Heute war bereits das dritte Mal hintereinander ein Linienschiff das Verkehrsmittel meiner Wahl. Es brachte mich von Vico Equense, meinem aktuellen „Wohnort“, in die drittgrößte Stadt Italiens, nach Neapel. Leider waren die An- und Abfahrtszeiten so gelegen, dass mir nur etwas mehr als vier Stunden in dieser tollen Stadt blieben. Es reichte aber, um mir einen einigermaßen guten Eindruck zu verschaffen!

Wie viele von euch sicher auch, hatte ich schon seit meiner Jugendzeit bestimmte Vorstellungen von dieser besonderen Stadt, die sich im Lauf der Zeit irgendwie verfestigt und leider meist negative Vorzeichen hatten: Hohe Kriminalität, Arbeitslosigkeit, Mafia, Schmutz und Lärm, stinkende Müllberge, dunkle Gassen in der Altstadt, aus denen man sich lieber fernhalten sollte, sowie das hoffnungslose Verkehrschaos. Und natürlich die beste Pizza Margherita der Welt im Da Michele, das spätestens seit dem Film Eat Pray Love mit Julia Roberts zu einem völlig überlaufenen Touristen-Hotspot wurde…

Nun, heute hatte ich endlich die Gelegenheit, mir selbst ein Bild zu machen. Um es gleich vorweg zu nehmen, auf den ersten Blick ist Neapel tatsächlich etwas lauter, schmutziger, chaotischer und auch düsterer als andere Städte. Aber ihre Reize überwiegen meiner Ansicht nach, und viele der oben aufgeführten Klischees sind heutzutage entweder gar nicht mehr und nur noch rudimentär vorhanden!

Da ich erst um ca. 10:30 Uhr am Bootsanleger sein musste, hatte ich nach dem Frühstück noch sehr viel Zeit, um ein paar Dinge zu erledigen, beispielsweise, um mein zur Neige gegangenes Frischwasser aufzufüllen. Die Entfernung von meiner Parzelle zum (einzigen?) Wasserhahn des Campingplatzes konnte kaum länger sein; aus diesem Grund hatte man dort einen 50 m(!) langen Schlauch zur Verfügung gestellt, den ich einmal über den ganzen Platz ziehen musste. Obwohl ich den Hahn voll aufgedreht hatte, war der Druck so gering, dass am Ende nur ein kleines „Rinnsal“ herauskam; entsprechend lange dauerte es, bis mein Wassertank endlich voll war! Außerdem wurde es nun höchste Zeit, die kaputte Halogenlampe des linken Scheinwerfers, auf die man mich während der Fährüberfahrt vor vier Tagen aufmerksam gemacht hatte, zu ersetzen; das war im Vergleich zur eben beschriebenen „Aktion“ schnell erledigt.

Unten am Hafen kaufte ich zunächst wieder mein Rückfahrticket (10,40 EUR) am bereits erwähnten Kiosk. Und ich war sehr stolz auf mein schon nahezu „perfektes“ Italienisch („Un biglietto di ritorno per Napoli Beverello, per favore!„), das entgegen meiner anfänglichen Befürchtung verblüffenderweise zu keinerlei unerwünschten Nachfragen führte… 😉

Während der Fahrt nach Neapel genoss ich wieder einmal die wunderschöne Aussicht auf das tiefblaue Meer und auf die herrliche Küste, dieses Mal aber in die andere Richtung und daher noch dichter vorbei am Vesuv, einem der gefährlichsten Vulkane Europas.

Nach zwei Zwischenstopps und etwa 40 Minuten erreichten wir den Hafen von Neapel. Man erkannte sofort, dass man eine sehr große Stadt vor sich hatte; sie erstreckte sich von der Uferlinie bis hinauf auf die vielen Hügel im Hinterland. Aus der Ferne wirkte sie alles andere als unattraktiv, fand ich…

Direkt neben dem Anleger für die Linienschiffe hatte ein Kreuzfahrtschiff festgemacht; die Norwegian Jade war übrigens das einzige, das ich hier sah; kein Wunder in Corona-Zeiten, in denen so gut wie keine Kreuzfahrten mehr stattfanden.

Nach dem Aussteigen zog es mich natürlich sofort in die Altstadt, vorbei an einem der bekanntesten Bauwerke der Stadt, am Castel Nuovo (deutsch Neue Burg). Sie wurde seit Baubeginn im Jahr 1279 mehrfach umgebaut und renoviert und diente unter verschiedenen Herrschern meist in ihrer Doppelfunktion als Festung und als Residenz.

Mein erstes Ziel war die Galleria Umberto I, eine Einkaufspassage in der Altstadt. Sie ist mit einer großen Glaskuppel überdacht und liegt direkt gegenüber dem weltberühmten Opernhaus Teatro San Carlo. Die sehr edel wirkende Galerie wurde bereits in den Jahren 1887 bis 1890 gebaut und war Teil der Stadterneuerung nach der Choleraepidemie von 1884. Sie besteht aus zwei sich kreuzenden Armen, die mit einem tonnenförmigen Glasdach versehen wurden.

Danach ging es dann aber direkt hinein ins „Getümmel“ der Altstadt. Sofort bei den ersten Fotos wurden meine Vorstellungen, wie es hier wohl aussehen möge, voll bestätigt: Das war Neapel!

