst, dass mir Fachwerkhäuser während der oben erwähnten Klassenfahrt höchstwahrscheinlich ziemlich „schnuppe“ gewesen sein könnten… 😉

Der Schuhhof ist der älteste Platz in Goslar; im Mittelalter lebten und arbeiteten hier die Schuhmacher. Er ist von stattlichen Fachwerkhäusern und den Arkaden des früheren Schuhmacher-Gildehauses umgeben.

Ein Blick in die Breite Straße. Rechts geht’s weiter zum Marktplatz…

…wo ich mich recht lange aufhielt und mir Zeit für nahezu jedes Gebäude nahm. Der Markt mit seinem Rathaus und vielen anderen, schieferverkleideten Fachwerkhäusern bildet einen der schönsten Plätze Deutschlands, so heißt es. Das Foto zeigt die Kaiserworth, das ehemalige Gildehaus der Tuchmacher aus dem Jahr 1484. Rechts ist das gotische Rathaus zu sehen, zurzeit wegen Umbau- und Sanierungsarbeiten leider geschlossen und teilweise eingerüstet.

Das Kaiserringhaus, ein ehemaliges Kämmereigebäude und heute Sitz des Hotels Schiefer, bildet die östliche Flanke des Marktplatzes und beherbergt das berühmte Glocken- und Figurenspiel; dazu später mehr.

An fast jedem Gebäude am Markt warten unzählige sehenswerte und hübsche Details auf den Besucher, wie zum Beispiel hier am Restaurant und Eiscafé Central.

In der Mitte des Platzes steht der Marktbrunnen aus dem 13. Jahrhundert mit dem vergoldeten Reichsadler, dem Symbol der Reichsfreiheit und eines der Wahrzeichen der Stadt. Dabei handelt es sich allerdings nur um eine Replik, das Original wird im Goslarer Museum ausgestellt.

Vom Markplatz aus wanderte ich in verschiedene Richtungen und staunte immer wieder über die hübschen kleinen Gassen in der Umgebung.

Etwas weiter entfernt, am Goslarer Rosentor, traf ich auf diese äußerst sehenswerten und wohlbeleibten „Herrschaften“. Die Bronzeskulpturen mit den äußerst pragmatischen Namen Mann mit Stock und Frau mit Schirm stammen vom kolumbianischen Maler und Bildhauer Fernando Botero.

Hier befand ich mich wieder in der Breiten Straße, am nordöstlichen Ende der Altstadt. Im Hintergrund ist die Sankt-Stephani-Kirche zu sehen.

Auf dem Weg zurück in die Stadtmitte kam immer wieder die Marktkirche Sankt Cosmas und Damian in den Blick; sofort auffallend sind natürlich ihre beiden ungleichen Türme. Der Nordturm kann bestiegen werden; ’mal sehen…

Dieses wunderschöne Gebäude war mir auf jeden Fall auch ein Foto wert: Die Alte Schule, eine ehemalige Realschule, beherbergt heute ein Tagespflegeheim.

Das 1521 erbaute Brusttuch ist eines der schönsten Patrizierhäuser von Goslar, heute befindet sich darin das Hotel Brusttuch. Aus irgendeinem Grund habe ich es leider versäumt, ein Foto vom gesamten Gebäude zu machen.

Das Bäckergildehaus stammt aus dem Jahr 1501. Der hübsche, auf Holzstreben vorgebaute Erker ziert das Fachwerk des Obergeschosses, das erst 1557 auf den massiven Unterbau aufgesetzt wurde.

Zur Mittagszeit fand ich mich wieder auf dem Marktplatz ein, wo ich etwas essen wollte. Dabei hatte ich das Glück, genau rechtzeitig zur Vorführung des Glocken- und Figurenspiels, das ich ja weiter oben bereits erwähnt hatte, einzutreffen; es findet viermal täglich statt.

Drei Tore öffnen sich, und ein Figurenumlauf erzählt die Geschichte des Rammelsberger Bergbaus von der Entdeckung bis zur Neuzeit. Dabei erklingt das aus der erzgebirgischen Bergstadt Freiberg stammende und in allen deutschen Bergbaurevieren beheimatete Steigerlied „Glück auf, der Steiger kommt“.

Dazu gab es ein Glas Bier sowie ein Spiegelei auf leckerem Leberkäse und Kartoffelsalat. Nichts Aufregendes, auch nicht besonders viel, aber auf jeden Fall sehr schmackhaft!

Nach einer erholsamen Pause ging es weiter, jetzt in Richtung Kaiserpfalz. Dabei überquerte ich die Abzucht, einen etwa 12 km langen Nebenfluss der Oker, der durch die Stadt fließt.

Die Kaiserpfalz hatte ich heute nur von außen fotografiert; ein Besuch ist für morgen geplant.

Das zwischen 1040 und 1050 errichtete Gebäude ist ein Muss für jeden Besucher der Stadt. Es war damals der größte Profanbau auf deutschem Boden und stellt heute ein imposantes Denkmal für das Reisekönigtum im Spätmittelalter dar. Über 200 Jahre lang residierten hier immer wieder die Kaiser aus dem Geschlecht der Salier.

