Hello possums, ich stehe gerade auf einem netten Wohnmobilstellplatz in Korinth, dem östlichen „Eingangstor“ zum Peloponnes. Für mich ist jetzt cocktail time, genauer gesagt, ich mache ein zwar privates, aber dennoch wissenschaftlich höchst bedeutendes gin tasting, jawoll!!!

Dabei taste ich aber nicht etwa verschiedene Gin-Sorten (hab’ leider nur eine dabei), sondern verschiedene Kombinationen von Zutaten, also alles, was die WoMo-Küche so hergibt! Ne, nicht Pfeffer und Salz oder so, sondern verschiedene Fruchtsäfte, Ginger Ale, Tonic Water und so weiter, sogar Eistee!

Wirklich eigenartig, von Versuchsaufbau zu Versuchsaufbau schmeckt’s immer besser; ich hab‘ auch das komische Gefühl, dass es völlig egal ist, was als nächstes dran kommt… oder kam! Im Radio „dudelt“ griechische Folklore-Musik, das passt jetzt perfekt zu meiner Stimmung! So gaaaaanz langsam entspanne ich mich, wenn ich an den heutigen Tag zurückdenke. Und das ist auch dringend notwendig!

Wie bitte? Ihr möchtet wissen, warum? Ok, dann erzähl‘ ich ’mal, am liebsten von vorne…

Da war zunächst ’mal das Wetter! Was sich gestern tagsüber schon angedeutet hatte, hielt sich auch heute leider den ganzen Tag über, und laut Wettervorhersage sollte sich das in den nächsten Tagen auch nicht so schnell ändern! Es war schön warm, aber eigentlich immer komplett bedeckt; die Sonne sah man, wenn überhaupt, nur ab und zu ’mal als blassen, rötlichen „Ball“ durch die Wolkendecke schimmern. So etwas hatte ich eigentlich nicht gebucht; wo kann ich mich hier beschweren, bitte…?

Kurz nachdem ich meinen Campingplatz in Paralia Panteleimonos verlassen hatte, befand ich mich auch schon wieder auf der Autobahn. Hier kam ich eigentlich sehr gut voran, aber (gefühlte) 1.000 Mautstationen drückten meine Durchschnittsgeschwindigkeit gewaltig nach unten!

Zudem akzeptierten fast alle Stationen meine „Lieblings-Kreditkarte“ plötzlich nicht mehr, jedenfalls nicht mit der Funktion für kontaktloses Bezahlen! Nach der zweiten oder dritten Station lief’s eigentlich immer nach dem gleichen „Strickmuster“ ab: Ich überreichte der Dame oder dem Herrn im „Häuschen“ meine Karte, sie oder er hielt sie vor ihren oder seinen Kartenleser und ihr oder sein Gesichtsausdruck wechselte dann in immer gleicher Reihenfolge von zuerst gelangweilt über aufmerksam, ungeduldig und irgendwann stirnrunzelnd bis hin zum allerletzten, nämlich ratlos! Ich erlöste sie dann gnädig durch meinen Hinweis, dass die Karte in den Schlitz geschoben werden müsse, dann würde sie auch funktionieren! Bei manchen der Damen und Herren hatte ich das Gefühl, dass sie ziemlich erstaunt darüber waren, dass ihr Kartenleser über etwas derartig Vorsintflutliches wie einen Schlitz überhaupt noch verfügte! Irgendwann war ich es natürlich leid, und gab den entscheidenden Hinweis schon gleich beim Überreichen der Karte; klar, auch ich bin noch lernfähig… 😉

Etwa 100 km vor Athen verließ ich schließlich die Autobahn, um über die Berge Richtung Peloponnes zu fahren. In Thiva hatte ich noch getankt und ein paar Kleinigkeiten in einem Lidl eingekauft, dann traf ich an der Ortsausfahrt auf eine große Baustelle, durch die der Verkehr auf mehreren kleinen Umleitungsstrecken, teilweise durch Sand und Geröll und durch kleine Senken und über große Kuppen, hindurchgeleitet wurde.

