In der Nacht hat‘s wieder sehr stark geregnet, und die Tropfen „hämmerten“ nur so auf das WoMo-Dach; ein ziemlicher Lärm, aber dieses Mal machte es mir nichts aus.

Nach dem Frühstück machte ich mich wieder auf den Weg; ich hatte mir vorgenommen, noch heute die Insel Skye zu erreichen, wegen der tollen Landschaft ebenfalls ein touristisches Highlight! Daraus wurde leider nichts, aber dazu später mehr…

Mein erstes Etappenziel für heute war der 1822 fertiggestellte Caledonian Canal, der die Ostküste und die Westküste Schottlands miteinander verbindet. Er beginnt im Nordosten bei Inverness, verläuft nur zu etwa einem Drittel in einem künstlich geschaffenen Bett und mündet nach 97 km hier bei Fort William in den Loch Linnhe. Dabei hat er ein großes Gefälle zu überwinden, weshalb für den überwiegend touristischen Schiffsverkehr insgesamt 29 Schleusen zu passieren sind. Auf meiner Strecke nach Mallaig (von dort geht die Fähre auf die Isle Of Skye) liegt die so genannte Neptune‘s Staircase, eine aus insgesamt acht(!) Kammern bestehende Schleusenanlage, übrigens die größte Schleusentreppe in ganz Großbritannien.

Bevor man von der Hauptstraße nach rechts zu einem Parkplatz abbiegen kann, passiert man erst ‘mal einen beschrankten Bahn-… ähm… Schiffsübergang! Ich hatte Glück, denn der wurde gerade eben geschlossen, um ein mit Touristen besetztes Ausflugsschiff durchzulassen. Komisches Gefühl, wenn an einer solchen Einrichtung statt des erwarteten Schnellzugs ganz gemächlich ein Schiff vorbei getuckert kommt… 😉

Kurze Zeit später parkte ich mein Wohnmobil auf dem großen, noch fast leeren Parkplatz, der gleich neben der Schleusenanlage liegt. Da es noch ziemlich früh war, traf ich auch dort auf keine Touristen und konnte mir in aller Ruhe die Ankunft des eben erwähnten Schiffs anschauen. Für dessen Überwindung der ersten Schleusenkammer hatte ich allerdings nicht genug Geduld; immerhin benötigt ein Schiff ca. 90 Minuten, um den Höhenunterschied von nur 20 m zu bewältigen. Ich stieg daher weiter „nach oben“ und machte ein paar Fotos. Das Wetter war um diese Zeit sehr schön, wenn auch noch etwas kalt.

Nachdem ich mir alles ausführlich angesehen hatte, ging ich zurück zum Parkplatz, wo gerade zwei riesige Busse aus Österreich eintrafen. Ich machte ich mich wieder auf den Weg; vorher hatte ich von hier aus allerdings noch eine schöne Gelegenheit, den Ben Nevis, den größten Berg Großbritanniens, in seiner ganzen Pracht bestaunen und natürlich auch fotografieren zu können.

Nun war mein zweites Vorhaben dran, auf das ich mich schon seit Tagen freute! Ich fuhr bis zum kleinen Dorf Glenfinnan, am Nordrand des Loch Shiel, und parkte auf dem Besucherparkplatz des zum Glenfinnan Monument gehörenden Besucherzentrums. Das Monument wurde im Jahr 1815 erbaut, um den geschichtlich bedeutenden Platz zu markieren, an dem 1745 Prinz Charles Edward Stuart (auch Bonnie Prince Charlie genannt) seine Standarte hisste. Dies war der Beginn der zweiten Jacobiterrevolte, die nur 8 Monate später mit der Schlacht bei Culloden ihr tragisches Ende fand; Fans der TV-Serie Outlander wissen genau, wovon ich spreche… 😉

Aber fast vergaß ich bei all den geschichtlichen Daten, zu erwähnen, dass ich nicht etwa wegen des Monuments hier war, sondern wegen etwas ganz anderem! Ein paar Hundert Meter hinter dem Besucherzentrum verlief nämlich die Eisenbahnstrecke von Fort William nach Mallaig, und auf der fuhr genau zweimal täglich der Jacobite Stream Train, ein historischer Dampfzug, der hier malerisch auf einem langgestrecktem Viadukt das Tal überquerte. Die meisten Menschen kennen diesen Zug allerdings unter einem anderem Namen: Harry-Potter-Zug! Jawohl, das ist der berühmte Hogwarts Express, der zusammen mit dieser Bilderbuchlandschaft schon in mehreren Harry-Potter-Filmen zu sehen war und inzwischen eine Berühmtheit geworden ist.

Kurz vor 11:00 Uhr sollte der Zug in Richtung Mallaig vorbeikommen, ich war aber schon gegen 9:00 Uhr auf dem Parkplatz und nutzte die Zeit, mich etwas umzusehen. Das Besucherzentrum hatte leider noch geschlossen, und so ging ich ein Stückchen die Straße bergauf, um den kleinen Abzweig (mit einem weiteren, aber sehr kleinen Parkplatz) zu lokalisieren, auf dem ich später in Richtung Viadukt wandern würde.