In voller Kampfmontur machten diese Soldatinnen und Soldaten, die hier an allen Ecken wachten, einen sehr Respekt einflößenden Eindruck – bis ich ihre Kopfbedeckung sah! Das wäre vermutlich der Knaller für eine Faschingsparty, dachte ich mir… 😉

Hier pulsierte das Leben, von „Corona-Leere“ absolut keine Spur! So voll hatte ich es bis jetzt noch in keiner auf dieser Reise besuchen Städte erlebt.

Nach einiger Zeit erreichte ich die Piazza Dante, einen der wichtigsten Plätze in der Mitte der Altstadt und ein ehemaliger Marktplatz.

Seine Mitte beherrscht eine Statue des berühmten Dichters und Philosophen Dante Alighieri, der als der Vater der italienischen Sprache gilt.

Auf der Fassade des großen Eingangsportals zum Convitto Nazionale Vittorio Emanuele II, einem Gymnasiums, stehen insgesamt 26 Statuen, die die verschiedenen Tugenden des Königs Karl III. von Bourbon zeigen sollen; für ihn war dieses Gebäude 1757 ursprünglich errichtet worden.

An der Seite des Platzes suchte ich mir ein kleines Straßenrestaurant und legt eine Mittagspause ein. Ich „verputze“ ein einfaches Omelette mit Mozzarella, das mir sehr gut schmeckte. Dazu trank ich eine Flasche Peroni, ein helles italienisches Bier, das ich bisher noch nicht probiert hatte; ebenfalls recht lecker!

Danach setzte ich meinen Rundgang durch die Altstadt fort. Mir war natürlich klar, dass ich während meiner knapp bemessenen Zeit nur einen Bruchteil der Stadt sehen konnte, aber das war immerhin besser als gar nichts!

Ein weiterer bedeutender Platz in Neapel ist die Piazza Bellini. Hier findet man einige Überreste der griechischen Stadtmauer, die in römischer Zeit verstärkt wurde…

…sowie eine Statue des 1801 auf Sizilien geborenen Komponisten Vincenzo Bellini.

Der dritte große Platz, den ich auf meiner Wanderung besuchte, war die Piazza del Gesù Nuovo, auf dem sofort der hohe Obelisco dell’Immacolata ins Auge fällt. Er wurde 1747 aus der Spendensammlung eines Volkspredigers erbaut. Hinter der eher unspektakulären Fassade der Jesuitenkirche Gesù Nuovo (Bildmitte) entfaltet sich unerwartet die Pracht einer barocken Innenausstattung. Die Kirche aus dem 16. Jahrhundert befindet sich direkt gegenüber der Kirche Santa Chiara (übernächstes Foto).

Auch der dazu gehörende, freistehende Glockenturm Campanile di Santa Chiara machte einen imposanten Eindruck auf mich!

Nun führte mich mein Weg wieder ganz grob in Richtung Hafen, denn die zur Verfügung stehende Zeit war schon fast wieder abgelaufen.

Nach einer kleinen Wartezeit am Hafen traf pünktlich das Schiff ein, das mich wieder zurück nach Vico Equense bringen sollte. Die große Wolkenformation, die sich kurz nach der Abfahrt über der Stadt präsentierte, fand ich besonders segenswert: Sollte das etwa ein „Stinkefinger“ sein…? 😉

Alles im allem war ich mit meiner Stadterkundung sehr zufrieden. Von allen bisher besuchten Städten würde ich Neapel am ehesten noch mit Palermo vergleichen, aber Neapel hat dabei leicht die Nase vorn, fand ich! Ich traf auf eine interessante, sehr lebendige, quirlige und auch laute Metropole, die mir sehr sympathisch ist! Die Preise in den Restaurants und Cafés sind übrigens deutlich niedriger als zum Beispiel in Positano, Amalfi oder Capri; insgesamt ist die Stadt von Touristen eben (noch?) nicht so überlaufen wie die drei genannten.

Gegen 18:00 Uhr war ich wieder zurück auf dem Campingplatz und verbrachte dort einmal mehr einen ruhigen und erholsamen Abend vor meinem Wohnmobil.

4 thoughts on “Ciao Bella Napoli”

  1. Schön, dass ich mit Dir auch ein bisschen etwas von Neapel sehen kann. Wir kamen damals mit dem Schiff dort an und ich fand auf den ersten Blick, dass die Stadt – im Gegensatz zu allen Vorhersagen – sehr interessant aussah. Leider fing es schon kurz nach unserer Ankunft an, in Strömen zu regnen. Von daher war unsere Entscheidung gut, von dort wegzufahren. Aber trotzdem fand ich es schade, nicht doch ein wenig der üppigen Bauwerke gesehen zu haben. Neben den interessanten Stadtaufnahmen sind Deine Fotos von den Kopfbedeckungen der Soldaten und der „Stinkefinger“-Wolke natürlich der Knaller!
    LG Anja

    1. Dein Beitrag erinnert mich daran, wieviel Glück ich eigentlich während der gesamte Reise mit dem Wetter hatte! Man kann es ja auch deutlich schlechter „erwischen“, sogar in Italien… 😉 Danke, Anja!

  2. Hallo Wolfgang,
    tatsächlich beschreibst du meine Vorstellung von Neapel perfekt, aber nicht deswegen waren wir nicht in dieser Stadt. Vielmehr wollte ich in unserer Woche nur Amalfiküste erkunden. Die Fotos vom Boot aus sind mal wieder klasse und die Galleria Umberto I ebenso. Die Bilder von der Altstadt spiegeln sich mit meinen Vorstellungen. Keine „beste Pizza Margherita der Welt im Da Michele“ ?
    VG Roland

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