Meine Wohnmobilreise nach Irland hat inzwischen so richtig Fahrt aufgenommen! Während meiner Anreise nach Cherbourg, von wo aus die Fähre nach Dublin ablegen wird, habe ich heute bereits die fünfte Stadt besucht, nämlich Calais. Die direkt am Ärmelkanal liegende Hafenstadt ist Frankreichs wichtigster Ort bezüglich der Fährverbindungen nach Dover in England.

Nach dem Auschecken auf dem Campingplatz La Licorne in Dünkirchen musste ich zunächst tanken (1,759 EUR/l), danach ging es auf der Autobahn A16 direkt nach Calais. Wie schon gestern hatte ich gerade ’mal 50 km Strecke vor mir. Am Ziel hatte ich mir einen Wohnmobilstellplatz am westlichen Stadtrand ausgesucht, der direkt unterhalb eines großen Campingplatzes liegt. Der Aire de Camping-Car kostete nur 10 Euro pro 24 Stunden. Die Gebühr wurde an einem Automaten entrichtet und beinhaltete neben der Entsorgung sogar WLAN; Stromanschlüsse gab’s allerdings nicht!

Meine Radtour begann mit einem Besuch des breiten Strands, der nur ca. einen Kilometer nördlich des Stellplatzes lag. Von dort aus fuhr ich dann immer an der Küste entlang bis zur Mole, die die Einfahrt in den Hafen der Stadt auf der westlichen Seite beschützt.

Calais liegt an der engsten Stelle des Ärmelkanals, entsprechend dicht ist hier der Schiffsverkehr. Bei absolut klarer Sicht kann man sogar die nur 34 km entfernten Kreidefelsen von Dover erkennen!

Am Ende der fast 500 m langen Mole steht ein kleiner grün-weißer Leuchtturm, der mich sehr an ein ähnliches Exemplar im weiter südlich gelegenen Le Tréport erinnerte.

Der Strand war nicht ganz so „bevölkert“ wie der von Dünkirchen gestern, was aber sicher an der frühen Uhrzeit lag.

Mit dieser Fähre von Irish Ferries wäre ich wohl gefahren, wenn ich die Anreise nach Irland über England gewählt hätte; sie benötigt nur ca. 90 Minuten hinüber nach Dover.

Auch die Fähre von DFDS hat Dover zum Ziel, es gibt sogar noch einige andere Fährgesellschaften, die sich hier um die Gunst der Passagiere streiten.

Von diesem furchteinflößenden „Monster“ hatte ich im Vorfeld auch schon mehrfach gelesen, und ich war wirklich sehr froh, ihm hier im Bereich der Hafeneinfahrt, wo es offenbar sein „Nest“ hat, zu begegnen! Glücklicherweise ist es so langsam, dass man in Ruhe unzählige Fotos machen kann. Man hat nur aufzupassen, dass man sich ihm nicht in den Weg stellt und womöglich noch von seinem Feuerstrahl geröstet wird… 😉

Rauchspeiend und majestätisch „schlendert“ bereits seit September 2019 der Drache von Calais die Uferpromenade entlang und bietet auf der Aussichtsplattform auf seinem Rücken aus 15 m Höhe(!) einen tollen Blick auf den Pier und den Strand. Die 72 to schwere und 25 m lange Konstruktion wurde von der Künstlergruppe La Machine entworfen und gebaut und ist binnen kurzer Zeit zu einer ganz besonderen Attraktion der Stadt geworden.

Fast noch mehr als der Drache hat mich diese junge „Pilotin“ dieses Ungetüms beeindruckt: Man sieht ihr förmlich an, wieviel Spaß es ihr bereitete, den Kopf dieser Konstruktion zu steuern…

Nachdem ich hier bestimmt an die 30 Foto geschossen hatte, verließ ich den Bereich des Hafens und wandte mich dem Stadtzentrum zu. Dabei passierte ich die Überreste des uralten Forts Risban, einem  Bauwerk aus der Zeit der englischen Belagerung der Stadt.