Nach einem kurzen Stopp fuhr ich weiter zum Rammelsberg. Das Bergwerk, das ich ebenfalls morgen im Rahmen einer Führung besuchen möchte, wurde 1988 nach über 1.000 Jahren nahezu ununterbrochenen Bergbaus stillgelegt. Seit 1992 gehört das Besucherbergwerk Rammelsberg zum UNESCO-Weltkulturerbe. Nach einer Erweiterung im Jahr 2010 trägt es die vollständige Bezeichnung Bergwerk Rammelsberg, Altstadt von Goslar und Oberharzer Wasserwirtschaft.

Ich verließ den Bereich des Bergwerks in Richtung Süden, passierte den zur ehemaligen Anlage gehörenden Stausee Herzberger Teich und fuhr danach auf Feld- und Waldwegen über einen Bergrücken, zunächst recht steil bergauf, später rasant wieder herunter, bis zur Bundesstraße B241. Von dort war es nur noch ein kurzes Stückchen nach Norden zurück zum Campingplatz.

Zur Kaffeezeit gab’s eine leckere Apfeltasche, danach plante ich den ungefähren Ablauf für morgen. Später ging ich noch einmal zur Rezeption, um eine weitere Nacht hinzuzubuchen. Dies führte zu einigen Schwierigkeiten mit dem Computer: Herr Steinmann (übrigens genauso sympathisch wie seine Tochter) saß dieses Mal an der Rezeption, und es dauerte eine Weile, bis er die dafür nötigen Schritte in der (offenbar neuen) Software vornehmen konnte. Letztlich klappte aber alles perfekt!

Für den Rest des Tages blieb ich auf dem Platz, der sich inzwischen fast vollständig gefüllt hatte. Ich machte mir bei ein paar Cocktails Notizen zum gestrigen und zum heutigen Tag, verschickte einige Fotos und aß später zu Abend. Dabei sah ich mir auf meinem Tablet zwei weitere Folgen von The Rain an.

Dieser erste Tag in Goslar hatte mir schon ’mal so richtig gut gefallen; mir war klar, dass ich noch mindestens zwei weitere bleiben wollte, zumal die Wetteraussichten auch für die nächste Zeit recht „rosig“aussahen. So kann’s gerne weitergehen, bitteschön… 😉

7 thoughts on “Goslar – Kaiserstadt im Harz”

  1. Hallo Wolfgang,
    ja ein netter Empfang macht schon was her, da man sich gleich gut aufgehoben fühlt. Den Harz mit seinen alten Städtchen und sonstigen Sehenswürdigkeiten würde ich auch gerne einmal kennenlernen. Jetzt kann ich mich vorab bei dir bestens informieren und einen Reiseführer werde ich wohl dann auch nicht brauchen, sollte es soweit kommen. Goslar macht schon mal einen wunderbaren Eindruck und verliebt in solche Altstädte mit Fachwerk bin ich sowieso. Da du „The Rain“ erwähnt hast, möchte ich dir wieder drei Netflix-Tipp’s geben. „Anatomie eines Skandals“, „The Lincoln Lawyer“ und eine wahre Suchtserie für mich, nämlich „Better call Saul“ welche in Verbindung zu „Breaking Bad“ steht.
    LG Roland

    1. Danke für deinen Kommentar, Roland! Und danke für die TV-Tipps! Mit „Better Caul Saul“ liegt mir mein Bruder schon seit Jahren „in den Ohren“; bisher hab‘ ich das noch nicht in Angriff genommen. Auch „Breaking Bad“ hab‘ ich vor Jahren schon nach vier und fünf Folgen abgebrochen; hat mich irgendwie nicht so richtig angesprochen… 😉

      1. Ok, ist ja auch wie alles Geschmackssache. Natürlich sind beide Serien mit skandinavischen oder englischen Krimi-Thriller-Serien nicht zu vergleichen in ihrer Art.

          1. Naja, wenn dir „Breaking Bad“ nach den ersten Folgen nicht gefallen hat glaube ich persönlich nicht das du damit glücklich wirst, Wolfgang. „Better call Saul“ ist schon anders, aber auch etwas ähnlich.

  2. Ein toller Anfang Deiner Harz-Reise. Auch ich war bisher nur als Kind mit den Eltern mal da. Damals gab es die Grenze ja noch und wir konnten nur von weit entfernt einen Blick zum Brocken werfen. In Goslar und natürlich bei der Kaiserpfalz waren wir auch, daran kann ich mich erinnern. Aber wie Du bereits schilderst, als Kind oder Jugendlicher hät sich das Interesse in Grenzen. Daher ist es schön, das alles jetzt mal mit andrren Augen zu sehen und zu lesen.

    1. So geht’s mir auch immer, Anja! Grundsätzlich finde ich es absolut schön, dass man sich jetzt im Alter für so viele Dinge mehr interessiert als noch als jungen Mensch oder gar als Kind. Wenn man dann auch noch Zeit und Gelegenheit hat, solche tollen Städte in aller Ruhe und vor allem recht gründlich kennenzulernen, macht’s gleich doppelt Spaß! Danke für deinen Kommentar!

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