Obwohl ich natürlich hier in der Baustelle sehr aufmerksam sein musste, war ich mit meinen Gedanken gerade sehr weit entfernt, als es plötzlich einen Mörder-Schlag gab! Von einer Sekunde auf die andere war mein Oberkörper um etwa 300 Gramm leichter und mein Unterkörper entsprechend schwerer (oder was wiegt eigentlich so ein menschliches Herz im Schnitt…? 🤔). Dieses Geräusch (ich meine jetzt das vom Schlag!) war derartig laut, dass ich dachte, ich säße während des Ostergottesdienstes direkt neben dem dröhnenden Dicken Pitter, der Glocke Nr. 1 im Kölner Dom!

Natürlich konnte ich jetzt nicht einfach stoppen; ich befand mich gerade auf einer einspurigen Trasse und hinter mir staute sich eine Riesenschlange! Ich war völlig von den Socken, denn ich hatte absolut keine Ahnung, was gerade passiert war! Vor mir fuhr zwar ein LKW, der war aber momentan gar nicht zu sehen, weil er, mehr als 100 m von mir entfernt, eben hinter einer Kuppe verschwunden war! Ich fuhr also noch ca. 500 m weiter, erst dann konnte ich rechts ’ranfahren, um meine „Hannelore“ von außen zu inspizieren! Ich hatte immer noch die leise Hoffnung, dass ein aufgewirbelter Stein von unten gegen das Fahrzeug geprallt war; auch das macht ja richtig schön Krach, würde aber dann wohl eher keine schlimmen Auswirkungen gehabt haben! Ich lief zuerst nach vorn und sah mir die Scheibe an, dort war aber nichts zu entdecken. Aber dann sah ich es, vorne, auf der Beifahrerseite, an der A-Säule!

Die „fette“ Delle hatte sich auf Hannelores bisher so formschönem Gesicht festgesetzt wie ’ne Zecke am Hundehintern! Aufgrund ihrer Größe musste das ein wirklich großer(!) Stein gewesen sein! Zu meinem Ärger, der jetzt natürlich aufkam, gesellte sich allerdings auch etwas Erleichterung, denn nur ein zwei, drei Zentimeter weiter rechts, und es hätte die Frontscheibe zerbröselt; das wäre für den weiteren Verlauf der Reise sicher das größere Übel gewesen…

Ich konnte mir absolut nicht erklären, wie das passiert war. Der LKW vor mir könnte zwar „mit Steinen schleudern“ (die Rillen in den Reifen können wie Katapulte wirken), aber auf keinen Fall über eine so große Entfernung und schon gar nicht bei der Geschwindigkeit von vielleicht 30 km/h oder so. Letztlich blieb eigentlich nur die Annahme, dass irgend so ein junger „Rotzlöffel“ hinter einem Busch gesessen und einen Stein auf mein Fahrzeug geworfen haben musste! Bis zur entsprechenden Stelle zurückzulaufen, machte überhaupt keinen Sinn, denn wenn es tatsächlich so gewesen ist, wäre der jetzt längst „über alle Berge“…

So musste ich notgedrungen meinen Ärger erst ’mal ’runterschlucken und meine Fahrt fortsetzen! Ich hatte jetzt nicht mehr viel zu fahren; am Nachmittag kam ich in Korinth, dem ersten Ort im „Zielgebiet“ meiner Reise, an und ließ mich zu einem Campingplatz navigieren, den ich mir vorher ausgesucht hatte. Camping Isthmia Beach liegt etwas südlich der Stadt, direkt am Meer und hatte…

…richtig geraten: geschlossen!!! Verflixt, noch ’mal, was ist denn heute nur los? Laut Stellplatzführer sollte der genauso geöffnet sein wie der von gestern! Also musste ich wieder ’mal recherchieren; gut, dass die Mobilfunk-Verbindung wenigstens keine Probleme machte und ich relativ „flott“ im Internet surfen konnte. Ich fand, keine 3 km entfernt, einen einfachen Stellplatz, eigentlich eher ein Parkplatz, der zu einem Restaurant gehörte, und fuhr hin. Dort sah ich aber leider weder einen Stell- noch einen Parkplatz. Das, was mich entfernt an ein (ehemaliges) Restaurant erinnerte, sah aus, wie mit einer amerikanischen Drohne zerstört!

