Mein heutiges Ziel war Marsala, mit 82.000 Einwohnern wieder eine recht große Hafenstadt. Sie liegt an der westlichsten Spitze Siziliens am Kap Boeo, nur 140 km von Tunesien entfernt. Marsala ist das Zentrum des Weinbaus im Westen der Insel, deswegen gibt es hier zahlreiche Weinkellereien und eine Weinbauschule. Von hier stammt der bekannte Marsalawein. Auch der Tourismus hat als Erwerbsquelle inzwischen Bedeutung erlangt.

Die Entfernung vom Campingplatz Valle dei Templi in Agrigento beträgt etwa 130 km, allerdings hatte ich die Strecke nicht in einem Stück zurückgelegt. Auf dem Weg nach Marsala wollte ich noch eine an der Küste liegende Sehenswürdigkeit besuchen, die ich in meinem Reiseführer „entdeckt“ hatte.

Die Scala dei Turchi (deutsch Treppe der Türken) ist ein aus Sedimentgestein bestehender, monumentaler Felsen. Strahlend weiß und an bizarre Stufen erinnernd, ist der Ort mittlerweile zu einer bekannten Touristenattraktion geworden. Ihr Name soll auf sarazenische Piraten zurückgehen, die damals im Volksmund Türken genannt wurden, und die bei Überfällen ihre Boote im Windschatten des Felsens verankert haben sollen. Nach einer ganz anderen Theorie soll sich der Name allerdings auf die Ähnlichkeit der Strukturen zu den Formationen in Pamukkale in der Türkei beziehen. Der Ort wurde auch in Andrea Camilleris Romanen um Commissario Montalbano erwähnt, für mich also noch ein Grund mehr, hier nicht einfach vorbeizufahren… 😉

Zunächst hatte ich einige Schwierigkeiten, einen Parkplatz zu finden; direkt in der Nähe des Abgangs von der Steilküste zum Strand gab es nichts Geeignetes, daher musste ich mein Wohnmobil etwas weiter entfernt abstellen.

Vor der türkischen Treppe kam also zuerst ’mal eine ganz normale, die über sehr viele Stufen nach unten führte. Danach braucht man noch etwa 10 Minuten, um das sehenswerte Naturwunder zu erreichen. Schon von weitem leuchtet das Weiß des Felsens in der Sonne und hebt sich deutlich von den anderen Ausläufern davor und dahinter ab.

Die Scala dei Turchi ist seit 2007 UNESCO-Weltnaturerbe. Ich glaube, man muss schon dort gewesen sein, um die Schönheit und Einzigartigkeit dieses Kalksteinfelsens zu erfassen. Der bis ins Meer reichende weiße „Riese“, der über Jahrzehnte von Wind und Wetter zu dem gemacht wurde, was er heute ist, spiegelt das Sonnenlicht auf ganz besondere Weise wieder.

Nachdem ich mich dort in Ruhe umgesehen und natürlich viele Fotos aufgenommen hatte, ging ich wieder zurück zum Wohnmobil und setzte meine Fahrt nach Marsala fort.

Unterwegs gab’s leider noch einen Zwischenfall bei der Durchfahrt durch einen kleinen Ort, wo ich um eine extrem enge 90°-Kurve fahren musste. Ein Kleinfahrzeug in der Gegenrichtung wartete zunächst in einer Art Nische, war dann aber wohl doch der Ansicht, es sei noch genügend Platz vorhanden, um an mir vorbeifahren zu können. Leider hatte der Fahrer dabei aber nicht mit dem Ausschwenken meines langen Hecks gerechnet! Ich hörte ein sehr unschönes Geräusch und hielt sofort an, nachdem ich die Kurve passiert hatte. Ich hörte jemanden „empört“ hupen, verließ mein Fahrzeug und ging zurück um die Kurve. Nur, um festzustellen, dass sich das Auto längst auf dem Staub gemacht hatte! Dann sah ich mir meine arme „Hannelore“ an, die leider etwas abbekommen hatte: Die untere Begrenzungsleuchte hinten links war fast komplett „abrasiert“ worden. Schon wieder ’mal!

Ok, so schlimm war’s nun tatsächlich nicht. Die Birne funktionierte sogar noch, und für den Rest der Reise würde es auch so gehen. Eine neue Leuchte kostete nur etwa 20 Euro.

Bei der Anfahrt zu einem Wohnmobilstellplatz etwa 8 km vor Marsala, in einem Ortsteil namens Lido Signorino, verpasste ich wegen mangelhafter Beschilderung die Einfahrt und geriet sofort danach in ein „Gewirr“ von superengen Straßen, die gerade eben breit genug für mein Wohnmobil waren. Gegenverkehr gab’s glücklicherweise nicht, aber bei zwei spitzen Kurven, die zum Überfluss auch noch durch hohe Mauern begrenzt waren, musste ich fünf- oder sechsmal vor- und zurücksetzen, um ohne Kratzer davonzukommen! In solchen Augenblicken wünscht man sich einen deutlich „schlankeren“ Kastenwagen, aber wirklich nur in solchen! Leider hatte ich vergessen, meine Dashcam einzuschalten, die oben an der Frontscheibe befestigt ist, aber wer denkt in so einer Situation schon an sowas…?