Als ich zurück kam, war der Parkplatz zu meinem Erstaunen schon komplett belegt, auch die beiden österreichischen Busse waren bereits eingetroffen. Weitere PKW und auch ein paar Wohnmobile versuchten vergeblich, dort noch Platz zu finden und parkten daher (verbotenerweise) in recht abenteuerlicher Art und Weise am nicht befestigten Straßenrand. Der Verkehr nahm derartig zu, dass es fast lebensgefährlich war, hier die kleine und unübersichtliche Straße zu überqueren! Im Nachhinein war ich froh, so früh angekommen zu sein. Der Andrang, so viel stand jetzt fest, hatte gewiss nichts mit dem Monument zu tun, sondern wohl eher mit dem Zug, und so kam mir zum ersten Mal der Gedanke, dass ich wohl doch nicht der einzige sein würde, der da oben am Berghang „klebend“ auf den Zug warten und ein paar einzigartige Fotos machen würde… 😉

So kam es dann natürlich auch! Zur rechten Zeit machte ich mich erneut auf den Weg; ich benötigte etwa 30 Minuten vom Parkplatz bis zu einer Stelle, von der aus ich einen guten Blick von schräg oben aus das Viadukt hatte. Ich schätze, dass wohl an die 70 bis 80 weitere Touris hier mit mir auf den berühmten Zug warteten.

Der kam dann auch, superpünktlich, um 10:54 Uhr! Erst auf dem Viadukt betätigte der Lokführer den kleinen Knopf mit der Aufschrift „Steam“, also „Dampf“, und so gab‘s dann kein Halten mehr für die vielen Foto- und Videokameras! Ich hatte mein iPhone vorher an einem dünnen Strauch befestigt, um eine Videoaufnahme starten zu können, und hoffte, dass der leichte Wind nicht dazu führen würde, die vorher mühsam angepeilte Aufnahmerichtung zu verändern! Während der Zug vorbeifuhr, machte ich mit der Fotokamera jede Menge Fotos; das Wetter war in diesem Augenblicken absolut perfekt!

Nach diesem Spektakel ging es weiter in Richtung Mallaig. Unterwegs gab es reichlich Gelegenheiten, anzuhalten und die schöne Landschaft zu fotografieren.

Hinter einer Baustelle mit Ampelbetrieb kam es wegen der extrem engen Straße zu einem Kontakt meines rechten Außenspiegels mit dem eines in Gegenrichtung an der Ampel wartenden anderen Wohnmobils, der immerhin so stark war, dass der Spiegel einklappte! Ich musste eine ganze Weile weiterfahren, bevor ich eine Gelegenheit fand, zu halten, und war sehr erleichtert, dass ich beim Ausklappen des Spiegels absolut keinerlei Beschädigung feststellen konnte; wieder ‘mal Schwein gehabt… 😉

Schließlich erreichte ich Mallaig. Ich fuhr sofort durch den Ort hindurch bis zum Fähranleger, wo ein unglaublicher Andrang herrschte! Ein Einweiser fragte mich nach meinen Tickets, die ich natürlich nicht vorweisen konnte, und verwies mich energisch auf das Office der Fährgesellschaft! Also wieder zurück und erst ‘mal einen Parkplatz suchen, was gar nicht so einfach war; der Ort schien gerade aus allen Nähten zu platzen, und ich musste doch tatsächlich einmal komplett um die kleine Bucht herum fahren. Erst dort fand ich gerade eben noch eine Parklücke, die groß genug war. Hier standen bereits ein paar andere Wohnmobile, die auf die Nachmittag-Fähre warteten.

Ich ging also zu Fuß in den Ort zurück. Im Office musste ich dann ganz tapfer sein: Für heute war leider alles ausgebucht, und, ich wollte es kaum glauben, für morgen (Sonntag) auch! Erst für den Montagvormittag könne ich Tickets bekommen, sage man mir mit leichtem Bedauern!

Na, bravo! Das war sehr bitter, denn so lange wollte ich natürlich nicht warten! Weiter nördlich gibt es nämlich noch eine Brücke, die direkt zur Insel hinüber führt, aber das bedeutete einen Umweg von fast 200 km! Und der führte über… Fort William(!), von wo ich ja heute morgen aufgebrochen war!

Aber da nützte kein Jammern, denn es gab keinerlei Alternativen! Ich musste wirklich wieder ganz zurück, dieses Mal allerdings ohne Pausen, ohne unplanmäßige Außenspiegelkontakte, ohne Harry Potter und ohne Schleusenanlage (mit Ausnahme derjenigen über mir, die gerade wieder ihren „Dienst“ angetreten hatte), und so fand ich mich plötzlich ganz unerwartet ein zweites Mal auf dem Glen Nevis Caravan Park wieder, wo man mich an der Rezeption sogar erkannte… 😉

Was meine Reiseroute anbelangte, hatte ich nun genau einen Tag „verloren“, aber immerhin hatte ich Neptune‘s Staircase besucht und den berühmten Hogwarts Express gesehen, vor daher war das natürlich kein wirkliches Problem! Dafür würde ich dann morgen bis zur Brücke eine Strecke fahren, die ich sonst gar nicht kennengelernt hätte…

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