Also weiterforschen! Zum Glück fand ich im Internet in einem Reisebericht aus dem letzten Jahr einen Hinweis, der schließlich zum Erfolg führte! CamperStop Afrodites Waters ist genau der Platz, auf dem ich gerade jetzt ein paar Erdnüsse zu meinem Gin genieße! Der Stellplatz liegt am Rand von Archaia Korinthos, also des Alten Korinth, und wird von Vasili, einem superfreundlichen, sehr geschäftigen jungen Mann und seiner Familie bewirtschaftet. Der Platz kostet 13 Euro pro Nacht inkl. Strom, Ver- und Entsorgung, das war völlig ok. Der untere Bereich, der mir zugewiesen wurde, war zwar etwas schräg, aber das konnte ich mit den beiden Auffahrkeilen einigermaßen ausgleichen.

Nach einer kleinen Kaffeepause gegen 16:00 Uhr und einem anschließendem kurzen Nachmittagsschlaf (den hatte ich mir nun wirklich verdient!) schreibe ich also jetzt an diesem Bericht und „vernichte“ dank meiner Multitasking-Fähigkeit gleichzeitig(!) einen viel zu großen Teil meines Gin-Bestands, obwohl meine Reise doch erst begonnen hatte… 😉

Ich machte kurz noch ein Foto von Hannelores allererstem „Schmiss“, verschickte es per WhatsApp in alle Himmelsrichtungen, um meinem Kummer Luft zu machen, und telefonierte dann noch ein Weilchen mit meinem Neffen, der mich kurze Zeit später anrief.

Ich hoffe, der morgige Tag bringt nicht ganz so viele „Überraschungen“ mit sich, die von heute reichen ja auch locker für morgen! Ok, wirklich superblöd mit dem Steinschlag, aber so dramatisch ist’s nun wieder auch nicht! Auf jeden Fall kann ich meine Reise wie geplant fortsetzen, zuhause werde ich mich dann natürlich darum kümmern müssen! Zum Schutz hab‘ ich noch fast die halbe A-Säule mit Panzertape beklebt; Hannelore hatte darauf bestanden…

6 thoughts on “Hannelore wird verletzt”

  1. Oh jeh Wolle – Deinen Schreck, inklusiver Rutschpartie des Herzens, kann ich gut nachvollziehen – was für ein Sche…..!!! – armen Hannelore!! Aber die Scheibe wäre echt schlimmer gewesen – Glück im Unglück, oder??
    Na ja – Du hast ja wie es scheint genug Gin dabei – und sollte der zu Ende sein-die Griechen haben phantastischen Ouzo!!
    Und Du weißt: Ouzo hilft innerlich wie äußerlich, bei allen „Wehwehchen“ und zählt nicht zur Sorte „Alkohol“ sonder wird der ganzheitlichen Medizin zugeordnet!!
    Wie gesagt – es geht weiter!!

  2. Hallo Wolfgang,
    einmal ein etwas anderer Einstieg in deinen Blog mit dem Ende des Tages und das du dich beschweren wolltest weil es einmal wiederholt kein „Wolfgang-Wetter“ gab kann ich ja nachvollziehen. Bin erstaunt das die Griechen überhaut Kartenlesegeräte haben :-)) Ach du Schreck, aber auch Glück gehabt ! Das wäre was gewesen wenn der Stein die Scheibe getroffen hätte…was für ein Ärger dann, OMG ! Ein schlimmer Tag…Prost !
    VG Roland

  3. Oh nein – welch ein Mist. Da ist ja mal alles zusammen gekommen…
    Gut, dass es von heute an gesehen schon der weiten Vergangenheit angehört und der innerliche Ärger ebenfalls.
    Und gut, dass Du Deine Medizin gegen den Frust an Bord hattest.
    Immerhin konnte es trotzdem weitergehen.
    LG Anja

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