Beim nächsten „Anlauf“ klappte dann aber alles. Ich zahlte 10,00 EUR für eine Übernachtung auf dem zwar einfachen, aber ganz hübschen Platz. Außer mir waren nur zwei andere Wohnmobile vor Ort. Nach einer kurzen Pause startete ich meine Radtour, um Marsala zu erkunden. Auf dem Weg dorthin boten sich ein paar gute Gelegenheiten, die Stadt aus der Ferne zu betrachten.

Davon abgesehen muss ich allerdings zugeben, dass mir die Anfahrt im Großen und Ganzen nicht besonders gefallen hatte! Und leider traf das auch für die Stadt selbst zu; von ihr hatte ich mir sehr viel mehr versprochen!

Ich weiß eigentlich nicht so recht, warum das so war. Ich kann tatsächlich nichts Konkretes anführen, was mich ganz besonders gestört hätte. Vielleicht lag es aber auch an der Tatschte, dass ich nun schon so viele Städte auf dieser Reise gesehen hatte, dass ich demzufolge also irgendwie „gesättigt“ sein könnte; vielleicht tue ich dieser Stadt wirklich Unrecht! Die Folge dieses Eindrucks war leider auch, dass ich so gut wie keine Fotos gemacht hatte, was ich jetzt, wo ich diesen Bericht schreibe, sehr bedaure! Ich könnte mich vielleicht auf einen nächsten Besuch dort vertrösten, fürchte aber, dies wird wohl nie mehr der Fall sein…

Trotzdem versuchte ich natürlich, irgendwo den obligatorischen Fotomagneten zu kaufen, was mir leider nicht gelang; man schickte mich von „Pontius zu Pilatus“, aber alle in Frage kommenden Läden hatten um diese Zeit geschlossen. Bei einer anderen Suche hatte ich mehr Glück: Eine große und sehr einladend wirkende Enothek war geöffnet, und ich nutzte die Gelegenheit, ein paar Flaschen des bekannten Marsalaweins zu kaufen. Ich ließ mich zunächst beraten, probierte sogar zwei verschiedene Sorten und bat dann darum, die erstandene Ware gut zu verpacken, damit sie den Rückweg mit dem Rad gut überstehen konnten!

Das Capo Boeo an der äußersten Westspitze Siziliens liegt tatsächlich im Stadtgebiet von Marsala, daher fuhr ich dort natürlich auch noch vorbei, bevor ich mich auf den Rückweg machte. Es ist übrigens einer der drei berühmten Eckpunkte, denen die Insel ihren alternativen Namen Trinacria (deutsch Dreikap) verdankt; darauf hatte ich ja bereits im allerersten Bericht zu dieser Reise hingewiesen.

Nun hatte ich also bereits zwei der drei Seiten des „sizilianischen Dreiecks“ besucht, morgen oder übermorgen kommt die dritte dran. So langsam gewöhnte ich mich an den Gedanken, dass ich in wenigen Tagen wieder auf dem italienischen Festland sein würde…

4 thoughts on “Die Treppe der Türken”

  1. Hallo Wolfgang,
    ich trinke ja ab und zu sehr gerne Wein und da ist mir der Begriff Marsala in der Weinszene bekannt. Ob ich ihn jemals probiert habe, kann ich nicht sagen. Aber was nicht bis jetzt nicht war kann durchaus einmal sein. Der weiße Felsen ist gerade bei deinen beiden Nahaufnahmen wirklich beeindruckend und erinnert tatsächlich ein wenig an Pamukkale. Deine Weiterfahrt war ja nicht gerade ein Leckerbissen ! Da du bis dahin ja wirklich schon so viele tolle Orte gesehen hast kann ich deine Gefühle verstehen. Aber da ich ungefähr noch weiß (Koomot), warteten noch einige Highlights auf dich … und auf uns hier bei deinem Blog.
    VG Roland

  2. Ja – Marsala-Wein – das ist ja nicht so jedermanns Sache. Eventuell gibt es da ja auch noch andere Rebsorten, aber der Typische Marsala ist ja dieser extrem süße Wein, der eher zur Nachspeise getrunken wird, oder? Mein Fall war es bisher jedenfalls nicht.
    Deshalb müsste ich dort nicht hinfahren – eventuell auch nicht wegen der Stadt.
    Aber diese Treppe der Türken ist ja sehr beeindruckend! Davon habe ich noch nie gehört. Die ist jedenfalls einen besuch wert.
    Der „Unfall“ war natürlich ärgerlich – eventuell hat Dir die Stadt auch deshalb nicht so gut gefallen – da ist man sicher aufgewühlt.
    LG Anja

    1. Stimmt, es gibt tatsächlich viele verschiedene Arten von Marsala-Wein. Die drei Flaschen, die ich mitgebracht hatte, waren eigentlich ganz lecker, wenn auch etwas anders als übliche Weine… Danke für deinen Kommentar, Anja!

      Die Sache mit dem kleinen „Rempeln“ hat mir eigentlich nicht besonders zugesetzt, war ja wirklich kein „richtiger“ Schaden. Und einen Sizilianer davon überzeugen zu müssen, dass er die Kosten zu tragen hätte, wäre wohl sowieso ziemlich sinnlos gewesen… 😉

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