Der 1848 eingeweihte und 1992 grundsanierte Phare de Calais befindet sich in der Altstadt am Place Henri Barbusse in der Nähe des Hafens. Der 55 m hohe Leuchtturm ist ein bedeutendes Wahrzeichen von Calais, aber vor allem wichtige Navigationshilfe für Schiffe und Fähren, die die Straße von Calais am östlichen Anfang des Ärmelkanals benutzen.

Der Place d’Armes (deutsch Waffenplatz), einer der größten Plätze der Stadt und Ort für den Wochenmarkt, hat mich nicht besonders beeindruckt. Ihm fehlte es meiner Ansicht nach einfach an Ausstrahlung, alles wirkte ein wenig trist.

Der Tour de Guet ist 39 m hoch und wurde im 13. Jahrhundert errichtet, überwiegend aus den für die Küstenebene des Département Nord typischen blassgelben Ziegelsteinen. Errichtet als Teil einer Festung als Wachturm, erhielt er 1818 ein rotierendes Leuchtfeuer und diente in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts außerdem als optischer Telegraf.

Das einzig Sehenswerte auf dem Platz schien mir diese 2013 errichtete Skulptur zu sein: Das Monument Yvonne et Charles De Gaulle stellt den französischen General und ehemaligen Staatspräsidenten Charles de Gaulle und seine Frau dar. Yvonne de Gaulle wurde 1900 in Calais geboren, hier heirateten beide auch im April 1942 in der Kirche Notre Dame (siehe unten).

Notre Dame wurde zwischen dem 13. und dem 15. Jahrhundert gebaut. Ihr festungshafter Charakter belegt die exponierte Stellung der Stadt als englischer Brückenkopf für etwa 200 Jahre. Am 23. September 1944 wurde sie versehentlich von den Alliierten nur eine Woche vor der Befreiung der Stadt bombardiert!

Nun war es höchste Zeit für meine Mittagspause: In einem gut besuchten Straßenrestaurant bestellte ich mir ein Steak mit Pommes Frites, dazu ein Glas Bier (20 EUR inklusive Trinkgeld).

Danach setzte ich meine Tour fort und steuerte durch den hübschen Parc Saint-Pierre auf das Rathaus zu…

Das meiner Ansicht nach ganz besonders fotogene Hôtel de Ville im Baustil der flämischen Renaissance wurde 1910 bis 1922 gebaut und besitzt sogar einen Belfried, also einen Glockenturm. Er bietet aus 78 m Höhe einen tollen Panoramablick über die gesamte Stadt und gehört, wie 22 weitere Glockentürme in Nordfrankreich sowie 33 zusätzliche Exemplare in Belgien, inzwischen zum UNESCO-Weltkulturerbe.

Auf dem Vorplatz des Rathauses steht eine Figurengruppe mit der Bezeichnung Le Monument aux Bourgeois de Calais (deutsch Das Denkmal für die Bürger von Calais). Insgesamt gibt es 12 Exemplare dieser Bronzeplastik auf der ganzen Welt; sie stammt vom französischen Bildhauer und Zeichner Auguste Rodin. Das Motiv selbst hat wiederum mit der Belagerung von Calais durch englische Soldaten zu tun; sechs reiche und angesehene Bürger wollten sich freiwillig hinrichten lassen, um Plünderungen und Zerstörungen der Stadt zu verhindern.

Ich beendete hier meine Tour und fuhr zum Stellplatz zurück, wo zunächst einmal eine Kaffeepause angesagt war. Später fand noch eine nette „Videokonferenz“ mit meiner Schwägerin und meinem Bruder statt. Die waren gerade mit ihrem Sohn und seiner Freundin auf einem Kurztrip in Kopenhagen und hatten sich heute schon ’mal einen ersten Eindruck in der schönen Hauptstadt Dänemarks verschafft.

Der Zufall hatte für meinen TV-Abend heute den Science-Fiction-Streifen The Adam Project mit Zoe Saldana und Ryan Reynolds ausgesucht; ganz unterhaltsam, fand ich, allerdings nichts Besonderes.

2 thoughts on “Das Drachenmonster von Calais”

  1. Deinen Bildern nach ein überraschend schönes Städtchen. Als wir mit dem Schiff nach Dover gefahren sind, haben wir von weitem einen Blick nach Calais werfen dürfen. Aber die tollen Sehenswürdigkeiten hat man von dort nicht gesehen.

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